Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenkasse - Satzung - Satzungsautonomie - freiwilliges Mitglied - beitragspflichtige Einnahmen - wirtschaftliche Leistungsfähigkeit - Ehegatteneinkommen - Anrechnung - Familieneinkommen - Höhe - Abzug - Kindesunterhalt - Gleichbehandlung)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch unter Geltung des § 240 SGB 5 können die Krankenkassen - wie nach bisheriger Rechtsentwicklung - Ehegatten-Einkommen bei der Bemessung der Beiträge für ihre freiwilligen Mitglieder heranziehen, wenn diese nicht oder nur geringfügig erwerbstätig sind und keine oder nur geringere eigene Einnahmen haben.

2. § 240 Abs 1 S 2 SGB 5 verpflichtet die Krankenkasse nicht, Ehegatten-Einkommen stets bis zur vollen Beitragsbemessungsgrenze heranzuziehen. Vielmehr ist eine Satzungsregelung, die Ehegatten-Einkommen nur bis zur halben Beitragsbemessungsgrenze heranzieht, mit höherrangigen Recht vereinbar, wenn die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen nur bei denjenigen Mitgliedern erfolgt, deren Ehegatte nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist.

3. Bei der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen darf die Satzung Abzüge für unterhaltsbedürftige Kinder auch dann vorsehen, wenn für diese Kinder eine beitragsfreie Familienversicherung besteht.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; SGB IV § 87 Abs. 1, § 89 Abs. 1, § 240 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB V § 195 Abs. 2, § 223 Abs. 3

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Gerichtsbescheid vom 16.12.1999; Aktenzeichen S 23 KR 207/98)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 1999 dahin geändert, dass die Aufsichtsanordnung der Beklagten vom 25. Februar 1998 insgesamt aufgehoben wird.

Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Klägerin, eine bundesunmittelbare Krankenkasse, wendet sich gegen eine Aufsichtsanordnung des Bundesversicherungsamts, der zuständigen Aufsichtsbehörde der Beklagten, mit der die Beitragsbemessung für einen Teil ihrer freiwilligen Mitglieder beanstandet worden ist.

§ 29 der Satzung der Klägerin vom 1. Januar 1996 idF des 5. Nachtrags regelt die Bemessung der Beiträge und die Einstufung freiwilliger Mitglieder.

§ 29 Abs 8 Nr 4 der Satzung lautet:

(1) „Für freiwillige Mitglieder, die nicht im Erwerbsleben stehen oder im Sinne von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV nur geringfügig beschäftigt oder tätig sind, werden die Beiträge nach ihren beitragspflichtigen Einnahmen bemessen, mindestens jedoch nach einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV).

(2) Ist der Ehegatte des Mitglieds nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, werden für die Bemessung der Beiträge folgende Einnahmen zugrunde gelegt: Aus einem etwaigen Einkommen des Mitglieds und dem Einkommen seines Ehegatten ist ein Familieneinkommen zu ermitteln, das für jedes unterhaltsberechtigte Kind um ein Sechstel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV), vermindert um etwaige Einnahmen des Kindes, zu kürzen ist. Für die Bemessung der Beiträge ist die Hälfte des so ermittelten Betrags, mindestens jedoch ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße und höchstens die Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Die vorstehende Bemessung der Beiträge gilt nicht, wenn die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds entweder die Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze oder die Einnahmen seines nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse versicherten Ehegatten übersteigen.”

Die Beklagte war seit Anfang 1997 der Meinung, dass entsprechende Regelungen, wie sie auch in den Satzungen anderer bundesunmittelbarer Krankenkassen enthalten sind, rechtswidrig seien. Sie wies die Klägerin und andere Krankenkassen mit Schreiben vom 30. Mai 1997 darauf hin, dass sie eine Begrenzung des zugerechneten halben Ehegatten-Einkommens auf die Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) und die Berücksichtigung von Kürzungsbeträgen auch für beitragsfrei familienversicherte Kinder bei der Feststellung der Beitragsbemessungsgrundlage für rechtswidrig halte. Nachdem weiterer Schriftwechsel und ein Gespräch am 3. Dezember 1997 nicht zu einer Einigung geführt hatten, sagte die Beklagte zu, ihre Rechtsansicht nicht im Wege des § 195 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) durchzusetzen; vielmehr wolle sie Verpflichtungsbescheide nach § 89 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassen und von einer Anordnung der sofortigen Vollziehung absehen.

Nachdem die Beklagte die Klägerin am 18. Dezember 1997 erneut schriftlich iS der zuvor geäußerten Rechtsansicht beraten hatte, wurde die Klägerin mit Aufsichtsanordnung vom 25. Februar 1998 gemäß § 89 Abs 1 Satz 2, § 90 Abs 1 Satz 1 SGB IV verpflichtet,

  1. „bei der Beitragsbemessung eines freiwillig Versicherten ohne bzw mit geringfügigem Erwerbseinkommen, dessen Ehegatte nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehört, die Hälfte des Ehegatteneinkommens bzw des Gesamteinkommens bis auf den Betrag der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Abs 3 SGB V und ohne weitergehende Kürzung auf die Hälfte dieser Grenze zugrunde zu legen,
  2. die beitragsrelevanten Einnahmen eines freiwillig Versicherten, dessen Ehepartner nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, nur dann für jeden Unterhaltsberechtigten um ein Sechstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zu vermindern, wenn für diesen Unterhaltsberechtigten keine kostenfreie Familienversicherung nach § 10 SGB V besteht,
  3. diesen Verpflichtungen entgegenstehende Bescheide der Kasse sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.”

Auf die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) durch Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 1999 den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 1998 „in seinem Verfügungssatz 2 aufgehoben und Verfügungssatz 3 dementsprechend geändert”; im Übrigen hat es – hinsichtlich des Verfügungssatzes 1 – die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei hinsichtlich seines ersten Verfügungssatzes nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe nach § 89 Abs 1 SGB IV vorgehen dürfen und auch den Beratungs- und Formerfordernissen dieser Vorschrift genügt. Der Verfügungssatz sei auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Die Klägerin habe ihr Ermessen bei der Satzungsgestaltung überschritten, weil die Begrenzung der Beitragsbemessung auf die Hälfte der BBG in § 29 Abs 8 Nr 4 Abschnitt (2) der Satzung gegen § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V und damit gegen höherrangiges Recht verstoße. Nach § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V sei bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtige. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds werde aber stets dann von dem Einkommen seines Ehegatten mitbestimmt, wenn dieses höher sei als sein eigenes Einkommen. Dies gelte auch dann, wenn das Mitglied eigenes Einkommen von mehr als der halben BBG habe. Dabei finde die von der Klägerin angenommene Regel, „bei der Beitragsbemessung spielen nur Einnahmen bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze eine Rolle”, im Gesetz keine Grundlage. Vielmehr seien für die Beitragsbemessung zunächst die beitragspflichtigen Einnahmen zu ermitteln, die erst in einem zweiten Schritt nach § 223 Abs 3 SGB V auf die BBG zu reduzieren seien. Innerhalb des ersten Schritts seien aber auch Einnahmen oberhalb der BBG in die nötigen Berechnungen einzubeziehen, wie etwa § 22 Abs 2 SGB IV zeige. Die Beklagte habe die Klägerin damit auf das nach § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V zwingende Ergebnis verpflichtet, bei der Berücksichtigung von Ehegatten-Einkommen freiwillig Versicherter keine Begrenzung auf die halbe BBG vorzunehmen.

Mit dem Verfügungssatz 3 des streitigen Bescheids sei die Klägerin auch zu Recht verpflichtet worden, dem Verfügungssatz 1 entgegenstehende Bescheide mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Der Verfügungssatz 2 sei hingegen rechtswidrig. Die Klägerin habe die sich aus dem Unterhalt von Kindern ergebenden wirtschaftlichen Lasten, die höher seien als der Wert der beitragsfreien Familienversicherung, zu Gunsten von Familien berücksichtigen dürfen. Der Gesetzgeber habe nach wie vor nicht dafür gesorgt, den Unterhaltsbedarf von Kindern bzw deren Existenzminimum durch Kindergeld bzw steuerrechtliche Regelungen des Familienlastenausgleichs völlig auszugleichen bzw steuerfrei zu stellen, sodass es der Krankenkasse unbenommen bleiben müsse, auch familienversicherte Kinder bei der Heranziehung von Ehegatten-Einkommen zu berücksichtigen.

Gegen diese Entscheidung des SG haben die Klägerin und die Beklagte Revision eingelegt.

Die Klägerin geht davon aus, dass die Aufsichtsanordnung insgesamt, also auch hinsichtlich ihres Verfügungssatzes 1 und des diesbezüglichen Teils des Verfügungssatzes 3 rechtswidrig sei. Der Verfügungssatz 1 verletze § 240 Abs 1 Satz 1 und 2, § 240 Abs 2 Satz 2 iVm § 223 Abs 3 Satz 2 SGB V und verstoße insbesondere gegen den Grundsatz der Satzungsautonomie. Im Rahmen des § 240 Abs 1 SGB V, der ihr bei der Bemessung der Beiträge für freiwillige Mitglieder einen Ermessensspielraum einräume, sei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allein des Mitglieds und nicht auch die des Ehegatten maßgebend. Dabei müsse zweifellos aber auch das Einkommen des Ehegatten berücksichtigt werden, jedoch nur insoweit, als es einen Teil der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds ausmache. Deshalb sei es zunächst sachgerecht, unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds nicht die Summe beider Einkommen, sondern lediglich die Hälfte dieser Summe zu Grunde zu legen. Für den Umfang der Beitragsbemessung spielten – wie schon die Bezeichnung „Beitragsbemessungsgrenze” belege – nur Einnahmen bis zur dieser Grenze eine Rolle, was unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds dazu führe, dass ihm nur die Hälfte der beiderseitigen Einnahmen bis zur halben BBG zugerechnet würden. Lägen die Einnahmen des Mitglieds über der Hälfte der BBG, so werde seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausschließlich durch seine eigenen Einnahmen bestimmt, weshalb folgerichtig nur eigene Einnahmen des Mitglieds der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt würden. Denn seine Einnahmen seien dann höher als das Einkommen des Ehegatten, dessen „Quote” ebenfalls auf die halbe BBG begrenzt sei. Dann aber seien die Einnahmen des Ehegatten nicht heranzuziehen. Die Aufsichtsanordnung habe zur Konsequenz, dass bei Mitgliedern mit eigenen Einnahmen unter der halben BBG Beiträge aus der Hälfte der zugerechneten beiderseitigen Einnahmen bis zur vollen BBG zu entrichten seien, während bei Mitgliedern, deren eigene Einnahmen knapp oberhalb der halben BBG lägen, wesentlich niedrigere Beiträge anfallen würden. Zur Vermeidung dieses für geringer verdienende Mitglieder unangemessenen Ergebnisses sei es generell geboten, die beiderseitigen Einnahmen insgesamt nur bis zur BBG heranzuziehen. Dadurch werde § 223 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 240 Abs 2 Satz 2 SGB V nicht verletzt. Denn unter dem Aspekt der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit könnten die beiderseitigen Einnahmen immer nur höchstens bis zur BBG relevant sein. Auch der Verfügungssatz 3 des angefochtenen Bescheides sei rechtswidrig.

Die Klägerin beantragt,

  1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 1999 zu ändern,
  2. den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 1998 insgesamt aufzuheben,
  3. die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

  1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 1999 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
  2. die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Gerichtsbescheid verstoße, soweit er den Verfügungssatz 2 ihres Bescheides aufgehoben habe, gegen § 240 Abs 1 SGB V. Denn die Klägerin sei nicht berechtigt, die beitragsrelevanten Einnahmen für jedes unterhaltsberechtigte Kind um ein Sechstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zu mindern, also auch dann, wenn für diesen Unterhaltsberechtigten eine beitragsfreie Familienversicherung nach § 10 SGB V bestehe. Zwar sei den Krankenkassen im Rahmen des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V ein gewisser Gestaltungsspielraum eingeräumt, jedoch bestehe dieser nicht unbeschränkt. § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V normiere bestimmte gesetzliche Mindestanforderungen. Durch die Formulierung, die Kassen hätten „sicherzustellen”, dass die Beitragsleistung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtige, werde deutlich, dass insofern kein Ermessensspielraum bestehe. Bei Versicherten mit keinem oder geringfügigem Einkommen würden die Einnahmen des Ehegatten zur Hälfte berücksichtigt. Ob und in welchem Umfang hierbei die durch unterhaltsberechtigte Kinder bestehenden Aufwendungen im Hinblick auf Art 6 Grundgesetz (GG) entlastend zu berücksichtigen seien, hänge nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 15) davon ab, ob für diese Unterhaltsberechtigten eine beitragsfreie Familienversicherung bestehe. Bestehe eine solche Familienversicherung, so folge aus Art 6 GG keine Verpflichtung, die Aufwendungen für den Unterhaltsberechtigten bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen. Es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, Versäumnisse des Gesetzgebers beim Familienlastenausgleich auszugleichen. Im Übrigen würden durch diese Satzungsregelung auch freiwillige Mitglieder mit Kindern gegenüber pflichtversicherten Mitgliedern bevorzugt. Letztere hätten keine Möglichkeit, die sich aus dem Unterhalt eines Kindes ergebenden wirtschaftlichen Lasten über ihre Krankenversicherung weiter zu minimieren.

 

Entscheidungsgründe

II

A. Die Revision der Klägerin ist begründet, diejenige der Beklagten unbegründet.

Die Voraussetzungen für eine Sprungrevision der Beteiligten nach § 161 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben vorgelegen.

Die mit der Anfechtungsklage (zugleich als Aufsichtsklage iS von § 54 Abs 3 SGG) angefochtene Aufsichtsanordnung der Beklagten erweist sich insgesamt als rechtswidrig. Sie entspricht weder § 89 Abs 1 SGB IV noch § 195 Abs 2 SGB V, sodass offen bleiben kann, ob sich beide Vorschriften ergänzen oder ob die allgemeine Regelung des SGB IV durch die spezielle Regelung in § 195 SGB V verdrängt wird (vgl BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1, S 4). Ebenfalls kann offen bleiben, ob die Beklagte ihre Verfügung in ausdrücklichem Einverständnis mit der Klägerin auf § 89 SGB IV stützen und von einer Beanstandung der Satzung gemäß § 195 Abs 2 SGB V absehen durfte, um die zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfragen möglichst rasch einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen. Es kommt vorliegend auch nicht darauf an, ob und inwieweit § 195 SGB V besondere Befugnisse verleiht, die über die allgemeine Rechtsaufsicht nach § 87 Abs 1 SGB IV hinausgehen, und ob § 89 Abs 1 SGB IV im Unterschied zu § 195 Abs 2 SGB V eine vorhergehende Beratung verlangt, die hier im Übrigen erfolgt ist und zugleich die erforderliche Anhörung der Klägerin enthält (§ 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫). Die getroffene Verfügung erfüllt weder die Voraussetzungen des § 89 Abs 1 SGB IV noch die des § 195 Abs 2 SGB V, weil weder die beanstandete Beitragsbemessung noch die ihr zu Grunde liegende Satzungsregelung auf einer Rechtsverletzung beruhen; die Klägerin ist nicht verpflichtet, die Beitragsbemessung entsprechend der Anordnung der Beklagten zu ändern. Der Gerichtsbescheid des SG vom 16. Dezember 1999 war dementsprechend dahin zu ändern, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten insgesamt – auch hinsichtlich seiner Verfügungssätze 1 und 3 – aufgehoben wird; die Revision der Beklagten hinsichtlich des Verfügungssatzes 2 war zurückzuweisen.

B. Mit dem ersten Verfügungssatz hat die Aufsichtsbehörde – entgegen der Rechtsauffassung des SG – zu Unrecht beanstandet, dass die Klägerin bei der Beitragsbemessung nach § 29 Abs 8 Nr 4 ihrer Satzung das halbe Ehegatten-Einkommen nur bis zur halben und nicht bis zu vollen Beitragsbemessungsgrenze heranzieht. Insoweit hat die Klägerin nicht gegen geltendes Recht, insbesondere nicht gegen § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V verstoßen.

I. Hinsichtlich der Auslegung der Satzung der Klägerin – es handelt sich um bundesweit geltendes und damit um revisibles Recht –, ist zunächst klarzustellen, dass die streitige Satzungsregelung, die eine Anrechnung von Ehegatten-Einkommen vorsieht, erstens nur für freiwillige Mitglieder gilt, die nicht erwerbstätig sind oder nur iS von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV geringfügig beschäftigt oder tätig sind, und die keine eigenen oder nur geringere eigene Einnahmen – bis zur halben BBG – haben (zB aus Vermietung, Verpachtung, Kapitalvermögen, geringfügiger Beschäftigung). Sie gilt zweitens nur für freiwillige Mitglieder, deren Ehegatte nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert ist (künftig aus Vereinfachungsgründen: privat versichert ist), und deren Einnahmen geringer sind als die des Ehegatten. Für diesen Personenkreis sieht § 29 Abs 8 Nr 4 der Satzung in seinem Abschnitt (2) vor, dass für die Bemessung der Beiträge etwaige eigene Einnahmen des Mitglieds und das Einkommen des Ehegatten zusammengerechnet werden (die Problematik der Kinderfreibeträge bleibt zunächst unberücksichtigt; vgl hierzu unter C.) und der Beitragsbemessung die Hälfte dieses Betrages, mindestens jedoch ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße und höchstens die Hälfte der BBG zu Grunde zu legen ist. Damit werden die zusammengerechneten Einnahmen insgesamt nur bis zur BBG herangezogen („gekappt”), sodass die dem Mitglied zugerechnete Hälfte dieser Einnahmen von vornherein auf die halbe BBG begrenzt ist. Gleiches gilt, wenn das Mitglied keine eigenen Einnahmen hat; dann wird das Ehegatten-Einkommen bis zur BBG herangezogen und dem Mitglied die Hälfte dieses Einkommens – begrenzt auf die halbe BBG – angerechnet. Die Zusammenrechnung bzw die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen entfällt, wenn die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds entweder die Hälfte der BBG oder die Einnahmen seines nicht in der GKV versicherten Ehegatten übersteigen. In diesem Fall werden die Beiträge nach Abschnitt (1) des § 29 Abs 8 Nr 4 der Satzung nur nach den eigenen beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, mindestens jedoch nach einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße.

Bezogen auf den ersten Verfügungssatz der Aufsichtsanordnung stellt sich mithin die – vereinfachte – Frage, ob bei freiwilligen Mitgliedern der GKV, die keine eigenen Einnahmen haben, die Anrechnung von Einkommen des nicht in der GKV versicherten Ehegatten auf die Hälfte der BBG begrenzt werden darf. Der weitere Fall, dass das Mitglied geringere eigene Einnahmen hat, die nach der Satzung mit dem Ehegatten-Einkommen zusammenzurechnen sind, kann vernachlässigt werden, weil er hinsichtlich der Begrenzung der Zurechnung der Hälfte der beiderseitigen Einnahmen auf die Hälfte der BBG für die Beantwortung der vorgenannten Frage keine wesentliche Bedeutung hat.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten und des SG ist die genannte Frage dahin zu beantworten, dass die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen bis zur vollen BBG nicht zwingend geboten ist; die in der Satzung der Klägerin vorgesehene Begrenzung auf die Hälfte der BBG hält sich vielmehr im Rahmen der ihr eingeräumten Satzungsautonomie; sie beruht im Hinblick auf die Bemessung der Beiträge anderer Versichertengruppen der Klägerin auf sachgerechten Erwägungen und kann deshalb von der Aufsichtsbehörde nicht beanstandet werden.

Dabei geht der erkennende Senat – in Übereinstimmung mit dem für das Beitragsrecht zuständigen 12. Senat – davon aus, dass bereits nach der Rechtsentwicklung und nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die Krankenkassen nicht gehindert waren, Ehegatten-Einkommen anzurechnen, und dass diese Möglichkeit grundsätzlich auch unter Geltung des § 240 SGB V beibehalten worden ist.

II. Das Problem der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen ist Jahrzehnte alt.

1) Nach der Rechtslage bis 30. Juni 1977 galt für die im Anschluss an eine Pflichtversicherung Weiterversicherten noch § 313a Abs 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ (idF des Gesetzes vom 28. Dezember 1921, RGBl I 1922, 5). Danach waren für die Herabsetzung der bisherigen Beiträge des Mitglieds „die Einkommensverhältnisse” (Satz 1), für eine Höherstufung ein „erhebliches Missverhältnis zu seinem Gesamteinkommen und zu den ihm im Krankheitsfalle zu gewährenden Kassenleistungen” (Satz 2) maßgebend. Beim Gesamteinkommen des (einkommenslosen) Mitglieds sollten zunächst die Unterhaltsleistungen des Ehegatten berücksichtigt und dabei an dessen Nettoeinkommen angeknüpft werden (BSGE 7, 164, 168 = SozR Nr 1 zu § 313a RVO; BSGE 37, 127, 128 = SozR 2200 § 313a Nr 1). Später legte die Rechtsprechung das halbe Bruttoeinkommen des Ehegatten zu Grunde (BSGE 42, 49 = SozR 2200 § 313a Nr 3). Dabei wurde das Gesamteinkommen (Satz 2) als gleich bedeutend mit den Einkommensverhältnissen (Satz 1) bzw mit der wirtschaftlichen Lage des freiwilligen Mitglieds angesehen, die vom Einkommen des Ehegatten geprägt werde (BSGE 42, 49, 50 = SozR 2200 § 313a Nr 3).

2) Nach der Rechtslage vom 1. Juli 1977 bis 31. Dezember 1988 galt für „RVO-Kassen” § 180 Abs 4 Satz 1 RVO (idF des KVKG vom 27. Juni 1977, BGBl I 1069), wonach sich der Grundlohn – als die für die Beitragsbemessung maßgebende Größe – nach dem Arbeitsentgelt und den sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt bestimmte; nach § 180 Abs 4 Satz 3 RVO galt Satzungsrecht, wenn sich kein Grundlohn ermitteln ließ. Bei Ersatzkassen galt generell Satzungsrecht; sie durften auf Grund der Ermächtigung in Art 2 § 4 Abs 2 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. Dezember 1935 die Beiträge ihrer nicht versicherungspflichtigen Mitglieder ohne Bindung an § 180 Abs 4 RVO regeln (vgl zB BSG SozR 3-5428 § 4 Nr 1).

In der zu § 180 RVO ergangen Rechtsprechung ging es vornehmlich um die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen, wenn der Ehegatte nicht in der GKV versichert war (BSG SozR 2200 § 180 Nr 4; Großer Senat ≪GS≫ in BSGE 58, 183 = SozR 2200 § 180 Nr 27; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 1 und Nr 15; BSG SozR 3-5428 § 4 Nr 1). Doch wurde ausdrücklich auch eine Satzungsregelung gebilligt, bei der das Einkommen eines in der GKV versicherten (sogar pflichtversicherten) Ehegatten anzurechnen war (BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3).

Hinsichtlich der Grenze, bis zu der Ehegatten-Einkommen heranzuziehen war, ist damals die Auffassung vertreten worden, dass die Anrechnung bis zur (vollen) BBG zulässig oder sogar geboten sei (so auch der Vorlagebeschluss des 12. Senats vom 22. Juni 1983 zu der bereits erwähnten Entscheidung des GS vom 24. Juni 1985, BSGE 58, 183, dort aufgegriffen auf S 201 unter Hinweis darauf, dass die Grundlohnobergrenze ≪jetzt: BBG≫ erst für den dem freiwillig Versicherten zurechenbaren Anteil aus dem Erwerbseinkommen des anderen Ehegatten wirksam werden könne). In zwei weiteren Entscheidungen, in denen Betriebskrankenkassen Beklagte waren, wurden jedenfalls Einnahmen angerechnet, die über der Hälfte der damaligen BBG lagen (BSG SozR 2200 § 180 Nr 4; SozR 3-2500 § 240 Nr 1). Dies entsprach dem „Prinzip des halben Bruttoeinkommens”, wonach den freiwilligen Mitgliedern, die aus dem Verdienst ihres Ehegatten unterhalten wurden, in Anwendung des § 180 Abs 4 Satz 3 RVO grundsätzlich die Hälfte des Bruttoeinkommens des Ehegatten als beitragspflichtige Einnahme zugerechnet wurde (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 4).

Während die Zurechnung von Ehegatten-Einkommen zunächst nur bei einkommenslosen freiwilligen Mitgliedern zur Diskussion stand (vgl GS in BSGE 58, 183), hat die Rechtsprechung später eine Berücksichtigung des – höheren – Ehegatten-Einkommens auch dann gebilligt, wenn das freiwillige Mitglied eigene – geringere – Einnahmen erzielte (BSG SozR 3-5428 § 4 Nr 1; BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3). Das ist damit begründet worden, dass sich nicht erwerbstätige freiwillige Mitglieder mit geringeren Einnahmen von den Mitgliedern ohne eigene Einnahmen nicht grundsätzlich unterschieden, sodass auch bei jenen eine Heranziehung des Ehegatten-Einkommens aus Gleichheitsgründen geboten sei (BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3 S 7).

3) Für die Zeit ab 1. Januar 1989 (Inkrafttreten des SGB V) gilt nunmehr § 240 SGB V und damit für alle Kassen hinsichtlich der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder Satzungsrecht. Der 12. Senat des BSG hat auch unter Geltung des § 240 SGB V an der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen festgehalten (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 26, S 96 f). In der erstgenannten Entscheidung ist ohne Einschränkung auf die Hälfte des Ehegatten-Einkommens abgestellt worden, wobei der Anrechnungsbetrag in jenem Fall allerdings unter der halben BBG lag. Auf Klagen von Versicherten, die lediglich eine Herabsetzung ihrer Beiträge und keine Erhöhung einklagten, brauchte der 12. Senat nicht darüber zu entscheiden, ob die Kasse bei der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen die (volle) BBG ausschöpfen, also höhere Beiträge erheben musste. Er hat Satzungsregelungen gebilligt, in denen die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen auf die Hälfte der BBG begrenzt war und nunmehr offen gelassen, ob eine Heranziehung bis zur vollen BBG zulässig oder geboten wäre (BSG SozR 3-5428 § 4 Nr 1 S 3; zuletzt BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 36 S 36).

4) Die frühere Rechtsprechung des BSG (oben II, 1 bis 2) hat die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen bei einkommenslosen freiwilligen Mitgliedern nicht eingehend begründet, sie insbesondere nicht umfassend in das Beitragssystem der gesetzlichen Krankenversicherung eingeordnet. Für sie waren unter der weiten Fassung des § 313a RVO, die auf die „wirtschaftliche Lage” des freiwilligen Mitglieds abstellte, ferner unter der Geltung des § 180 Abs 4 RVO vielmehr vor allem wirtschaftliche und Billigkeitsgründe maßgebend. Bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen sollte das Mitglied nicht zu Mindestbeiträgen versichert sein (so BSG SozR 2200 § 180 Nr 4 S 10/11), die damals extrem niedrig waren. In der Entscheidung des GS ist die Bemessung der Beiträge freiwilliger Mitglieder ohne eigenes Einkommen nach dem Mindestgrundlohn „wegen der Folgen” für rechtsfehlerhaft bezeichnet worden, weil die Beitragsbemessung nach dem Mindestgrundlohn nicht nur zu groben Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppe der freiwillig versicherten Ehegatten führe, sondern auch die Beitragsgerechtigkeit vernachlässige, insbesondere das Prinzip der Abhängigkeit der Beitragshöhe von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vollständig aufgebe. Das Erwerbseinkommen des (nicht in der GKV versicherten) Ehegatten sei bei einkommenslosen Mitgliedern zwar keine sonstige Einnahme zu deren Lebensunterhalt iS von § 180 Abs 4 Satz 1 RVO, stelle jedoch wegen der eherechtlichen Beziehungen den entscheidenden Faktor für deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dar (BSGE 58, 183, 197, 201 = SozR 2200 § 180 Nr 27).

Die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen führt allerdings nicht nur – wie nach dieser Rechtsprechung berücksichtigt – zur Beseitigung gewisser Ungleichbehandlungen. Sie hat vielmehr, insbesondere bei einer Beschränkung auf Mitglieder, deren Ehegatte nicht in der GKV versichert ist, ihrerseits andere Gleichbehandlungsprobleme zur Folge, etwa gegenüber den Mitgliedern mit GKV-versichertem Ehegatten (vgl dazu unter III 4).

III. An der ständigen Rechtsprechung zur Anrechenbarkeit von Ehegatten-Einkommen ist auch unter Geltung des § 240 SGB V festzuhalten. Als der Gesetzgeber diese Regelung schuf, war die einschlägige Rechtsprechung bekannt und wurde nicht missbilligt. Dem Gesetzgeber muss auch bekannt gewesen sein, dass nicht nur die Satzungen der Ersatzkassen, sondern auch diejenigen anderer Kassen entsprechende Anrechnungsregelungen enthielten.

1) Schon dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber mit § 240 SGB V den Krankenkassen die Möglichkeit zur Anrechnung von Ehegatten-Einkommen erhalten und deren nähere Ausgestaltung der Autonomie der Krankenkassen überlassen wollte. § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V ist inhaltlich eine Ermächtigungsnorm. Sie erhält zwar eine Handlungsanweisung an die Krankenkassen, die Beitragsbemessung für die freiwillig Versicherten zu regeln, räumt ihnen insoweit also kein Ermessen ein, „ob” sie von dieser Regelungsbefugnis Gebrauch machen; sie überlässt es aber den Krankenkassen, in welcher Weise sie – in den Grenzen des Gesetzes – die Bemessung vornehmen. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen. Dafür sprechen auch die Gesetzesmaterialien zum Gesundheits-Reformgesetz vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477), in denen es heißt (BT-Drucks 200/88, S 225, zu § 249): „Die Vorschrift ermöglicht es allen Kassen, das Beitragsrecht für freiwillige Mitglieder autonom in der Satzung zu regeln. Dieses Recht hatten bisher nur die Ersatzkassen. Damit können sachgerechte Sonderregelungen insbesondere für Selbstständige und einkommenslose freiwillig versicherte Ehegatten getroffen werden.” Daraus ist im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung zu entnehmen, dass unter „einkommenslosen” freiwillig versicherten Ehegatten – wie schon bisher – diejenigen zu verstehen sind, die nicht (oder nur geringfügig) erwerbstätig sind und keine oder nur geringere eigene Einkünfte haben. Hat der Ehegatte eines solchen Mitglieds ein höheres Einkommen (Erwerbseinkommen), darf die Kasse dieses Einkommen – wie bisher – bei der Beitragsbemessung grundsätzlich heranziehen und dabei auch berücksichtigen, dass die Ehegatten, die im gemeinsamen Unterhaltsverband gleichwertige Leistungen erbringen, grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben, das ihnen zu gleichen Teilen zuzurechnen ist (vgl dazu neuerdings Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. Februar 2002 – 1 BvR 105/95, 559/95 und 457/96, FamRZ 2002, 527,).

Bei der näheren Ausgestaltung der Beitragsbemessung, insbesondere der Frage, ob und bei welchen Versicherten der vorgenannten Gruppe Ehegatten-Einkommen herangezogen werden soll, kann die Satzung mehrere Kriterien berücksichtigen, die zu einander in Widerstreit stehen, zB die Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl unter 2) und 4)), die Einordnung der Heranziehung von Ehegatten-Einkommen in das Beitragssystem des SGB V (vgl unter 3)), die Auswirkungen der Familienversicherung (vgl unter 5)). Führt die an einzelnen Kriterien ausgerichtete Beitragsbemessung im Vergleich zu den übrigen Satzungsregelungen der Krankenkasse zu Konflikten, insbesondere zu Gleichbehandlungsproblemen, muss die Autonomie der Krankenkasse zum Erlass sachgerechter Sonderregelungen zugleich als Kompetenz zur Konfliktlösung begriffen werden: Es ist in erster Linie Aufgabe der jeweiligen Satzung, für die sich aus der Berücksichtigung von Ehegatten-Einkommen ergebenden Konflikte sachgerechte Lösungen zu finden. Dabei ist es denkbar, dass verschiedene Kassen für gleiche Versichertengruppen unterschiedliche Regelungen treffen, die sämtlich mit höherrangigem Recht vereinbar und daher nicht zu beanstanden sind (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3 S 11 unter Bezugnahme auf BSGE 58, 183, 199 = SozR 2200 § 180 Nr 27). Die Aufsichtsbehörde kann die von der jeweiligen Krankenkasse getroffene Lösung nur auf ihre Vertretbarkeit in Bezug auf andere ihrer Satzungsregelungen prüfen und nur dann beanstanden, wenn die ihr zu Grunde liegenden Erwägungen nicht sachgerecht sind. Soweit sich aus entsprechenden Satzungsregelungen bei unterschiedlichen Kassen unterschiedliche Beitragsbelastungen ergeben, kann dem – bei heute weitgehend freier Kassenwahl – durch Wechsel der Krankenkasse begegnet werden (§§ 173 ff SGB V).

2) Dieser Auslegung des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V kann nicht entgegengehalten werden, aus § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V folge, dass eine Anrechnung von Ehegatten-Einkommen bei der von § 29 Abs 8 Nr 4 (2) der Satzung betroffenen Gruppe zwingend und uneingeschränkt geboten sei. Für eine solche Verpflichtung bieten bereits die oben genannten Gesetzesmaterialien keinen Anhalt; vielmehr spricht die Ermächtigung zum Erlass sachgerechter Sonderregelungen eher dafür, dass dem Satzungsgeber auch insoweit ein Gestaltungsspielraum verbleiben sollte. Nach § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V ist zwar (in der Satzung) sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist jedoch nicht stets und allein ausschlaggebend; ihre Berücksichtigung kann vielmehr aus anderen, insbesondere systematischen und/oder aus Gleichbehandlungserwägungen zurückgedrängt werden. Zum Beispiel darf die Satzung der Klägerin von der Heranziehung des Ehegatten-Einkommens dann absehen, wenn die eigenen Einnahmen des freiwilligen Mitglieds höher sind als die des Ehegatten (auch wenn sie unterhalb der halben BBG liegen). Dies ist aus systematischen Gründen gerechtfertigt, weil in diesen Fällen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds nicht von der des Ehegatten geprägt bzw wesentlich mitgeprägt wird. Auch darf die Satzung diejenigen freiwilligen Mitglieder, die mehr als geringfügig beschäftigt oder selbstständig tätig sind (zB Beamte, Selbstständige), von der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen freistellen, selbst wenn sie – wie jedenfalls ein Teil der hier betroffenen Gruppe – geringere Einnahmen bis zur halben BBG haben. Denn sie stehen wegen ihrer – wenn auch versicherungsfreien – Erwerbstätigkeit der Gruppe der versicherungspflichtig Erwerbstätigen so nahe, dass sie dieser Gruppe, für die von Gesetzes wegen kein Ehegatten-Einkommen zuzurechnen ist, in der Satzung ohne Bedenken aus Art 3 Abs 1 GG gleichgestellt werden dürfen (BSG SozR 3-5428 § 4 Nr 1, S 6; teilweise abweichend BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3).

3) Unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und im Hinblick auf § 223 Abs 3 SGB V wäre es zwar, wenn Ehegatten-Einkommen bei der hier betroffenen Gruppe des § 29 Abs 8 Nr 4 (2) der Satzung herangezogen werden soll und darf, an sich folgerichtig, der Beitragsbemessung die Hälfte des Ehegatten-Einkommens bzw – bei eigenen Einnahmen des freiwilligen Mitglieds – die Hälfte des Einkommens beider Ehegatten uneingeschränkt, also bis zur vollen BBG zu Grunde zu legen. Denn bei der Ermittlung der dem freiwilligen Mitglied zuzurechnenden Einnahmen (hier: aus dem Ehegatten-Einkommen) sind grundsätzlich alle Einnahmen – auch diejenigen oberhalb der BBG – heranzuziehen, wobei diese Einnahmen – wie sich aus § 223 Abs 3 SGB V ergibt – erst in einem zweiten Schritt auf die BBG reduziert werden; die BBG kann grundsätzlich erst für den dem freiwilligen Mitglied zurechenbaren Anteil aus dem Einkommen des anderen Ehegatten wirksam werden.

Andererseits könnte nach der in § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V erteilten Ermächtigung, die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch eigenständiges Satzungsrecht zu bestimmen, aber auch eine Satzungsregelung erwogen werden, die eine Berücksichtigung von Ehegatten-Einkommen nicht vorsieht und damit ausschließt. Dafür könnte sprechen, dass die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen im Beitragssystem der GKV eine gewisse Ausnahme von dem Grundsatz bildet, dass nur eigene Einnahmen des Mitglieds beitragspflichtig sind (vgl BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 – B 12 KR 31/00 R –, SozR 3-2500 § 240 Nr 38; vgl auch BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – B 12 KR 1/00 R – in SozR 3-2500 § 240 Nr 34, S 158). Die Kasse könnte für einen solchen Ausschluss geltend machen, sie berücksichtige – wie bei anderen freiwillig Versicherten (und Pflichtversicherten) – nur die eigenen Einnahmen des Mitglieds, um auf diese Weise Gleichheitsprobleme gegenüber diesen Gruppen zu vermeiden. Wäre eine solche Lösung zulässig, dürfte eine Heranziehung des Ehegatten-Einkommens bis zur halben BBG jedenfalls nicht als zu niedrig beanstandet werden.

4) Wäre hingegen die Auffassung der Beklagten zutreffend, dass die zugerechnete Hälfte des Ehegatten-Einkommens unbegrenzt – bis zur vollen BBG – zu berücksichtigen ist, könnte diese Lösung unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht auf die hier betroffene Gruppe der freiwilligen Mitglieder beschränkt bleiben, deren Ehegatte privat versichert ist. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist unter sonst gleichen Voraussetzungen keine andere, wenn der Ehegatte in der GKV versichert ist. Die Satzung der Klägerin sieht eine Anrechnung von Ehegatten-Einkommen jedoch nur vor, wenn der Ehegatte nicht der GKV angehört. Insoweit hat die Beklagte die Satzung der Klägerin auch nicht beanstandet. Im Hinblick hierauf könnte die zur Prüfung stehende Satzungsregelung für die Mitglieder mit privat versichertem Ehegatten jedenfalls in geringerem Umfang dem Vorwurf einer Ungleichbehandlung ausgesetzt sein, als wenn bei ihnen zuzurechnendes Ehegatten-Einkommen bis zur vollen BBG zu berücksichtigen wäre.

5) Allerdings lassen sich für die unterschiedliche Behandlung von freiwilligen Mitgliedern mit privat versicherten Ehegatten einerseits und GKV-versicherten Ehegatten andererseits hinreichende sachliche Gründe anführen. So kann der Gedanke einer „verlängerten Familienversicherung” dafür sprechen, bei einem freiwilligen Mitglied, das zunächst beitragsfrei familienversichert war, weil sein Einkommen die Gesamteinkommensgrenze des § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V nicht überschritten hatte, das Ehegatten-Einkommen auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn es aus anderen Gründen – zB wegen höherer Einnahmen über der Gesamteinkommensgrenze – aus der Familienversicherung ausscheidet und sich in der GKV freiwillig versichert (vgl dazu BSG SozR 3-5428 § 4 Nr 1, S 6/7). Die Kasse erhält dann von beiden Ehegatten Beiträge. Diese Doppelbelastung der Familie dürfte der eigentliche Grund dafür gewesen sein, dass es für vertretbar angesehen worden ist, wenn für diese Mitglieder der Gesamtbeitragsaufwand der Familie für den Krankenversicherungsschutz ermäßigt wurde (BSG, aaO). Damit wird in diesen Fällen jedenfalls ein uU großer Beitragssprung vermieden, der sonst beim Übergang von der beitragsfreien Familienversicherung in die beitragspflichtige freiwillige Versicherung entstünde, wenn Ehegatten-Einkommen in vollem Umfang anzurechnen wäre.

Auch wenn entsprechende Erwägungen, die die Vernachlässigung des Ehegatten-Einkommens bei freiwilligen Mitgliedern mit GKV-versichertem Ehegatten rechtfertigen, bei Mitgliedern mit privat versichertem Ehegatten nicht greifen (weil bei ihnen keine Familienversicherung und damit auch keine verlängerte Familienversicherung in Betracht kommt), erscheint es gleichwohl unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten unbedenklich, wenn der Satzungsgeber insoweit einen gewissen Ausgleich sucht, indem er dann, wenn er einerseits das Einkommen des GKV-versicherten Ehegatten völlig außer Ansatz lässt, andererseits darauf verzichtet, das Einkommen des privat versicherten Ehegatten bis zur vollen BBG heranzuziehen. Eine Verpflichtung hierzu, auf die sich die Beklagte beruft, ist insoweit nicht gerechtfertigt; sie widerspräche vielmehr den Vorstellungen des Gesetzgebers, den Krankenkassen hinsichtlich der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen sachgerechte Sonderregelungen zu ermöglichen (vgl unter III 2). Deshalb erscheint es vertretbar, dass die Satzung bei Mitgliedern mit privat versichertem Ehegatten einerseits dem Ausschluss aus der gesetzlichen Familienversicherung Rechnung trägt, andererseits aber berücksichtigt, dass den Mitgliedern mit GKV-versicherten Ehegatten im Beitragsrecht eine familiäre Vergünstigung (Nichtanrechnung von Ehegatten-Einkommen) eingeräumt wird. Insofern beruht die von der Klägerin gewählte Begrenzung der Beitragsbemessung auf die halbe BBG auf sachgerechten Erwägungen.

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des BSG auch eine – gleichsam gegenteilige – Satzungsregelung für vertretbar gehalten worden, in der einem freiwilligen Mitglied Einkommen des Ehegatten auch dann zugerechnet wurde, wenn dieser GKV-versichert und sogar pflichtversichert war (BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3). Sie ist damit begründet worden, dass das Beitragsrecht eine Familienversicherung nicht mittelbar verlängere, vielmehr die Beitragsbemessung von der beendeten Familienversicherung zu trennen sei. Legt man diese Argumentation zu Grunde, könnte dies generell für eine Anrechnung von Ehegatten-Einkommen bis zur vollen BBG sprechen. Die Klägerin hat hier jedoch bei GKV-versicherten Ehegatten eine andere Regelung – Nichtanrechnung von Ehegatten-Einkommen – getroffen, sodass im Vergleich zu dieser Gruppe die Begrenzung der Beitragsbemessung auf die halbe BBG eher vertretbar erscheint.

6) Als bedenklich im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG kann die von der Aufsichtsbehörde geforderte Anrechnung von Ehegatten-Einkommen bis zur vollen BBG im Vergleich zu den übrigen Satzungsregelungen der Klägerin in den Fällen erscheinen, in denen der Ehegatte (Ehemann) Arbeitnehmer ist, wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht mehr versicherungspflichtig und entweder in der GKV freiwillig oder privat versichert ist.

a) Bei freiwilliger GKV-Versicherung des Arbeitnehmers ist sein einkommensloser Ehegatte (Ehefrau) beitragsfrei mitversichert. Der Arbeitnehmer zahlt – entsprechend seinem Einkommen – einen Höchstbeitrag, der rechnerisch pro Person einen halben Höchstbeitrag ergäbe, also hier der halben BBG entspräche. Der Arbeitnehmer erhält gemäß § 257 Abs 1 SGB V einen Beitragszuschuss seines Arbeitgebers in Höhe der Hälfte seines Beitrags, zahlt rechnerisch im Ergebnis also (für sich und die mitversicherte Ehefrau) nur einen halben Höchstbeitrag.

b) Scheidet in diesem Fall die familienversicherte einkommenslose Ehefrau wegen eigener Einnahmen aus der Familienversicherung aus und versichert sich freiwillig, zahlt sie nach der Satzung der Klägerin Beiträge nur aus den eigenen Einnahmen, wenigstens den gesetzlichen Mindestbeitrag. Der Arbeitnehmer erhält auch hier den Beitragszuschuss des Arbeitgebers. Das Ehepaar trägt wirtschaftlich gesehen also einen halben Höchstbeitrag und wenigstens einen Mindestbeitrag.

c) Ist der Arbeitnehmer des oben genannten Falles hingegen privat versichert, so erhält er zwar ebenfalls den Beitragszuschuss des Arbeitgebers (§ 257 Abs 2 SGB V) und wird insoweit wie der freiwillig GKV-Versicherte behandelt. Seine freiwillig GKV-versicherte einkommenslose Ehefrau hätte demgegenüber, wenn der Beklagten zu folgen wäre, wegen der Anrechnung des Ehegatten-Einkommens – bei entsprechend hohen Einkünften des Ehemannes – Beiträge bis zur vollen BBG, also bis zum Höchstbeitrag, zu zahlen. Auch in diesem Fall muss es als unbedenklich gelten, wenn die Satzung im Hinblick auf die unter a) und b) getroffenen Regelungen einen sachgerechten Ausgleich sucht und das Einkommen des privat versicherten Ehemannes nur bis zur halben BBG heranzieht.

7) Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die von der Klägerin gewählte Beitragsbemessung nach der halben statt der vollen BBG hohe Ehegatten-Einkommen weitgehend (soweit sie die BBG bzw – nach Teilung – die halbe BBG überschreiten) von der Anrechnung freistellt und insofern Besserverdienende begünstigt. Das ist aber bei der Anwendung der BBG auf die eigenen Einnahmen eines GKV-Versicherten im Prinzip nicht anders; auch dabei werden hohe Einkommen von der Beitragserhebung freigestellt. Darf die Satzung aus den vorgenannten systematischen Gründen bei der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen nur an die halbe BBG anknüpfen bzw die dem freiwilligen Mitglied zugerechnete Hälfte des Ehegatten-Einkommens bzw Familien-Einkommens auf die halbe BBG beschränken, muss die damit verbundene Privilegierung Besserverdienender hingenommen werden. Die Privilegierung ist im Übrigen bei anderen versicherten Gruppen, insbesondere auch der Gruppe der freiwilligen Mitglieder mit GKV-versichertem Ehegatten, noch stärker, weil bei ihnen die Anrechnung von Ehegatten-Einkommen nicht nur hinsichtlich des die halbe BBG übersteigenden Betrages, sondern völlig entfällt.

8) Nach allem geht der Senat davon aus, dass die von der Beklagten geforderte Anrechnung von Ehegatten-Einkommen bis zur vollen BBG bei den in § 29 Abs 8 Nr 4 (2) der Satzung erfassten Mitgliedern nicht nach § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V geboten ist; die vorgesehene Begrenzung der dem freiwilligen Mitglied zugerechneten Hälfte des Ehegatten-Einkommens bzw des Familieneinkommens auf die halbe BBG beruht vielmehr auf sachgerechten Erwägungen, weil sie vermeidet, dass die allein betroffene Gruppe, bei der Ehegatten-Einkommen angerechnet wird, hinsichtlich der Beitragsbemessung völlig anders behandelt wird als andere Versichertengruppen der Klägerin, insbesondere die ihr am ehesten vergleichbare Gruppe der freiwilligen Mitglieder mit GKV-versichertem Ehegatten.

C. Soweit der Klägerin mit dem zweiten Verfügungssatz der Aufsichtsanordnung untersagt worden ist, bei dem von § 29 Abs 8 Nr 4 ihrer Satzung betroffenen Personenkreis bei der Anrechnung von Ehegatten-Einkommen Kinderfreibeträge auch für familienversicherte Kinder abzusetzen, ist diese Verfügung bereits vom SG zu Recht als rechtswidrig angesehen und aufgehoben worden. Die Satzungsregelung sieht insoweit vor, dass das aus dem etwaigen Einkommen des Mitglieds und dem Einkommen seines Ehegatten zu ermittelnde Familieneinkommen für jedes unterhaltsberechtigte Kind um ein Sechstel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV), vermindert um etwaige Einnahmen des Kindes, zu kürzen ist, also auch dann, wenn für das unterhaltsbedürftige Kind eine beitragsfreie Familienversicherung nach § 10 SGB V besteht.

Auch dies hält der erkennende Senat – in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des 12. Senats (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 15 und Nr 26) – wegen der Unterhaltsberechtigung auch dieser Kinder für rechtmäßig.

Die Frage, ob und in welchem Umfang die finanziellen Belastungen des Familieneinkommens durch Kinder bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind, war schon Gegenstand der Entscheidung des GS vom 24. Juni 1985 (BSGE 58, 183, 201 ff = SozR 2200 § 180 Nr 27). Der GS hat zu dem damals noch geltenden § 180 Abs 4 RVO entschieden, dass eine Krankenkasse rechtswidrig handelt, wenn sie bei Vorhandensein von nicht beitragsfrei mitversicherten Kindern den Grundlohn des freiwillig Versicherten nach der Hälfte der Bruttoeinkünfte des alleinverdienenden Ehegatten bestimme, ohne die Belastungen durch Unterhalt für gemeinsame Kinder zu berücksichtigen. Im genannten Beschluss ist zwar nicht ausdrücklich entschieden worden, dass für Kinder, für die ein Familienhilfeanspruch bestand, kein beitragsmindernder Abzug vom Ehegatten-Einkommen bzw Familieneinkommen vorgenommen zu werden brauchte; er hat dies aber erkennbar vorausgesetzt. In der Entscheidung BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 15 hat der 12. Senat sodann entschieden, dass die Krankenkasse dementsprechend nicht verpflichtet ist, auch familienversicherte Kinder bei der Beitragsbemessung nach dem halben Ehegatten-Einkommen zu berücksichtigen und solches auch nicht nach Art 6 GG geboten ist. Eine Aussage dahin, dass die Berücksichtigung auch von familienversicherten Kindern – wie sie die Klägerin in ihrer Satzung vornimmt – generell rechtswidrig sei, trifft die Entscheidung entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht (ebenso Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, K § 240 RdNr 69). In seiner letzten einschlägigen Entscheidung vom 17. Mai 2001 (SozR 3-2500 § 240 Nr 36) geht der 12. Senat vielmehr davon aus, dass eine Kürzung des Ehegatten-Einkommens bzw des Familieneinkommens um Belastungen durch unterhaltsbedürftige Kinder auch dann zulässig ist, wenn sie beitragsfrei bei dem freiwilligen Mitglied mitversichert sind.

Dem folgt der erkennende 7. Senat, weil auch diese Kinder unterhaltsberechtigt sind. Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass die beitragsfreie Familienversicherung von Kindern von erheblichen finanziellen Auswirkungen für die Familie insgesamt sein kann (vgl zu den jeweiligen Beitragsbelastungen BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 – B 12 KR 8/00 R – SozR 3-2500 § 10 Nr 21). Andererseits erschöpft sich der Unterhaltsbedarf von Kindern nicht in den Kosten für ihre Krankenversicherung, sondern geht regelmäßig darüber hinaus. Deshalb kann die Kasse die Höhe des Kürzungsbetrags auch am Unterhaltsbedarf eines Kindes ausrichten. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch freiwillige Mitglieder mit Kindern gegenüber pflichtversicherten Mitgliedern bevorzugt würden. Dass letztere nicht die Möglichkeit haben, ihre Unterhaltsbelastungen durch Kinder über ihre Krankenversicherungsbeiträge weiter herabzusetzen, ist Folge der gesetzlichen Regelung, dass bei Pflichtversicherten von vornherein kein Ehegatten-Einkommen zugerechnet wird und folglich auch kein Bedürfnis besteht, zugerechnetes Ehegatten-Einkommen um Unterhaltsaufwand für Kinder zu mindern.

Andererseits kann sich die Krankenkasse bei der Bemessung des Kürzungsbetrags – hier ein Sechstel der Bezugsgröße – auch davon leiten lassen, dass dieser Wert – jedenfalls bis 1988 – auch den fiktiven Mindestgrundlohn für die Bemessung der Mindestbeiträge freiwilliger Mitglieder bestimmte (vgl § 180 Abs 4 Satz 1 RVO). Eine solche Verbindung der beiden Werte lag insbesondere dann nahe, wenn Kinder wegen des höheren Einkommens ihres privat versicherten Elternteils von der beitragsfreien Familienversicherung bei ihrem GKV-versicherten Elternteil ausgeschlossen waren. Musste damit im Wesentlichen der privat versicherte Elternteil für den Krankenversicherungsschutz der Kinder aufkommen, so drängte es sich auf, von seinem Einkommen bzw von dem Familieneinkommen – bevor es seinem freiwillig versicherten Ehegatten bei dessen Beitragsbemessung zur Hälfte zugerechnet wurde – vorab Einnahmen in der Höhe abzuziehen, wie sie der Mindestbeitragsbemessung der Kinder zu Grunde gelegt wurden. Da seit dem 1. Januar 1989 die monatliche Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von einem Sechstel auf ein Drittel der Bezugsgröße angehoben und damit verdoppelt worden ist (vgl § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V im Vergleich zu § 180 Abs 4 Satz 1 RVO), hat der 12. Senat es zu Recht für erforderlich gehalten, zur Wiederherstellung der ursprünglichen Übereinstimmung der Werte den Kürzungsbetrag für jedes Kind, das nach § 10 Abs 3 SGB V von der Familienversicherung ausgeschlossen ist, auf ein Drittel der Bezugsgröße anzuheben oder eine vergleichbar kinderfreundliche andere Regelung zu finden, und zwar spätestens bis zum 31. Dezember 2001 (vgl Urteil vom 17. Mai 2001, SozR 3-2500 § 240 Nr 36).

Eine entsprechende Anhebung bzw Erhöhung des Kürzungsbetrages ist für Kinder, die beitragsfrei familienversichert sind, hingegen nicht geboten. Soweit sie – wie hier bei der Klägerin – bei der Kürzung des Ehegatten-Einkommens bzw Familieneinkommens berücksichtigt werden, kann davon ausgegangen werden, dass der Bemessung des Kürzungsbetrags (in Höhe von einem Sechstel der Bezugsgröße) der Unterhaltsbedarf der Kinder zu Grunde gelegen hat. Die Frage, ob auch der Unterhaltsbedarf von Kindern, der bei der Bemessung der Einkommensteuer berücksichtigt wird, höher als bisher anzusetzen ist und deshalb der Kürzungsbetrag für beitragsfrei mitversicherte Kinder ebenfalls angehoben werden müsste, hat der Senat nicht zu entscheiden. Das gilt auch für die Frage, ob die Klägerin überhaupt hinsichtlich der Höhe der Kürzungsbeträge zwischen beiden Gruppen von Kindern zu unterscheiden hat. Auch insoweit ist ihr jedenfalls im Rahmen des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V Satzungsautonomie eingeräumt.

D. Ist mithin die Aufsichtsanordnung der Beklagten sowohl in ihrem ersten als auch in ihrem zweiten Verfügungssatz rechtswidrig, muss dies notwendig auch für den dritten Verfügungssatz gelten, wonach Bescheide der Klägerin, die den Verfügungssätzen 1 und 2 entgegenstehen, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben sind.

E. Nach allem war die Aufsichtsanordnung der Beklagten insgesamt aufzuheben, der Gerichtsbescheid des SG Hamburg entsprechend zu ändern und die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 geltenden Fassung. § 197a SGG idF des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl I 2144) findet keine Anwendung (BSG Urteil vom 30. Januar 2002 – B 6 KA 12/01 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Fundstellen

Haufe-Index 770917

BSGE 89, 213

BSGE, 213

FA 2002, 363

NZS 2003, 317

SozR 3-2500 § 240, Nr. 42

RdW 2002, 505

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