Rz. 27

Nach § 21 Abs. 2 handelt der Auftraggeber ordnungswidrig, der Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags

  1. entgegen § 20 MiLoG das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder
  2. einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig wird, der entgegen § 20 MiLoG das dort genannte Arbeitsentgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.

Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 13 MiLoG zu sehen, ebenso wie § 23 Abs. 2 AEntG im Zusammenhang zu § 14 AEntG steht. § 21 Abs. 2 wie auch § 13 MiLoG dient dem Schutz der Arbeitnehmer, dem der Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung der Intention der Entsende-RL einen besonderen Stellenwert einräumt. Eines der Ziele des MiLoG ist die Sicherstellung angemessener Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer. Durch die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns sollen Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen geschützt werden.[1] Damit entspricht der Zweck des Gesetzes, soweit es um den Schutz der Arbeitnehmer geht, dem des AEntG, dessen Ziel die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für Arbeitnehmer ist (§ 1 AEntG). Beide Gesetze schützen grenzüberschreitend entsandte und regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer gleichermaßen, wie aus den §§ 1, 8 AEntG und § 20 MiLoG hervorgeht. Zweck des § 21 Abs. 2 ist wie des § 13 MiLoG, den Auftraggeber anzuhalten, bei der Vergabe von Aufträgen an Nachunternehmer auf deren Zuverlässigkeit zu achten.[2]

 

Rz. 28

§ 21 Abs. 2 ist ebenso wie § 23 Abs. 2 AEntG eine schwierige Vorschrift. Dies liegt zum einen an den unbestimmten Rechtsbegriffen im Tatbestand, zum anderen daran, dass dem Auftraggeber nicht vorgegeben wird, was er tun muss, um nicht Gefahr zu laufen, sich fahrlässig ordnungswidrig zu verhalten und eine Geldbuße zu verwirken. Während in allen Tatbeständen des § 21 Abs. 1 eindeutig formuliert ist, unter welchen Voraussetzungen der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit erfüllt ist, nämlich immer dann, wenn der Täter "entgegen" einer Gebotsnorm gehandelt oder etwas unterlassen hat, nennt § 21 Abs. 2 keine Gebotsnorm, die es zu beachten gilt. Für den Auftraggeber, der vor Beauftragung eines Subunternehmers sein bußgeldrechtliches Risiko einschätzen möchte, ist die Informationsgewinnung dadurch erschwert, dass es zu § 21 Abs. 2 noch keine und selbst zu § 23 Abs. 2 AEntG oder dessen Vorgängernorm § 5 Abs. 2 AEntG a. F. nahezu keine Rechtsprechung gibt, vor allem keine Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Rechtsbeschwerdeverfahren, die für Rechtsklarheit sorgen könnten.

 

Rz. 29

Es ist zwar denkbar, dass die Mehrzahl der Auftraggeber, gegen die ein Bußgeldbescheid erlassen worden ist, die festgesetzte Geldbuße akzeptiert und auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet hat, angesichts der Bußgeldandrohung und der regelmäßig mit der Geldbuße verbundenen Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG sowie der Gefahr, nach § 19 MiLoG von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen zu werden, jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Die mehr als spärliche Rechtsprechung zu § 23 Abs. 2 AEntG legt vielmehr die Vermutung nahe, dass diese Norm zusammen mit der Auftraggeberhaftung nach § 13 MiLoG ebenso wie das "Duo" § 23 Abs. 2 AEntG und § 14 AEntG vor allem eine Drohkulisse aufbauen soll, jedoch wenig Bedeutung in der Verfolgungspraxis hat. Neben der fehlenden Rechtsprechung könnten Antworten der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage eines Abgeordneten und auf eine Kleine Anfrage Indiz für diese These sein. Danach wurden im ersten Halbjahr 2015 zwar 146 Ermittlungsverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 eingeleitet, jedoch kein einziges wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 21 Abs. 2.[3]

 

Rz. 30

Auftraggeber i. S. v. § 21 Abs. 2 kann nach dem Wortlaut der Norm nur ein Unternehmer sein. Dies schließt private Auftraggeber aus. Wer allerdings Unternehmer i. S. d. Bußgeldvorschrift ist, ist umstritten. Auch § 14 AEntG, auf den § 13 MiLoG verweist, verwendet den Begriff des Unternehmers. Das BAG[4] vertritt zum Begriff des Unternehmers in § 14 AEntG die Auffassung, dass nicht jeder Unternehmer i. S. v. § 14 BGB auch Unternehmer i. S. v. § 14 AEntG ist. Nach § 14 Abs. 1 BGB ist Unternehmer jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Unter diesen Unternehmerbegriff fallen auch Freiberufler, Handwerker, Landwirte oder Kleingewerbetreibende. Der Unternehmerbegriff des § 14 AEntG ist nach Auffassung des BAG einschränkend auszulegen. Der Gesetzgeber habe nicht jeden Unternehmer in die Haftung einbeziehen wollen. Daher müsse nicht jeder Unternehmer als Auftraggeber wie ein Bürge haften, sondern nur derjenige, der einen Auftrag, ans...

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