Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung mit Krankenhausbehandlung, eng verbundene Umsätze, Telefonüberlassung an Patienten, Unterbringung und Verpflegung von Angehörigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zurverfügungstellung eines Telefons und die Vermietung von Fernsehgeräten an Krankenhauspatienten durch unter Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage fallende Personen sowie die Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen dieser Patienten durch diese Personen stellen in der Regel keine mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsätze im Sinne dieser Vorschrift dar. Etwas anderes kann nur gelten, wenn diese Leistungen zur Erreichung der mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung verfolgten therapeutischen Ziele unerlässlich sind und nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sind, ihrem Erbringer zusätzliche Einnahmen durch die Erzielung von Umsätzen zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen der Mehrwertsteuer unterliegender gewerblicher Unternehmen getätigt werden.

2. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände der bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten und gegebenenfalls des Inhalts der für die betroffenen Patienten erstellten ärztlichen Verschreibungen zu bestimmen, ob die erbrachten Leistungen diese Voraussetzungen erfüllen.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Ygeia

Diagnostiko & Therapeftiko Kentro Athinon-Ygeia AE

Ypourgos Oikonomikon

 

Verfahrensgang

Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) (Entscheidung vom 16.06.2004)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b ‐ Befreiungen ‐ Mit einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung eng verbundene Umsätze ‐ Zurverfügungstellung eines Telefons und Vermietung von Fernsehgeräten an Krankenhauspatienten ‐ Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen der Krankenhauspatienten“

In den verbundenen Rechtssachen C-394/04 und C-395/04

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidungen vom 16. Juni 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 17. September 2004, in den Verfahren

Diagnostiko & Therapeftiko Kentro Athinon-Ygeia AE

gegen

Ypourgos Oikonomikon

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J.-P. Puissochet, S. von Bahr, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Diagnostiko & Therapeftiko Kentro Athinon-Ygeia AE, vertreten durch K. Karlis, dikigoros,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch E.-M. Mamouna, S. Trekli und V. Kyriazopoulos als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und A. Tiemann als Bevollmächtigte,

‐ der zypriotischen Regierung, vertreten durch A. Miltiadou-Omirou als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. September 2005

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Diagnostiko & Therapeftiko Kentro Athinon-Ygeia AE (im Folgenden: Ygeia), einer juristischen Person des Privatrechts, deren Gesellschaftszweck in der Erbringung von Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen besteht, und dem Ypourgos Oikonomikon (Finanzminister) wegen der Weigerung der Dimosia Oikonomiki Ypiresia Forologias Anonymon Emborikon Etairion Athinon (für die Besteuerung von Aktiengesellschaften zuständige Finanzbehörde von Athen), die Zurverfügungstellung eines Telefons und die Vermietung von Fernsehgeräten an Krankenhauspatienten sowie die Unterbringung und Verpflegung der Begleitpersonen dieser Patienten als mit der Krankenhausbehandlung und der medizinischen Behandlung eng verbundene Umsätze von der Mehrwertsteuer zu befreien.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3

Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfac...

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