Rz. 5

§ 2 Abs. 2 macht für den Fall geleisteter Mehrarbeitsstunden, die in sog. Arbeitszeitkonten eingestellt werden, eine Ausnahme. Danach sind bei Arbeitnehmern die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von 12 Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung eines Mindestlohns auszugleichen.

Die Führung eines Arbeitszeitkontos unterliegt nicht § 2 Abs. 2 Satz 1, wenn das verstetigte Arbeitsentgelt für die geleisteten Arbeitsstunden gezahlt wurde und der Arbeitgeber damit den gesetzlichen Mindestlohn bewirkt hat. Für das verstetigte Arbeitsentgelt ist per Schattenrechnung zu ermitteln, ob das tatsächlich gezahlte und auf den Mindestlohn anrechenbare Monatseinkommen unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mindestens den darauf entfallenden Mindestlohnbetrag erreicht.

Das verstetigte monatliche Einkommen trägt dem Umstand Rechnung, dass aufgrund unterschiedlicher Anzahl von Arbeitstagen in den jeweiligen Monaten Über- und Unterzahlungen des Mindestlohns entstehen können. Betrachtet man die geleistete Arbeitszeit jedoch im gesamten Jahr, so wird der Mindestlohn erreicht.

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitsvertrag sieht eine Regelung vor, nach der die wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden an 4 Arbeitstagen in der Woche beträgt. Es kommt zur Auszahlung des monatlichen Arbeitsentgelts, wobei der Umstand nicht berücksichtigt wird, dass der Februar nur 20 Arbeitstage, der Juli hingegen 23 Arbeitstage aufweist. In das Arbeitszeitkonto sind letztlich nur die Stunden aufzunehmen, die nicht bereits durch das verstetigte Einkommen bezahlt worden sind.

 
Hinweis

Das MiLoG verpflichtet den Arbeitgeber zur Erfassung des Arbeitszeitkontos. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer aus Unsicherheit oder mangelnder Leistungsfähigkeit eine Erfassung selber nicht vornimmt.

3.1 Notwendigkeit einer Schattenrechnung

 

Rz. 6

Um sicherzustellen, dass jede konkret geleistete Arbeitsstunde mit dem Mindestlohn vergütet wird und um zu klären ob ein Arbeitszeitkonto nach § 2 Abs. 2 eingeführt werden muss, muss der Arbeitgeber bei schwankender Arbeitszeit – sollte das Gehalt verstetigt ausgezahlt werden – im Wege einer Schattenrechnung ermitteln, ob der Anspruch auf den Mindestlohn in Relation zur jeweils konkret geleisteten Arbeitszeit auch erfüllt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Bei einer Wochenarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden und einem monatlichen Divisor von 162 beträgt das Monatsgehalt 1.985,60 EUR. Leistet der Arbeitnehmer in einem Monat 10 Überstunden, so sind mindestens 172 Stunden mit dem Mindestlohn zu vergüten. Das ergibt einen Betrag von 2.134,52 EUR (172 h x 12,41 EUR). Damit entspricht das Monatsgehalt von 1.985,60 EUR den Anforderungen des Mindestlohns und somit könnten als Folge die Mehrarbeitsstunden auch länger als 12 Monate im Arbeitszeitkonto verbleiben.

 
Hinweis

Bei der Umrechnung der Wochen- auf eine Monatsarbeitszeit gilt: Die Wochenarbeitszeit multipliziert mit 52 ergibt die Jahresarbeitszeit. Die Jahresarbeitszeit ist sodann durch 12 zu dividieren.

3.2 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

Rz. 7

Der Arbeitgeber hat im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausgeglichene Stunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen.

 
Praxis-Beispiel

Das Arbeitsverhältnis wird mit Wirkung zum 1.8.2024 beendet. Die noch nicht ausgeglichenen Stunden sind damit im September 2024, also spätestens zum 30.9.2024 auszugleichen.

Liegt nach Vertragsende ein Negativsaldo vor und kann der Arbeitnehmer die fehlenden Stunden auch nicht mehr nachholen, so muss der Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich leisten. Die Rechtsprechung lässt allerdings eine Verrechnung mit offenen Vergütungsansprüchen zu.[1] Liegt ein Positivsaldo vor, so ist dieser nach oben genannten Grundsätzen auszuzahlen.

3.3 Geltung nur für Mindestlohn-Arbeitszeitkonten

 

Rz. 8

Die gesetzlichen Einschränkungen gelten aber nicht für sämtliche Arbeitszeitkonten, sondern nur dann, wenn der Arbeitnehmer weniger als den Mindestlohn verdient. Außerhalb und oberhalb des Mindestlohnbereichs gibt es insoweit keine Einschränkungen.

3.4 Arbeitsvertragliche Regelung

 

Rz. 9

Das Gesetz sieht vor, dass für die Erfassung der Überstunden in einem Zeitkonto eine "schriftliche Vereinbarung" erforderlich ist.

Eine derartige Vereinbarung liegt sowohl bei einer arbeitsvertraglichen Regelung als auch bei einer Regelung in einer Betriebs-/ Dienstvereinbarung oder in einem normativ oder in Folge schriftlicher Inbezugnahme geltenden Tarifvertrag vor.[1] Eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung muss aber den Anforderungen des § 2 Abs. 2 genügen. Bei einer vertraglichen Vereinbarung ist zu beachten, dass sich die Arbeitszeit aus dem Arbeitsvertrag ergeben muss; andernfalls ist die Vereinbarung über das Arbeitszeitkonto unwirksam.[2]

[1] BT-Drucks. 18/1558 S. 35.
[2] Vgl. Lakies, MiLoG-Basiskommentar, 2. Aufl. 2015, § 2, Rz. 11.

3.5 Überschreitung der 50 %-Grenze und deren Folgen

 

Rz. 10

Monatlich dürfen jeweils nicht mehr als 50 % der v...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge