2.1 Vertragsgestaltung

Bei der Vertragsgestaltung ist zunächst zu prüfen, ob die Entsendung mit oder ohne Änderungen des bestehenden Arbeitsvertrags durchgeführt werden kann. Keiner Änderung bedarf es, wenn die Entsendung allein aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine (einvernehmliche) Vertragsänderung oder -ergänzung nötig.

Dokumentation nach dem Nachweisgesetz

Bei jeder Entsendung sind die Dokumentationspflichten nach dem Nachweisgesetz (NachwG) zu beachten: Bei kürzeren Auslandsaufenthalten sind die diesbezüglichen Regelungen des Arbeitsvertrags gemäß § 2 Abs. 1 NachwG schriftlich zu dokumentieren. Dauert die Entsendung ins Ausland länger als 4 Wochen, sind die zusätzlichen Dokumentationspflichten nach § 2 Abs. 2 NachwG zu beachten.

§ 2 Abs. 2 NachwG verlangt vom Arbeitgeber in diesem Fall

  • die Dokumentation der allgemeinen Inhalte und
  • die zusätzliche Dokumentation der besonderen, auslandsbezogenen Änderungen.

Formalien

Die vom entsendenden Unternehmen zu beachtenden Formalien des anderen Mitgliedstaats sollten vorab geklärt werden. Erforderlich ist die Anmeldung des Arbeitnehmers für eine A1-Bescheinigung beim zuständigen Träger im entsendenden Mitgliedstaat.[2]

Darüber hinaus können weitere administrative Voraussetzungen im jeweiligen Mitgliedstaat zu beachten sein.[3] Dazu gehört insbesondere[4] eine Mitteilung an die zuständige Behörde im ausländischen Mitgliedstaat. Folgende Angaben sind dabei in der Regel zu melden:

  • Identität des Dienstleistungserbringers
  • Voraussichtliche Zahl der entsandten Arbeitnehmer
  • Benennung eines Ansprechpartners bzw. einer Kontaktperson
  • Beginn und Ende sowie die voraussichtliche Dauer der Entsendung
  • Anschrift des Arbeitsplatzes
  • Art der zu erbringenden Dienstleistungen

In den meisten Mitgliedstaaten ist diese Voraberklärung digital möglich.[5]

[1] Ausführliche Informationen zur Vertragsgestaltung s. Beitrag: Mitarbeitereinsatz im Ausland: Vertragsgestaltung und anwendbares Recht.
[2] Mehr hierzu s. Sozialversicherung.
[3] Ein Überblick über die in einzelnen Mitgliedstaaten eingesetzten Maßnahmen findet sich unter: https://europa.eu/youreurope/business/human-resources/posted-workers/posting-staff-abroad/index_de.htm.
[4] Vgl. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2014/67/EU.
[5] Weitere Informationen zu den Meldepflichten bei Entsendungen s. HI15554101.

2.2 Anwendbares Recht

Für die Bestimmung des für die Entsendung anwendbaren Rechts gilt zunächst die "Rom I-VO". Danach können Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Vertrag festlegen, ob während der Entsendung deutsches oder ausländisches Arbeitsrecht gelten soll (Rechtswahlfreiheit). Ohne eine Festlegung ist das Recht des gewöhnlichen Arbeitsorts des Arbeitnehmers maßgeblich.[2]

Diese Rechtswahlfreiheit findet ihre Grenzen an den jeweils zwingenden Vorschriften der Umsetzungsgesetze der Arbeitnehmerentsende-Richtlinie. Im Ergebnis verdrängt in diesem Fall das mitgliedstaatliche Entsendegesetz entgegenstehende vertragliche Regelungen. Eine Abwahl der über die Entsendegesetze zwingend anwendbaren arbeitsrechtlichen Normen ist nicht möglich. Entscheidend dafür sind wiederum die jeweiligen Anwendungsvoraussetzungen: in der Bundesrepublik sind das die zwingenden Arbeitsschutzgesetze[3] bzw. die erforderliche Tarifbindung.[4]

Sofern das mitgliedstaatliche Entsendegesetz gilt, gelten mindestens die für die einheimischen Arbeitnehmer anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für

  • die Entlohnung einschließlich der Überstundensätze,
  • die zulässigen Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten,
  • den bezahlten Mindestjahresurlaub,
  • die Bedingungen für die Arbeitnehmerüberlassung,
  • die Sicherheit, den Gesundheitsschutz und die Hygiene am Arbeitsplatz,
  • die Mutterschutzvorschriften bzgl. des Gesundheits- und Arbeitsschutzes,
  • der Jugendarbeitsschutz,
  • die Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie andere sonstige Nichtdiskriminierungsbestimmungen,
  • die Bedingungen für vom Arbeitgeber gestellte Unterkünfte von Arbeitnehmern,
  • die Zulagen oder Kostenerstattungen zur Deckung von Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten für Arbeitnehmer, die aus beruflichen Gründen nicht zu Hause wohnen.

Bei einer tatsächlichen Entsendungsdauer von mehr als 12 Monaten (bzw. in begründeten Ausnahmefällen erst nach 18 Monaten) gelten darüber hinaus sämtliche gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmemitgliedstaats mit Ausnahme der Bedingungen für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen und der Vorschriften zur betrieblichen Altersversorgung.

[2] Art. 3 und 8 Rom I-VO.
[3] § 2 ArbEntG.
[4] Vgl. § 5 i. V. m. § 3 ArbEntG.

2.3 Besondere Arbeitgeberpflichten

Den Arbeitgeber treffen bei der Entsendung ins Ausland besondere Fürsorgepflichten z. B. hinsichtlich Gesundheitsgefahren, Sicherheitsrisiken etc.[2] Schwerpunkte sind eine anfängliche Gefährdungseinschätzung, eine umfassende Absicherung der Entsendung sowie die Sicherstellung schnellstmöglicher Rückkeh...

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