1 Bedeutung des Arbeitszeitgesetzes

 

Rz. 1

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die Einhaltung der Vorschriften stellt damit eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers dar.

Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sind weder aufgrund beidseitiger Vereinbarung abdingbar, noch kann der Arbeitnehmer auf sie einseitig verzichten. Damit handelt es sich um zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht, dessen Einhaltung der Verantwortung des Arbeitgebers obliegt. Die Folgen eines Verstoßes regeln §§ 22, 23 ArbZG.[1]

 

Rz. 2

§ 1 legt die Zielrichtung des Arbeitszeitgesetzes fest, begründet aber keine selbstständigen Rechte oder Pflichten des Arbeitnehmers. Dennoch enthält das öffentlich-rechtliche Arbeitszeitrecht auch eine zivilrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer ggf. gerichtlich geltend machen kann.

 

Rz. 3

In öffentlich-rechtlicher Hinsicht stellen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes Regelungen der Berufsausübung dar, da den Arbeitgebern lediglich für die Betriebsorganisation, nämlich die Produktionszeiten, Schranken auferlegt werden, nicht aber hinsichtlich Art und Umfang der Produktion.[2]

[1] S. u. den Überblick über die Sanktionsvorschriften unter Folgen bei Verstoß gegen Vorgaben des ArbZG.
[2] BVerfG, Beschluss v 17.11.1992, 1 BvR 168, 1509/89 und 638, 639/90.

2 Zweck des Gesetzes

 

Rz. 4

§ 1 erhebt verschiedene Ziele zum Zweck des Gesetzes. Neben diesen allgemeinen Zielen, die für das ganze Arbeitsgesetz gelten, sind auch die normspezifischen Schutzbereiche zu beachten. Die Aufzählung in § 1 ist nach der Gesetzesbegründung auch abschließend, sodass das Arbeitszeitgesetz keine weiteren, allgemeinen Ziele verfolgt als die Aufgezählten.[1] Der Schutz sozialer und kultureller Arbeitnehmerbelange, wie er teilweise dem Arbeitszeitgesetz entnommen wird[2], ist daher kein Zweck des Gesetzes. Vielmehr sollen diese Ziele und ihre Verwirklichung den Tarifvertragsparteien und Betriebspartnern überlassen bleiben.[3]

Bei der Auslegung der einzelnen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes ist die Zweckbestimmung stets miteinzustellen.

[1] ErfK/Wank, § 1 ArbZG, Rz. 4.
[3] BT-Drucks. 12/5888 v. 13.10.1993 S. 50.

2.1 Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer, § 1 Nr. 1 Alt. 1

 

Rz. 5

Das Arbeitszeitgesetz dient nach § 1 Nr. 1 Alt. 1 der Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer. Erreicht wird dies durch die zeitlichen Schranken der zulässigen Höchstarbeitszeit und der Anordnung von Ruhepausen und Mindestruhezeiten zwischen Arbeitseinsätzen des Arbeitnehmers. Diese Schranken beruhen auf dem arbeitsmedizinischen Erfahrungswissen über die dem Arbeitnehmer zumutbare Belastung.[1] Damit soll der Gefahr der Überschreitung der zeitlichen Leistungsgrenzen des Arbeitnehmers begegnet werden und sichergestellt werden, dass dem Arbeitnehmer im Interesse seiner Menschenwürde und der Erhaltung seiner Persönlichkeit ausreichend Freizeit verbleibt.[2]

Mit der Einführung des Arbeitszeitgesetzes kam der Gesetzgeber damit seiner Schutzpflicht des grundgesetzlich garantierten Rechts auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nach.

2.2 Flexibilisierung der Arbeitszeit, § 1 Nr. 1 Alt. 2

 

Rz. 6

Als weiteres Schutzziel ist in § 1 Nr. 1 die Verbesserung der Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten genannt.

Damit soll auf der einen Seite die Erhöhung der Betriebslaufzeiten und effizientere Ausnutzung der Betriebsmittel erreicht werden.[1] So soll der Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert bleiben.[2] Dies wird beispielsweise durch die Verlängerung des Ausgleichszeitraums für die Einhaltung der werktäglichen Arbeitszeit von 8 Stunden nach § 3 ArbZG erreicht.

Auf der anderen Seite dient die Zielbestimmung auch dem Interesse des Arbeitnehmers. Ihm soll mehr Freiheit bei der individuellen Gestaltung seiner Arbeitszeit eingeräumt werden.[3]

[1] Neumann/Biebl, § 1 ArbZG, Rz. 4.
[2] Baeck/Deutsch, § 1 ArbZG, Rz. 12.
[3] Neumann/Biebl, § 1 ArbZG, Rz. 4.

2.3 Sonn- und Feiertagsruhe, § 1 Nr. 2

 

Rz. 7

Gemäß § 1 Nr. 2 ist die Festlegung der Sonn- und staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer ebenfalls vom Schutzzweck erfasst. Der Wortlaut entspricht dem des Art. 139 WRV, der nach Art. 140 GG Bestandteil der Verfassung ist. Für die Frage, ob Feiertage staatlich anerkannt sind, ist auf die entsprechenden Landesgesetze zurückzugreifen.

Im Vordergrund steht dabei die Arbeitsruhe und somit der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer[1], während die seelische Erhebung nachrangig ist.

2.4 Kollision der Ziele

 

Rz. 8

Unterschiedlich beurteilt wird das Verhältnis der genannten Zwecke zueinander. Teilweise wird der Reihenfolge der Aufführung in § 1 eine Rangfolge entnommen und damit dem Gesundheitsschutz der höchste Stellenwert zugesprochen[1], größtenteils wird aber von einer Gleichwertigkeit der Ziele untereinander ausgegangen.[2] Für letztere Ansicht spricht, dass eben keine Wertung durch den Gesetzgeber vorgenommen wurde und in einem Kollisionsfall eine Entscheidung am jeweiligen Einzelfal...

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