Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung von Männern und Frauen – Zugang zur Beschäftigung – Weigerung, eine schwangere Frau einzustellen

 

Beteiligte

Mahlburg

Silke-Karin Mahlburg

Land Mecklenburg-Vorpommern

 

Tenor

Artikel 2 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen verbietet es, eine Schwangere deshalb nicht auf eine unbefristete Stelle einzustellen, weil sie für die Dauer der Schwangerschaft wegen eines aus ihrem Zustand folgenden gesetzlichen Beschäftigungsverbots auf dieser Stelle von Anfang an nicht beschäftigt werden darf.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-207/98

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Silke-Karin Mahlburg

gegen

Land Mecklenburg-Vorpommern

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 2 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Richter P. J. G. Kapteyn (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, G. Hirsch und H. Ragnemalm,

Generalanwalt: A. Saggio

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • von Frau Mahlburg, vertreten durch Rechtsanwalt K. Bertelsmann, Hamburg,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä, Rechtsberaterin im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater P. Hillenkamp und M. Wolfcarius, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte im Beistand des Rechtsanwalts T. Eilmansberger, Brüssel,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Frau Mahlburg und der Kommission in der Sitzung vom 3. Juni 1999,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Oktober 1999,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluß vom 16. April 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Juni 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag(jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 2 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Mahlburg (Klägerin) und dem Land Mecklenburg-Vorpommern (Beklagter) um dessen Weigerung, die Klägerin auf unbestimmte Zeit einzustellen. Diese Weigerung wird damit begründet, daß Frau Mahlburg schwanger war und die für die angestrebte Stelle vorgesehenen Tätigkeiten daher von Anfang an nicht ausüben konnte.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3. Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:

(1) Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts – insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand – erfolgen darf.

(3) Diese Richtlinie steht nicht den Vorschriften zum Schutz der Frau, insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft, entgegen.

Deutsches Recht

4. § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der 1980 zur Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht eingeführt worden war, sieht insbesondere vor:

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen.

5. Die einschlägigen Vorschriften des Mutterschutzgesetzes vom 24. Januar 1952 (BGBl. I S. 315) sind die §§ 3 bis 5.

6. § 3 des Mutterschutzgesetzes bestimmt:

(1) Werdende Mütter dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.

7. § 4 des Mutterschutzgesetzes, der die übrigen Beschäftigungsverbote aufzählt, sieht vor:

(1) Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind.

(2) Werdende Mütter dürfe...

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