BMF, 28.12.2021, IV B 3 - S 1301 - FRA/19/10018 :001

Deutsch-französisches Doppelbesteuerungsabkommen vom 21. Juli 1959 in der Fassung des Zusatzabkommens vom 31. März 2015 (DBA-Frankreich); Zweifelsfragen bei der steuerlichen Behandlung der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, insbesondere von Grenzgängern, Künstlern und Sportlern und aus öffentlichen Kassen (Artikel 13, 13b und 14 DBA-Frankreich)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die steuerliche Behandlung der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit[1], insbesondere von Grenzgängern, und aus öffentlichen Kassen nach dem DBA-Frankreich Folgendes:

 

1 Zweifelsfragen zu Artikel 13 DBA-Frankreich

 

1.1 Grenzgängerregelung (Artikel 13 Abs. 5 DBA-Frankreich)

1

Artikel 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich definiert einen Grenzgänger als eine Person, die im Grenzgebiet (Tz. 1.1.2) eines Vertragsstaats arbeitet und ihre ständige Wohnstätte (Tz. 1.1.3), zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehrt (Tz. 1.1.4), im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaats hat. Das Besteuerungsrecht steht in diesen Fällen dem anderen Staat (Staat der ständigen Wohnstätte) zu.

 

1.1.1 Konkurrenzen zu anderen DBA-Artikeln

2

Regelungen zur Besteuerung des Arbeitslohns nach dem DBA-Frankreich finden sich in:

  • Artikel 13 (Einkünfte aus unselbständiger Arbeit),
  • Artikel 13b (Künstler und Sportler),
  • Artikel 14 (Einkünfte aus öffentlichen Kassen),
  • Artikel 16 (Hochschullehrer) und
  • Artikel 17 (Studenten und in Ausbildung Befindliche).

3

Bei der Anwendung gehen die in Artikel 13 Abs. 2 (Schiffs- und Flugzeugpersonal) und Abs. 8 (Alterseinkünfte) sowie in den Artikeln 13b, 14, 16 und 17 enthaltenen Regelungen der Grenzgängerregelung des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich vor.

Bei der Anwendung der Regelungen in Artikel 13 Abs. 1, 3, 4 und 6 hat die Anwendung der Grenzgängerregelung des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich Vorrang.

 

1.1.2 Grenzgebiet

4

Das Grenzgebiet jedes Vertragsstaats umfasst nach Artikel 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich die Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise höchstens 20 km von der Grenze entfernt liegt. Diese Regelung gilt für in Deutschland wohnende Grenzgänger.

5

Für in Frankreich wohnende Grenzgänger ist nach Artikel 13 Abs. 5 Buchst. c DBA-Frankreich die Grenzgängerregelung dann anzuwenden, wenn diese ihre ständige Wohnstätte in den französischen Grenzdepartements (Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle) haben und in deutschen Gemeinden arbeiten, deren Gebiet ganz oder teilweise höchstens 30 km von der Grenze entfernt liegt.

6

Eine Übersicht der zum Grenzgebiet im Sinne des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich zählenden deutschen und französischen Städte und Gemeinden wurde mit BMF-Schreiben vom 16. November 2021, BStBl 2021 I S. 2230 bekanntgegeben.

 

1.1.3 Ständige Wohnstätte im Grenzgebiet

7

Eine Voraussetzung für die Anwendung der Grenzgängerregelung des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich ist eine ständige Wohnstätte innerhalb des jeweiligen Grenzgebiets. Dabei muss es sich nicht zwingend um den Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers handeln.

Beispiel 1:

A wohnt mit seiner Familie in Paris. Er hat eine ständige Wohnstätte in Straßburg/Strasbourg (französisches Grenzgebiet), zu der er unter der Woche arbeitstäglich von seiner Arbeitsstätte in Kehl (deutsches Grenzgebiet) zurückkehrt.

Lösung:

Nach dem Wortlaut der Vorschrift fällt er in den Anwendungsbereich der Grenzgängerregelung des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich. Der Ansässigkeitsstaat Frankreich hat somit das Besteuerungsrecht.

Beispiel 2:

Arbeitnehmer B wohnt bis 31.08. außerhalb des französischen Grenzgebiets und arbeitet ganzjährig bei einem Arbeitgeber innerhalb des deutschen Grenzgebiets (keine Nichtrückkehrtage). Zum 01.09. zieht er um und wohnt nun innerhalb des französischen Grenzgebiets.

Lösung:

Nach Artikel 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich liegen die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft vom 01.01. bis 31.08. nicht vor, da B nicht innerhalb des Grenzgebiets seinen Wohnsitz hat. Deutschland als Tätigkeitsstaat hat das Besteuerungsrecht. Ab dem 01.09. liegen die Voraussetzungen der Grenzgängereigenschaft vor und Frankreich als Ansässigkeitsstaat hat das Besteuerungsrecht.

8

Im Fall einer ständigen Wohnstätte in beiden Vertragsstaaten ist die abkommensrechtliche Ansässigkeit nach Artikel 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b DBA-Frankreich (tie-breaker-Regelung) zu bestimmen. Fallen der Ansässigkeitsstaat und der Tätigkeitsstaat danach auseinander, ist die Grenzgängerregelung des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich dem Grunde nach anwendbar. Ist die Person im Tätigkeitsstaat ansässig, besteht für die Anwendung der Grenzgängerregelung des Artikels 13 Abs. 5 DBA-Frankreich kein Raum.

 

1.1.4 Regelmäßiges Pendeln („in der Regel jeden Tag”)

9

Die für die Bestimmung der Grenzgängereigenschaft maßgebliche Grenze der Nichtrückkehrtage („schädliche Tage”) richtet sich nach Großbuchstabe B der Verständigungsvereinbarung vom 16. Februar 2006[2] (sog. 45-Tage-Regelung bzw. 20 %-...

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