Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Bedingungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit. Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen. Verbot von Diskriminierungen wegen der sexuellen Ausrichtung. Auf der Grundlage eines Dienstvertrags arbeitender unabhängiger Auftragnehmer. Beendigung und Nichtverlängerung eines Vertrags. Freie Wahl eines Vertragspartners

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, c

 

Beteiligte

TP

J. K

TP S.A

 

Tenor

Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf

ist dahin auszulegen, dass

er einer einzelstaatlichen Regelung entgegensteht, die zur Folge hat, dass die auf die sexuelle Ausrichtung einer Person gestützte Weigerung, mit dieser Person einen Vertrag abzuschließen oder zu verlängern, der zum Gegenstand hat, dass sie im Rahmen der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit bestimmte Leistungen erbringt, auf der Grundlage der freien Wahl des Vertragspartners von dem nach dieser Richtlinie zu gewährenden Schutz vor Diskriminierungen ausgeschlossen wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy dla m. st. Warszawy w Warszawie (Rayongericht für die Hauptstadt Warschau, Polen) mit Entscheidung vom 16. März 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2021, in dem Verfahren

J. K.

gegen

TP S.A.,

Beteiligte:

PTPA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin) sowie der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: M. Siekierzyńska, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von J. K., vertreten durch P. Knut, Adwokat, M. R. Oyarzabal Arigita, Abogada, und B. Van Vooren, Advocaat,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, E. Borawska-Kędzierska und A. Siwek-Řlusarek als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch C. Pochet, L. Van den Broeck und M. Van Regemorter als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und P. Huurnink als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch C. Alves, P. Barros da Costa und A. Pimenta als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und A. Szmytkowska als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. September 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und c sowie Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen J. K. (im Folgenden: Kläger) und der TP S.A. wegen einer Forderung auf Ersatz des Schadens, der entstanden sein soll, weil diese Gesellschaft es abgelehnt hat, den zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Dienstvertrag zu verlängern, und zwar nach Ansicht des Klägers aus einem auf seiner sexuellen Ausrichtung beruhenden Grund.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 9, 11 und 12 der Richtlinie 2000/78 lauten:

„(9) Beschäftigung und Beruf sind Bereiche, die für die Gewährleistung gleicher Chancen für alle und für eine volle Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben sowie für die individuelle Entfaltung von entscheidender Bedeutung sind.

(11) Diskriminierungen wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung können die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz, die Hebung des Lebensstandards und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Solidarität sowie die Freizügigkeit.

(12) Daher sollte jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen gemeinschaftsweit untersagt werden. Dieses Diskriminierungsverbot sollte auch für Staatsangehörige dritter Länder gelten, betrifft jedoch nicht die Ungleichbehandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit und lässt die Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen dritter Länder und ihren Zugang zu Beschäftigung und Beruf unberührt.”

Rz. 4

Art. 1 („Zweck”) der Richtlinie sieht vor:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, e...

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