7.1 Unwirksamkeit der Maßnahme

Zunächst ist eine Maßnahme, die unzulässig benachteiligt, wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB unwirksam. Daneben kann der Arbeitnehmer auf der Grundlage des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen, dass er mit den nicht benachteiligten vergleichbaren Arbeitnehmern gleich behandelt wird. Das spielt insbesondere bei der Unwirksamkeit von vertraglichen oder kollektivrechtlichen Regelungen eine Rolle. Bei unzulässigen Benachteiligungen im Zusammenhang mit einem Vergütungssystem hat der Benachteiligte grundsätzlich Anspruch auf Behandlung wie ein nicht benachteiligter Arbeitnehmer – i. d. R. erfolgt daher eine Vergütungsanpassung "nach oben".[1]

7.2 Schadensersatz und Entschädigung

Daneben kann der Beschäftigte, der eine unerlaubte Benachteiligung im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erlitten hat, nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG Schadensersatz und Entschädigung geltend machen. Diese treten ggf. neben einen Gleichbehandlungsanspruch und die Unwirksamkeit der Maßnahme. Wird z. B. ein Beschäftigter wegen seiner Behinderung von einer Sonderzahlung ausgenommen, erhält er nicht nur ebenfalls die Sonderzahlung, sondern daneben auch noch eine Entschädigung allein dafür, dass er diskriminiert worden ist.

Ein Schadensersatzanspruch besteht dann, wenn der Beschäftigte durch die Benachteiligung einen empirisch messbaren Vermögensschaden erlitten hat, z. B. erkrankt ist und deshalb sein Arbeitsverhältnis aufgeben musste. Auch wenn der Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl eigentlich hätte als bestqualifizierter eingestellt werden müssen, kann er Schadensersatz in Höhe der entgangenen Vergütungsdifferenz verlangen. Allerdings hat der Bewerber hier die volle Beweislast dafür, dass er der bestgeeignete Kandidat gewesen ist. Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder auf beruflichen Aufstieg besteht nicht.[1] Voraussetzung für einen Schadensersatz ist ein Verschulden des Arbeitgebers; das kann auch darin bestehen, dass er keine Schutzmaßnahmen ergriffen hat. Dabei hat der Arbeitgeber nachzuweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Außerdem kann der Beschäftigte – auch dann, wenn er gar keinen Schaden erlitten hat – eine Entschädigung verlangen, gewissermaßen ein Schmerzensgeld für die erlittene Diskriminierung. Sie setzt kein Verschulden des Arbeitgebers wegen der Benachteiligung voraus. Diese Entschädigung ist der Höhe nach grundsätzlich unbegrenzt. Nur bei der Diskriminierung eines Bewerbers, der auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht zum Zuge gekommen wäre, ist die Entschädigung auf maximal 3 Gehälter "gedeckelt" – allerdings für jeden der Benachteiligten![2] Das Bundesarbeitsgericht spricht hier mittlerweile regelmäßig eine Entschädigung von rund 1,5 Gehältern zu.

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Schwere der Benachteiligung, dem Grad eines eventuellen Verschuldens des Arbeitgebers und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers. Sie muss zumindest so hoch sein, dass sie geeignet ist, den Arbeitgeber von weiteren Diskriminierungen abzuhalten.

7.3 Ausschlussfristen

Für die Geltendmachung von Schadensersatz und Entschädigung nach dem AGG gelten Ausschlussfristen: Solche Ansprüche müssen innerhalb von 2 Monaten beim Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.[1] Die Frist beginnt bei Bewerbern mit dem Zugang der Ablehnung; aus dieser Frist lässt sich damit auch ableiten, wie lange Bewerberunterlagen aufgehoben werden sollten, um sich ggf. in einem gerichtlichen Verfahren angemessen gegen Ansprüche vermeintlich benachteiligter Bewerber verteidigen zu können. Eine Aufbewahrung von 3 bis 4 Monaten ist angemessen und auch von § 26 BDSG gedeckt.

Nach der schriftlichen Geltendmachung gegenüber dem Vertragspartner läuft eine weitere Ausschlussfrist von 3 Monaten für Entschädigungsansprüche (nicht aber für Schadensersatzansprüche) nach § 61b ArbGG für die gerichtliche Geltendmachung. Schadensersatzansprüche unterliegen nach schriftlicher Geltendmachung nur der allgemeinen Verjährung.

7.4 Sonstige Rechte des Arbeitnehmers

Daneben kann der Arbeitnehmer noch weitere Rechte ausüben, wenn er benachteiligt wird:

  • Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 14 AGG bei einer (sexuellen) Belästigung und – bedeutsamer – Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung unter den Voraussetzungen des § 273 BGB; in diesen Fällen hat der Arbeitgeber nach §§ 293, 298, 615 BGB gleichwohl die Vergütung weiterzuzahlen.
  • Beschwerderecht nach § 13 AGG; Beschwerde beim Betriebsrat nach § 84 BetrVG.
  • Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts.
  • Anspruch auf Ergreifen von Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber nach § 12 Abs. 3 und 4 AGG.

§ 16 AGG stellt klar, dass gegen einen Arbeitnehmer wegen der Ausübung seiner Rechte im Zusammenhang mit einer Benachteiligung keine Maßnahmen arbeitsrechtlicher Art im weitesten Sinne ergriffen werden dürfen. Alle Maßregelungen sind nach § 16 AGG i. V. m. § 134 BGB nichtig.

Nach §§ 10 ff. EntgT...

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