Die Kehrseite der eingangs genannten Steigerung bei Kosteneffizienz, Steigerung der Produktivität/Erreichbarkeit und Mitarbeiterzufriedenheit liegt in der potenziell ständigen Erreichbarkeit der Mitarbeiter ("always online").

Die Verwendung privater Geräte für berufliche Aufgaben erhöht die Gefahr, dass Arbeitnehmer auch während ihrer Ruhezeit, der Pausen oder des Urlaubs absichtlich oder unabsichtlich mit Arbeitsinhalten und Arbeitsaufforderungen in Berührung kommen. Hierdurch kann sich das Risiko von Verstößen gegen das Arbeitsschutzgesetz erhöhen, vgl. hierzu §§ 3, 4, 5 und 9 ArbZG. Unklare Anweisungen zur Erreichbarkeit könnten als Rufbereitschaft ausgelegt werden, die nach tatsächlicher Arbeitsaufnahme – und nur dann – als Arbeitszeit gilt.[1]

 
Hinweis

Ruhezeit

Die Ruhezeit wird nicht schon allein dadurch unterbrochen, dass Mitarbeiter passiv erreichbar sind, ohne dass sie tatsächlich Tätigwerden.

Denkbar ist daneben auch die Begründung einer Vergütungspflicht (§ 612 BGB).

Zur Vermeidung dieser Risiken dürfte es arbeitgeberseits nicht ausreichen, Benutzer von BYOD pauschal auf die Regelungen im Arbeitszeitgesetz hinzuweisen und Regelungen zur (Nicht-)Arbeit außerhalb der Arbeitszeit aufzustellen. Vielmehr muss die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (besonders hier) zusätzlich aktiv kontrolliert werden. Etwa, indem ein Tätigwerden während der Ruhe- oder Pausenzeiten unmittelbar angesprochen und das Verbot bekräftigt wird. Anderenfalls könnte die Duldung und Untätigkeit Unternehmen als Genehmigung zugerechnet werden. Ob für Unterbrechungen der Ruhezeit eine Bagatellgrenze existiert, ist zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt, dürfte jedoch zu vereinen sein.[2] Das bedeutet, dass auch kurze vermeintlich unbedeutende Arbeitseinsätze (z. B. Reaktion auf E-Mail, Annahme eines Anrufs) als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG zu werten sein dürften.

In diesem Zusammenhang ist auch an § 16 Abs. 2 ArbzG zu erinnern: Arbeitgeber sind hiernach verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Abs. 1 ArbzG hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen. Dieses Gebot greift auch bei der Verwendung von BYOD, also beispielsweise bei Bearbeitung und Versand einer E-Mail vom privaten Gerät nach der werktäglichen Arbeitszeit.

 

Gesetzesentwurf Arbeitszeiterfassung

Derzeit wird der Referentenentwurf zum Arbeitszeitgesetz diskutiert. Hierin werden weiterreichende Erfassungspflichten festgeschrieben werden, etwa die Erfassung am selben Tag.

 

Compliance

Sollen bei Compliance-Maßnahmen Mitarbeiteraktivitäten auf Verstöße gegen Rechtsvorschriften oder interne Regelungen geprüft werden, können beim BYOD-Modell Schwierigkeiten auftreten. Denn der Zugriff auf das private Gerät bzw. die berufliche Applikation kann je nach technischer Gestaltung (Fernzugriff ja oder nein) tatsächlich und auch rechtlich eingeschränkt sein. Ein Anspruch auf Herausgabe des Geräts kommt je nach Einzelfall in Betracht, insbesondere wenn dieser Anspruch und seine genauen Voraussetzungen vertraglich im Voraus vereinbart wurden. Derartige Vereinbarungen sind zu empfehlen, auch wenn der praktische Nutzen bei beharrlicher Weigerung der Herausgabe begrenzt sein dürfte, da bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung und tatsächlichen Vollstreckung ggf. Jahre vergehen könnten.

[1] Zöll/Kielkowski, BB 2012, S. 2625, 2628.
[2] Greiner/Kalle, NZA 2023, S. 547 ff.; MHdB ArbR, § 183 Ruhezeit und Ruhepausen, Rz. 3.

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