Rz. 1

§ 21 gehört zu den öffentlich-rechtlichen Normen des MiLoG und zu den zentralen Vorschriften des Abschnitts 3 – Kontrolle und Durchsetzung durch staatliche Behörden. Festgestellte Verstöße gegen die Verpflichtung, den Mindestlohn nach § 20 MiLoG zu zahlen, aber auch Verstöße gegen die Verpflichtungen zur Anmeldung und Versicherung nach § 16 MiLoG, zur Arbeitszeitaufzeichnung nach § 17 Abs. 1 MiLoG, zum Bereithalten von Unterlagen nach § 17 Abs. 2 MiLoG sowie gegen die Mitwirkung bei Prüfungen nach § 15 MiLoG i. V. m. den Vorschriften des SchwarzArbG als Ordnungswidrigkeiten können nach § 21 mit Geldbußen geahndet werden.

 

Rz. 2

Die Tatbestände der Ordnungswidrigkeiten wegen Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten bei Prüfungen entsprechen denen nach dem SchwarzArbG, dem AEntG und dem AÜG. Diejenigen wegen Verstößen gegen die Nebenpflichten nach den §§ 16 und 17 MiLoG entsprechen denen nach den §§ 18, 19 AEntG bzw. nach den §§ 17b, 17c AÜG.[1]

 

Rz. 3

Eine Ordnungswidrigkeit ist nach § 1 Abs. 1 OWiG eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Eine Straftat ist eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung.[2] Die Unterscheidung zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten erfolgt rein formal. Maßgeblich ist, ob aufgrund der Bewertung des Gesetzgebers eine bestimmte Verhaltensweise mit Geldbuße, dann Ordnungswidrigkeit, oder mit Geld- oder Freiheitsstrafe, dann Straftat, bedroht ist.[3] So kann nach dem Willen des Gesetzgebers ein Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 20 MiLoG zur Zahlung des Mindestlohns mit Geldbuße, der Lohnwucher nach § 291 Abs. 1 Nr. 3 StGB mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden.

 

Rz. 4

Es kann nur vorsätzliches Handeln als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, es sei denn, dass das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht.[4] Alle Bußgeldtatbestände des § 21 Abs. 1 und 2 können sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden.

 

Rz. 5

Vorsatz, d. h. Wissen und Wollen der Tat, ist gegeben, wenn der Täter die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale kennt, und, soweit sie noch nicht erfüllt sind, deren künftigen Eintritt nach dem voraussichtlichen Ablauf der Tathandlung voraussieht, die Tatbestandverwirklichung will und die Vorstellung hat, den Tatablauf zu beherrschen.[5]

 
Praxis-Beispiel

Dem Arbeitgeber A ist bekannt, dass seit dem 1.1.2022 ein Mindestlohn von 9,82 EUR je Stunde zu zahlen ist. Gleichwohl zahlt er seinen Arbeitnehmern nur einen Stundenlohn von 7,50 EUR brutto, weil er der Meinung ist, dass die geleistete Arbeit nicht 9,82 EUR wert ist.

Vorsätzlich i. S. d. Gesetzes handelt auch derjenige, der mit einem sog. bedingten Vorsatz handelt. Ein bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung zwar für möglich hält, ihren Eintritt aber billigend in Kauf nimmt, d. h. sie ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder mit ihr einverstanden ist.

 
Praxis-Beispiel

A muss als Arbeitgeber in einer Branche nach § 2a SchwarzArbG Arbeitszeitaufzeichnungen führen. Diese Aufgabe delegiert er auf seinen Arbeitnehmer B, von dem er weiß, dass dieser zwar ein guter Handwerker ist, aber mit "Schreibkram" nichts im Sinn hat. A hält es für ernstlich möglich, dass B seine Arbeitszeit nicht aufzeichnet, und er, A, seiner Aufzeichnungspflicht nach § 17 Abs. 1 MiLoG nicht erfüllen kann.

Ein Täter handelt mit Absicht, wenn es ihm auf die Tatbestandsverwirklichung oder den zum Tatbestand gehörenden Erfolg ankommt, er ihn also anstrebt.[6]

 
Praxis-Beispiel

Der Zoll will beim Arbeitgeber A eine Prüfung durchführen. Um die Zollbeamten am Betreten der Geschäftsräume zu hindern, droht er ihnen mit seinem Rottweiler, den er in der Eingangstür platziert.

 

Rz. 6

Fahrlässigkeit ist die unbewusste oder ungewollte, aber pflichtwidrige Verwirklichung des Tatbestands eines Gesetzes, wenn der Täter die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Fähigkeiten verpflichtet oder imstande ist, außer Acht lässt und deshalb die rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung nicht erkennt oder voraussieht (unbewusste Fahrlässigkeit) oder die Möglichkeit der rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung zwar erkennt, aber pflichtwidrig darauf vertraut, dass sie nicht eintritt (bewusste Fahrlässigkeit).[7]

 

Rz. 7

Keine der Bußgeldnormen des § 21 sieht die Ahndung von Versuchshandlungen vor, sodass insoweit eine Geldbuße nicht in Betracht kommt. Der Versuch kann nach § 13 Abs. 2 OWiG nur geahndet werden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt.

[1] S. Synopse, Rz. 35.
[2] Fischer, vor § 13, Rz. 2; Von Heintschel-Heinegg/Heuchemer, § 13, Rz. 1.
[3] Göhler, Einl Rz. 9.
[5] Göhler, § 10 Rz. 2.
[6] BGHSt 18, 151.
[7] Göhler, § 10 Rz. 6.

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