Für in Rheinland-Pfalz tätige ehrenamtliche Bürgermeister sowie für Ortsbürgermeister hat die Rechtsprechung entschieden, dass sie abhängig beschäftigt und sozialversicherungspflichtig sind.[1]

Die an diese Personen gezahlte Aufwandsentschädigung ist dabei zu 2/3 als Arbeitsentgelt anzusehen. Wesentlich kommt es auch darauf an, dass der ehrenamtlich tätige Bürgermeister über die Repräsentationsaufgaben hinausgehende, dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen ausübt.[2]

Eine gleichlautende Entscheidung hat die Rechtsprechung auch im Falle eines in Sachsen ehrenamtlich tätigen Bürgermeisters getroffen. Ihm oblag neben Repräsentationsaufgaben auch die Durchführung von Verwaltungsaufgaben. Infolgedessen war er sozialversicherungspflichtig tätig.[3]

Auch im Falle eines in Sachsen-Anhalt bei einer Stadt ehrenamtlich tätigen Bürgermeisters hat die Rechtsprechung eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung festgestellt. Die ihm von der Kommune gezahlte monatliche Aufwandsentschädigung i. H. v. 1.200 EUR schließe eine Anerkennung als unentgeltliche Tätigkeit aus. Außerdem war der ehrenamtlich tätige Bürgermeister in funktionsgerecht dienender Weise in die Verwaltungsgemeinschaft der Stadt einbezogen.[4]

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger haben sich ausführlich mit der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ehrenamtlicher Organtätigkeiten in einem Besprechungsergebnis befasst[5] und dabei die neuere Rechtsprechung des BSG in ihre Bewertung einfließen lassen. So hat das BSG[6] u. a. folgende Grundsätze zur Beurteilung ehrenamtlicher Organtätigkeiten in der funktionalen Selbstverwaltung aufgestellt:

  • Das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV wird weder durch den Umstand der Wahrnehmung eines Ehrenamts noch durch eine öffentlich-rechtliche Organstellung gehindert. So schließt u. a. auch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus.
  • Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und nicht jedermann frei zugänglich sind, führen regelmäßig nicht zu der in § 7 Abs. 1 SGB IV beschriebenen persönlichen Abhängigkeit.
  • Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch ideelle Zwecke und Unentgeltlichkeit.
  • Tätigkeiten, die rein organschaftlich bestimmte Aufgaben übersteigen (überobligatorische Tätigkeiten), wie z. B. die Erledigung laufender Verwaltungsgeschäfte, können eine Beschäftigung begründen.
  • Dem Ausschluss einer Erwerbserzielungsabsicht als wesentliches Merkmal eines außerhalb beruflicher Erwerbstätigkeit ausgeübten Ehrenamts stehen konkrete oder pauschale finanzielle Zuwendungen für Aufwendungsersatz nicht entgegen; selbst dann nicht, wenn diese Zuwendungen für den Ausfall von Zeit oder Verdienst gewährt werden.
  • Die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks muss ohne Erwerbsabsicht objektiv erkennbar vorliegen und die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen; wobei es auf die subjektive Sicht des Einzelnen nicht ankommt.

Auch hat das BSG[7] zu einem ehrenamtlichen Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts sowie mit den Urteilen zu ehrenamtlichen Ortsvorstehern und zu einem ehrenamtlichen Bürgermeister[8] entschieden, dass die von ihm aufgestellten – vorstehend erläuterten – Grundsätze auch auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ehrenamtlicher Organtätigkeiten für juristische Personen des privaten Rechts und juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie z. B. in der kommunalen Selbstverwaltung, Anwendung finden.

Soweit für die Beurteilung nicht die Unterscheidung nach Repräsentations- und Verwaltungsaufgaben maßgeblich ist, sondern die Unterscheidung zwischen den zur Ausübung des Wahlamts erforderlichen und den darüber hinausgehenden Aufgaben, führen Verwaltungsaufgaben auch für den Wahlamtsinhaber zur Weisungsgebundenheit und Eingliederung, wenn sie ihrer Art nach nicht notwendig mit dem Wahlamt verbunden sind, sondern auch von Dritten ausgeübt werden können.

Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung ist somit eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich; einschließlich des Ausmaßes der finanziellen Zuwendungen. Soweit die Unentgeltlichkeit des Ehrenamts Ausdruck dafür ist, dass keine Erwerbsabsicht im Vordergrund steht, bedarf es einer Klärung, was – abgesehen von Aufwandsentschädigung bzw. Aufwendungsersatz – ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann.

Bei der hierfür gebotenen Einzelfallbetrachtung besteht keine Möglichkeit, eine für alle Tätigkeiten gleichermaßen gültige Grenze der Unentgeltlichkeit vorzugeben. Die Bestimmung einer festen Grenze der Schutzbedürftigkeit des ehrenamtlich Tätigen ist nach Ansicht des BSG vielmehr vom Gesetzgeber zu treffen. Solange eine...

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