Leitsatz (amtlich)

Zur Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eines Formularvertrages über die Ausbildung zum Tänzer, Musicaldarsteller und Tanzlehrer, der eine Laufzeit von zwei Jahren und ein Kündigungsrecht nur während der dreimonatigen Probezeit vorsieht.

 

Normenkette

BGB §§ 620-621; AGBG §§ 9, 11 Nr. 12a, § 6 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 12.11.1991)

LG Stuttgart (Urteil vom 18.04.1991)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. November 1991 geändert.

Die Berufung gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 18. April 1991 wird auf Kosten der Klägerin insgesamt zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Berufsfachschule für Tanz und Musical-Gesang in der Rechtsform der GmbH. Sie veranstaltet Kurse, die auf zwei Schuljahre angelegt sind. Mit der anschließenden Abschlußprüfung wird der Titel „Staatlich geprüfter Tänzer/in und Übungsleiter für Jazz Dance, Step Tanz und Musical-Gesang” erworben. Der Beklagte schloß nach bestandener Aufnahmeprüfung am 10. Mai 1989 formularmäßig eine „Vereinbarung zur Musical- und Tanzausbildung” mit der Klägerin ab, die u.a. folgende Bestimmungen enthält:

1. Die Ausbildung beginnt am 1. September 1989 um 11.00 Uhr.

2. Die Ausbildung dauert zwei Jahre, sie erfolgt nach vorgegebenem Stundenplan und schließt mit einer schulinternen Diplomprüfung ab.

3. Die monatlichen Studiengebühren betragen DM 450 und ab 1990 DM 500. Sie sind 12 mal pro Jahr zu Beginn des Monats zu leisten.

6. Ein Rücktritt vom Vertrag ist für beide Vertragspartner nur in den ersten drei Monaten möglich.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1990 kündigte der Beklagte den Ausbildungsvertrag zum 31. August 1990. Er hat die Kursgebühren ab September 1990 nicht mehr bezahlt und eine Tanz- und Gesangsausbildung an einer anderen Schule begonnen. Die Klägerin hat der Kündigung unter Hinweis auf die bindende Laufzeit des Ausbildungsvertrages mit Schreiben vom 25. Mai 1990 widersprochen. Mit ihrer Klage verlangt sie die Kursgebühren für das zweite Ausbildungsjahr in Höhe von 6.000 DM nebst Zinsen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die vereinbarte bindende Laufzeit sei notwendig. Das staatlich anerkannte Ausbildungsprogramm sei in kürzerer Zeit nicht zu absolvieren. Aus wirtschaftlichen Gründen sei sie auf langfristige Verträge angewiesen, um hinsichtlich ihrer Aufwendungen für die Einstellung von Lehrern und die Anmietung von Räumlichkeiten eine sichere Kalkulationsgrundlage zu haben. Aufgrund der Aufnahmeprüfung und der dreimonatigen Probezeit sei sichergestellt, daß sich die Schüler vor einer endgültigen Bindung über das Unterrichtsangebot informieren und prüfen könnten, ob es ihren Neigungen und Fähigkeiten entspricht.

Der Beklagte hat geltend gemacht, im Unterrichtsprogramm der Klägerin stehe die Tanzausbildung im Vordergrund. Er habe aber erst in der zweiten Hälfte des ersten Unterrichtsjahres erkannt, daß für sein Berufsziel eine Ausbildung erforderlich sei, deren Schwerpunkt neben dem Tanz in gleicher Weise auf den Gebieten des Gesangs und Schauspiels liege. Dies sei ihm nur an einer anderen Schule geboten worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr bis auf einen Teil der begehrten Zinsen stattgegeben. Mit der – zugelassenen – Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht – sein Urteil ist veröffentlicht in NJW-RR 1992, 308 und VuR 1992, 241 mit Anm. Heidemann-Peuser a.a.O. S. 248 f – hat ausgeführt:

Die Kündigung des Beklagten vom 18. Mai 1990 habe den Unterrichtsvertrag nicht aufgelöst. Ein Kündigungsrecht stehe dem Beklagten wegen der bestimmten Dauer des Ausbildungsverhältnisses weder nach §§ 620 Abs. 2, 621 BGB noch nach § 627 BGB zu. Es bestehe auch kein Grund zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB. Schließlich halte die aufgrund der vorformulierten Vertragsbedingungen der Klägerin auf zwei Jahre festgelegte Laufzeit einer Überprüfung nach den Vorschriften des AGB-Gesetzes stand. Das Klauselverbot des § 11 Nr. 12 a AGBG greife nicht ein. Es bestehe auch keine unangemessene Benachteiligung des Beklagten nach § 9 AGBG. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der Laufzeit von Direktunterrichtsverträgen sei, daß eine längerfristige Bindung dann nicht rechtsmißbräuchlich sei, wenn der Kursteilnehmer vor der Bindung ausreichend Gelegenheit zur Information habe. Dies sei vorliegend der Fall, weil die Klägerin Aufnahmeprüfungen durchführe, in einer Broschüre über ihr Unterrichtsangebot informiere und der Schüler noch innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Ausbildung ohne nähere Begründung vom Vertrag zurücktreten könne. Pädagogisches Ziel der Ausbildung und das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sicherung ihrer Kalkulationsgrundlagen rechtfertigten unter diesen Umständen die bindende Restlaufzeit ohne weitere Kündigungsmöglichkeit. Die erfolgreiche Ausbildung setze eine längerfristige Teilnahme am Unterricht voraus, das am Abschluß orientierte Ausbildungsprogramm nehme einen Zeitraum von zwei Jahren in Anspruch. Schließlich sei die Klägerin für ihre Ertrags- und Kostenkalkulation auf eine langfristige Bindung der Schüler angewiesen.

II. Die dagegen gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg. Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Kursgebühren für das zweite Ausblldungsjahr steht der Klägerin nicht zu, weil der Vertrag vom 10. Mai 1989, den das Berufungsgericht zutreffend als Dienstvertrag würdigt, durch die zum Schluß des ersten Ausbildungsjahres (31. August 1990) erfolgte Kündigung des Beklagten aufgelöst wurde. Die Kündigung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wirksam.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings ein Kündigungsrecht des Beklagten gemäß § 627 BGB und § 626 BGB verneint.

a) Die Voraussetzungen der jederzeitigen Kündigung gemäß § 627 BGB liegen, wie auch die Revision nicht bezweifelt, nicht vor. Sie ist nur zulässig, wenn der Verpflichtete nicht in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht. Ein dauerndes Dienstverhältnis ist nicht nur ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes, sondern auch ein befristetes, sofern es nur auf bestimmte, längere Zeit abgeschlossen ist. Bei einem auf zwei Jahre angelegten Ausbildungsvertrag ist das der Fall (BGHZ 90, 280, 282 = NJW 1984, 1531 m. Anm. Heinbuch; BGH, Urteil vom 28. Februar 1985 – IX ZR 92/84 = NJW 1985, 2585 unter 2; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 627 Rdnr. 11). Es waren auch feste Bezüge vereinbart. Die Studiengebühren waren in monatlichen, von vornherein festgelegten Beträgen zu entrichten.

b) Dem Beklagten stand auch kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB zu. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kündigte er den Ausbildungsvertrag, weil er sich von der Ausbildung an einer anderen Schule bessere Berufschancen versprach. Inhalt und Schwerpunkte des von der Klägerin angebotenen Unterrichtsstoffes waren ihm bekannt. Von der Klägerin zu vertretende Umstände, die die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für ihn unzumutbar gemacht hätten, sind danach nicht festgestellt und auch nicht erkennbar.

2. Das Kündigungsschreiben des Beklagten vom 18. Mai 1990 hat das Ausbildungsverhältnis aber wirksam zum 31. August 1990 aufgelöst, weil der Beklagte ein Recht zur ordentlichen Kündigung jedenfalls zum Ende des ersten Schuljahres hatte. Die Vertragsbestimmungen der Klägerin schließen zwar die ordentliche Kündigung nach Ablauf der in Nr. 6 vorgesehenen Dreimonatsfrist bis zum Ende der Ausbildung aus. Diese – formularmäßige – Regelung hält jedoch der – nicht durch § 8 AGBG ausgeschlossenen (vgl. dazu unten b cc) – Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz nicht stand.

a) Allerdings greift das Klauselverbot des § 11 Nr. 12 a AGBG nicht ein. Auch durch den Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung in Nr. 6 des Vertrages tritt keine den Beklagten länger als zwei Jahre bindende Vertragslaufzeit ein, wovon auch das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeht.

aa) Nicht erwogen hat es zwar, ob die nach dieser Bestimmung höchstens zulässige bindende Laufzeit überschritten sein könnte, weil bei ihrer Berechnung die Zeitspanne zwischen Vertragsabschluß – hier am 10. Mai 1989 – und dem vertraglich festgelegten Leistungsbeginn – hier am 1. September 1989 – miteinzubeziehen ist. Auf diese in Rechtsprechung und Schrifttum streitige Frage (für eine Einbeziehung der zwischen Vertragsabschluß und Leistungsbeginn liegenden Zeitspanne z.B. OLG Hamm in Bunte, Entscheidungssammlung zum AGBG Bd. V Nr. 76 zu § 11 Nr. 12; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 6. Aufl. Rdnr. 9; Münch-Komm/Kötz, BGB, 2. Aufl., Rdnr. 136; Erman/Hefermehl, BGB, 12. Aufl. Rdnr. 4 jeweils zu § 11 Nr. 12 AGBG; dagegen u.a.: KG NJW-RR 1989, 1075; OLG München NOW-RR 1990, 1016; Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl. Rdnr. 78; Graf v. Westphalen in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner, GroßKomm. z. AGBG, 2. Aufl. Rdnr. 20; Wolf in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 2. Aufl. Rdnr. 10 jeweils zu § 11 Nr. 12 AGBG; Heinbuch in Gilles/Heinbuch/Gounalakis, Handbuch des Unterrichtsrechts, Rdnr. 276) kommt es vorliegend jedoch nicht an. Bezieht man den Zeitraum zwischen Vertragsschluß und Leistungsbeginn ein, ergibt sich zwar eine mehr als zweijährige Vertragsdauer, jedoch wegen des in Nr. 6 des Vertrages geregelten Rücktrittsrechts während der ersten drei Monate keine entsprechend lange Bindung des Beklagten i.S. von § 11 Nr. 12 a AGBG.

bb) Daß diese „Rücktritts” möglichkeit – der Sache nach hier ein Recht zur ordentlichen Kündigung – die bindende Laufzeit nicht berührt, macht die Revision unter Berufung auf Hensen a.a.O. ohne Erfolg geltend. Diese Auffassung findet weder im Wortlaut („bindende Laufzeit”) noch im Zweck der Bestimmung eine Stütze. Der Gesetzgeber wollte verhindern, daß eine feste Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeit über die höchstens zulässige Bindungsfrist hinaus vereinbart wird (amtliche Begründung des Regierungsentwurfes BT-Drucks. 7/3919, S. 37; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422, S. 9). Daraus folgt, daß eine den Klauselgegner bindende Laufzeit nicht vorliegt, wenn und solange er die Möglichkeit der Vertragskündigung hat (MünchKomm/Kötz a.a.O.; Wolf a.a.O.; Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 11 Nr. 12 AGBG Rdnr. 17; Graf v. Westphalen a.a.O.; Heinbuch a.a.O. Rdnr. 275).

cc) Die Dreimonatsfrist gemäß Nr. 6 des Vertrages begann auch nicht – wie die Revision meint – schon mit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Zwar ergäbe sich dann nach dem letztmöglichen Kündigungszeitpunkt noch eine mehr als zweijährige bindende Restlaufzeit. Dies würde aber dem Sinn der Klausel über die Dreimonatsfrist, innerhalb derer beiden Vertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung zusteht, widersprechen. Das Berufungsgericht hat sich mit der Auslegung dieser Klausel nicht ausdrücklich befaßt. Es geht aber in anderem Zusammenhang davon aus, daß hiermit eine Probezeit vereinbart war. Dies entspricht sowohl dem beiderseitigen Parteivorbringen als auch der Schul- und Prüfungsordnung der Klägerin, die ausdrücklich eine Probezeit vorsieht. Daraus folgt, daß die Dreimonatssfrist gemäß Nr. 6 des Formularvertrages nicht vor Unterrichtsbeginn zu laufen beginnt.

dd) Bis zum Ende der Probezeit lag somit keine bindende Laufzeit, danach eine solche von 21 Monaten vor.

b) Auch wenn damit die zweijährige Bindungsfrist des § 11 Nr. 12 a AGBG nicht erreicht wird, ist eine Kontrolle des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit und der sich daraus ergebenden bindenden Restlaufzeit des Vertrages am Maßstab des § 9 AGBG möglich, weil der Gesetzgeber in § 11 Nr. 12 a AGBG nur Höchstfristen festlegen wollte, deren Überschreitung die Klausel stets unwirksam macht (BGHZ 90, 280, 283 f; 100, 373, 375 f).

aa) Anders als in dem der letztgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Fall ist dabei der Regelung des § 11 Nr. 12 a AGBG für den hier zu beurteilenden Unterrichtsvertrag keine Indizwirkung dahingehend zu entnehmen, daß im „Regelfall” eine unkündbare Vertragslaufzeit bis zu zwei Jahren nicht unangemessen im Sinne des § 9 AGBG ist. Zwar hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 11 Nr. 12 a AGBG nicht nur die Zeitungs- und Zeitschriftenabonnementsverträge (BGHZ 100, 373), sondern auch die Direktunterrichtsverträge vor Augen. Beide Vertragstypen werden in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich erwähnt (z.B. amtliche Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 7/3919 S. 37). Andererseits unterscheiden sich die Direktunterrichtsverträge von Zeitschriften- und Zeitungsabonnements schon durch die normalerweise deutlich höheren Kosten für die Kunden. Vor allem aber weisen sie hinsichtlich Art und Ziel des (Aus-)Bildungsangebots, der Intensität des Unterrichts und der damit verbundenen persönlichen und wirtschaftlichen Belastung der Teilnehmer wesentlich größere Unterschiede auf als Abonnementsverträge (vgl. dazu z.B. OLG Frankfurt NJW 1981, 2760; OLG Köln NJW 1983, 1002, 1003; Brandner in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 6. Aufl. Anh. §§ 9–11 Rdnr. 764; Heinbuch in: Gilles/Heinbuch/Gounalakis a.a.O., Rdnr. 8–9). Sie reichen von nur in größeren zeitlichen Abständen erteilten, der Freizeitgestaltung dienenden „Hobbykursen” bis zu längerfristigem Vollzeitunterricht zum Zwecke der Berufsausbildung, wie im vorliegenden Fall. Die Herausbildung und Bewertung eines „Normalfalles” und die Herstellung eines Regel-Ausnahmeverhältnisses ist daher bei Direktunterrichtsverträgen nicht möglich. Hier deutet die gesetzgeberische Wertentscheidung in § 11 Nr. 12 a AGBG, wonach selbst Unterrichtsverträge mit nur geringeren persönlichen und wirtschaftlichen Belastungen höchstens für zwei Jahre bindend abgeschlossen werden können, allenfalls darauf hin, daß bei Berufsausbildungsverträgen mit erheblichen wirtschaftlichen und persönlichen Anforderungen an die Teilnehmer nur entsprechend kürzere Laufzeiten angemessen sind.

bb) Im Schrifttum werden bindende Laufzeiten von jedenfalls mehr als einem Jahr bei Direktunterrichtsverträgen mit Vollzeitunterricht für regelmäßig unangemessen erachtet (Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 9 AGBG Rdnr. 134; Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 11 Nr. 12 AGBG Rdnr. 18). Zum Teil werden nur erheblich kürzere Laufzeiten in Anlehnung an den Rechtsgedanken von § 5 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG) vom 24. August 1976 (BGBl. I 2525) befürwortet (Brandner a.a.O. Rdnr. 764 b; Wolf a.a.O. § 9 Rdnr. U 6, § 11 Nr. 12 Rdnr. 13; Erman/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 11 Nr. 12 AGBG Rdnr. 5; Münch-Komm/Kötz a.a.O. § 11 AGBG Rdnr. 137). In der Rechtsprechung der Instanzgerichte sind bei Unterrichtsverträgen Bindungen von zwei Jahren bzw. 20 Monaten für unwirksam gehalten worden (OLG Frankfurt NJW 1981, 2760; OLG Karlsruhe NJW 1981, 1676 und MDR 1985, 57; OLG Köln NJW 1983, 1002; LG Berlin NJW-RR 1986, 989 und 1989, 764; LG Hamburg NJW-RR 1991, 373; LG München I NJW-RR 1992, 1208). Teilweise werden aber auch Laufzeiten von 20 bis 24 Monaten nicht beanstandet (OLG Hamm NJW 1982, 1053; LG Hamburg NJW 1986, 262; KG NJW-RR 1989, 1075; OLG München NJW-RR 1990, 1016). Der Bundesgerichtshof hat bei einem fremdsprachlichen Vollunterricht in Form der Tagesschule in der Bindung für ein Schuljahr keine unangemessene Benachteiligung gesehen (BGHZ 90, 280). Andererseits hat er bei einem Internatsvertrag ohne Probezeit ein ordentliches Kündigungsrecht im ersten Schuljahr für den Schluß des ersten Halbjahres für erforderlich gehalten (Urteil vom 28. Februar 1985 – IX ZR 92/84 = WM 1985, 780 = NJW 1985, 2586).

cc) Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG ist ein Indiz für die Unangemessenheit einer formularmäßigen Vertragsbestimmung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG deren Abweichung von wesentlichen Grundgedanken dispositiver Normen. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausdrückliche gesetzliche Vorschriften, die den gleichen oder einen vergleichbaren Sachverhalt regeln, nicht hat feststellen können.

§ 5 FernUSG, der eine unabdingbare Kündigungsmöglichkeit enthält, ist auf Direktunterichtsverträge der vorliegenden Art weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar; das gleiche gilt hinsichtlich der in § 15 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I 1112) vorgesehenen Kündigungsregelung (BGHZ 90, 280, 284 f und BGH, Urteil vom 28. Februar 1985 a.a.O. unter III 4 c cc).

Auch die monatliche Kündigungsmöglichkeit nach § 621 Nr. 3 BGB scheidet als Angemessenheitsmaßstab des dispositiven Rechts aus. Wie sich aus § 620 Abs. 2 BGB ergibt, ist § 621 BGB nur anwendbar, wenn die Dauer des Dienstverhältnisses weder bestimmt noch aus der Beschaffenheit oder dem Zweck der Dienste zu entnehmen ist. Hier liegt dagegen ein Dienstvertrag mit bestimmter Dauer vor. Nach § 2 des Vertrages dauert die Ausbildung zwei Jahre und endet mit der Abschlußprüfung. Die in Nr. 6 vorgesehene Möglichkeit zur Kündigung in den ersten drei Vertragsmonaten steht der Annahme eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverträges nicht entgegen. Die Kombination eines auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Dienstvertrages mit einem ordentlichen befristeten Kündigungsrecht ist nicht ungewöhnlich und zweifelsfrei zulässig (BAG AP HGB § 67 Nr. 1 und AP Internationales Privatrecht – Arbeitsrecht – Nr. 3; Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 620 Rdnr. 37; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl. Bd. I S. 529; Nikisch. Arbeitsrecht, 3. Aufl. 1. Bd. S. 665). Das Kündigungsrecht während der dreimonatigen Probezeit ändert nichts daran, daß das gesamte – in seinem anschließenden, weit überwiegenden Teil unkündbare – Dienstverhältnis auf bestimmte Dauer abgeschlossen ist. §§ 620 und 624 BGB gehen von der grundsätzlichen Wirksamkeit eines auf mehrere Jahre abgeschlossenen Dienstvertrages aus. Auch wenn die Inhaltskontrolle des vorliegenden Formularvertrages nach dem AGB-Gesetz dazu führen sollte, daß die Dauer der unkündbaren Laufzeit des Vertrages die Vertragsgegner der Klägerin unangemessen belastet, bleibt es dabei, daß der Vertrag zumindest nach der Beschaffenheit und dem Zweck der von der Klägerin geschuldeten Dienste auf bestimmte Zeit abgeschlossen wurde, denn im Anschluß an die Vermittlung des im Ausbildungsvertrag und in der Schul- und Prüfungsordnung der Klägerin im einzelnen aufgeführten, auf zwei Schuljahre verteilten Lehrstoffes sowie nach der anschließenden Abschlußprüfung sollte der Unterricht der Klägerin auf jeden Fall beendet sein (vgl. Staudinger/Neumann a.a.O. Rdnr. 6).

An § 620 Abs. 1 BGB, wonach ein Dienstvertrag, der für eine bestimmte Zeitdauer abgeschlossen wurde, erst mit deren Ablauf endet, kann die Klausel gleichfalls nicht gemessen werden. Diese Vorschrift ist hier nicht anwendbar. Ihre angesichts der Vielfalt der Dienst- und Arbeitsverhältnisse zu undifferenzierte Regelung ist durch Gesetzgebung und Rechtsprechung in weitem Umfang entsprechend der jeweiligen Interessenlage geändert und ergänzt worden. Neben der nur begrenzten Zulässigkeit befristeter Arbeitsverhältnisse und der für formularmäßige Dienstverträge geltenden Regelung des § 11 Nr. 12 a AGBG ist bereits vom BGB in § 624, aber auch in späteren Gesetzen, insbesondere dem schon erwähnten Fernunterrichtsschutzgesetz und dem Berufsbildungsgesetz ein Recht zur ordentlichen Kündigung trotz rechtsgeschäftlich festgelegter Vertragsdauer gewährt worden. Über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß die besondere Eigenart eines Dienstvertrages und die typischen Interessen der Beteiligten gem. §§ 242, 157 BGB dazu führen können, dem Dienstberechtigten ein Recht zur Kündigung des für eine bestimmte Zeit geschlossenen Vertrages zuzugestehen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1985 a.a.O. unter III 4 c aa und bb). In der Entscheidung wurde dies für einen Schul- und Internatsvertrag bejaht; für den hier zu beurteilenden Vertrag über die Ausbildung zum Tänzer, Musicaldarsteller und Tanzlehrer gilt das gleiche. Beiden Vertragstypen ist gemeinsam, daß ihre erfolgreiche Durchführung von bestimmten persönlichen Voraussetzungen der Schüler – jeweils junger Menschen – abhängt, daß sie eine Ausbildung zum Gegenstand haben, bei der neben reinen Dienstleistungen auch ein Ergebnis, nämlich der erfolgreiche Abschluß, wenigstens angestrebt wird, und daß dieser Erfolg bedeutsam für die weitere Lebensgestaltung der Schüler ist (vgl. dazu noch im folgenden unter dd). Dies erfordert bei längerfristigen Verträgen die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung vor Ablauf der vereinbarten bestimmten Vertragszeit. Der Notwendigkeit trägt auch die Klägerin in ihren vorformulierten Vertragsbedingungen mit dem Kündigungsrecht bis zum Ablauf der Probezeit Rechnung. Auch andere, der Klägerin vergleichbare Ausbildungsinstitute sehen ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Verträge ein Kündigungsrecht vor Ablauf der vereinbarten bestimmten Vertragszeit vor. Dies ist daher allgemein üblich und vertragstypisch.

dd) Zu prüfen bleibt somit, ob die Vertragspartner der Klägerin dadurch unangemessen benachteiligt werden (§ 9 Abs. 1 AGBG), daß ihnen dieses vertragstypische Recht zur ordentlichen Kündigung in den formularmäßigen Vertragsbedingungen nur in den ersten drei Ausbildungsmonaten gewährt, für die anschließende, weit überwiegende Laufzeit des Vertrages von 21 Monaten dagegen ausgeschlossen wird.

Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG), wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchsetzen will, ohne dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGHZ 90, 280, 284; BGH, Urteile vom 29. Februar 1984 – VIII ZR 350/82 = WM 1984, 663, 666 unter II 2 e bb und vom 13. Februar 1985 – VIII ZR 154/84 = WM 1985, 542, 543 unter II 1 c bb).

Im Rahmen der hierbei erforderlichen Interessenabwägung hat das Berufungsgericht mit Recht berücksichtigt, daß die von der Klägerin angebotene Ausbildung nur bei einer kontinuierlichen, längerfristigen Teilnahme der Schüler zu sinnvollen Ergebnissen führen kann, weil der Unterrichtsstoff und die beiden Ausbildungsstufen auf dem jeweils Vorhergehenden aufbauen. Dieser pädagogische Gesichtspunkt, auf dessen Einhaltung die Klägerin zur Wahrung ihres Rufes Wert legen muß, begründet ihr Interesse an einer längerfristigen Bindung der Kursteilnehmer ebenso wie der weitere, vom Berufungsgericht ebenfalls herangezogene wirtschaftliche Grund, daß die Klägerin zur Abhaltung der Kurse Lehrkräfte einstellen sowie Räume anmieten muß und deshalb auf eine gesicherte Kalkulationsgrundlage angewiesen ist.

Auf der anderen Seite besteht ein Interesse der Kursteilnehmer, sich auch während der 21-monatigen Restlaufzeit erforderlichenfalls vorzeitig vom Vertrag lösen zu können. Dies wird neben Veränderungen im persönlichen Bereich, die der weiteren Kursteilnahme entgegenstehen, vielfach darauf beruhen, daß sie den gewählten Unterricht für nicht mehr attraktiv oder sein Ziel für nicht mehr erstrebenswert halten, daß sie erkennen, hierfür nicht die erforderlichen Voraussetzungen – nach § 1 der Schul- und Prüfungsordnung „musische Begabung sowie körperliche Eignung für hartes Tanztraining” – zu besitzen oder daß sie sich in ihren Vorstellungen über die Lehrkräfte oder die Art des Unterrichts enttäuscht sehen. Andererseits erfordern die Kurse der Klägerin – ein auf 48–50 Wochenstunden angelegter Vollzeitunterricht, wozu noch Pflichtstunden in den Abendkursen sowie die Teilnahme an Unterrichtspraktika und „workshops” kommen (Nr. 4, 5 und 12 des Ausbildungsvertrages) – ständigen persönlichen Einsatz, Motivation und Leistungsbereitschaft der Schüler. Erkennen sie aber, daß ihre Entscheidung für die, Kurse der Klägerin falsch war, sind Sinn und Erfolg der weiteren Teilnahmt in Frage gestellt.

Dem hält das Berufungsgericht entgegen, daß die Klägerin gemäß §6 ihrer Schul- und Prüfungsordnung Aufnahmeprüfungen abhalte, um von vornherein ungeeignete Bewerber fernzuhalten, und daß den Schülern in der dreimonatigen. Probezeit, während der sie sich ohne Begründung jederzeit vom Vertrag lösen können, ausreichend Gelegenheit geboten werde, sich über ihre Neigung und Begabung klar, zu werden und die Einzelheiten des Ausbildungsprogramme, die Art der Schule, ihre Lehrkräfte und die Art und Weise des Unterrichts kennen zu lernen. Dem Berufungsgericht ist im Grundsatz beizupflichten, daß die Aufnahmeprüfung und die Probezeit die Gefahr verringern, an einer als falsch erkannten Entscheidung langfristig mit laufenden erheblichen Kosten (ab 1990: monatlich 500 DM) festgehalten zu werden, Andererseits ist es durchaus möglich, daß die regelmäßig noch jungen Teilnehmer angesichts der Schwierigkeit und Komplexität des Unterrichtsprogramms sowie dessen Dauer auch bei sorgfältiger Wahrnehmung ihrer Informationschancen noch nach Ablauf der Probezeit zu dem Ergebnis kommen können, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben.

Ob und wieweit dennoch die berechtigten pädagogischen und wirtschaftlichen Interessen des Unterrichtsanbieters sowie der weitere, in der Entscheidung BGHZ 90, 280, 286 f hervorgehobene Gesichtspunkt, daß Fehleinschätzungen der Unterrichtsteilnehmer hinsichtlich der Eignung und Attraktivität des Unterrichts sowie ihrer eigenen körperlichen und intellektuellen Fähigkeiten grundsätzlich nicht zu Lasten des Unterrichtsanbieters gehen, auch für formularmäßige Unterrichtsverträge mit hohen persönlichen und wirtschaftlichen Anforderungen an die Teilnehmer dazu führen können, bei Zubilligung einer Probezeit eine anschließende längerfristige unkündbare Vertragsbindung hinzunehmen, mag dahinstehen. Hier ist entscheidend die weitere Besonderheit, daß die Kurse der Klägerin eine Berufsausbildung zum Inhalt haben. Dies hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, und jedenfalls deswegen kann seiner Bewertung im Ergebnis nicht beigetreten werden:

Die Klägerin ist als Berufsfachschule staatlich anerkannt. Mit dem Bestehen der Abschlußprüfung und der Erlangung des Titels „Staatlich geprüfter Tänzer/in und Übungsleiter für Jazz Dance, Step Tanz und Musical-Gesang” erwerben die Teilnehmer die Voraussetzungen für ihre anschließende Berufstätigkeit als Tänzer und Musicaldarsteller („Bühnenreife”) oder Tanzlehrer. Da einerseits die berufliche Tätigkeit der Sicherung des Lebensunterhalts dient und andererseits die Ausübung des erwählten Berufs als besondere Ausprägung des Rechts auf freie Persönlichkeitsentfaltung grundlegende Bedeutung für die individuelle Lebensgestaltung und die soziale Existenz hat (vgl. BVerfGE 7, 377, 397; 13, 97, 104; 32, 54, 71), ist die Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte von großer, von der Rechtsordnung anerkannter Bedeutung (Art. 12 Abs. 1 GG). Daher hat das Interesse des Einzelnen an der Auswahl des für ihn richtigen Berufs und der dafür geeigneten Ausbildungsstätte sowie daran, etwaige Fehlentscheidungen ohne gravierende Nachteile korrigieren zu können, hohen Rang und ist auch im Rahmen einer privatrechtlichen Interessenabwägung besonders schützenswert. Bei der hier zu beurteilenden Ausbildung zu einem künstlerisch geprägten Beruf, in dem es mehr als sonst auf die individuelle Begabung, Kreativität und Ausdrucksmöglichkeit ankommt, ist die Wahl der zur Förderung dieser Eigenschaften geeigneten, „richtigen” Ausbildungsart und Ausbildungsstätte besonders wichtig. Wegen dieser Besonderheit und der noch reifenden Persönlichkeit der Schüler ist es hier auch eher möglich, daß sie erst im weiteren Verlauf des Unterrichts, insbesondere erst nach Ablauf der dreimonatigen Probezeit erkennen, daß sie bei der Wahl des Berufs oder der Ausbildungsstätte nicht die richtige Entscheidung getroffen haben.

In einem solchen Fall stehen die Schüler der Klägerin vor der Wahl, den auf zwei Jahre angelegten Kurs dennoch zu Ende zu führen und anschließend einen anderen Beruf zu ergreifen bzw. eine neue Ausbildungsstätte zu besuchen oder aber diese Entscheidung sofort zu treffen und gleichwohl die vollen Kursgebühren weiter bis zum vorgesehenen Kursende zu bezahlen. Im ersten Fall wäre, wie bereits erwähnt, der Nutzen des erforderlichen Geld-, Zeit- und Kraftaufwands fragwürdig und der Schüler müßte eine erhebliche Verzögerung seiner Ausbildung und des Eintritts in den Beruf hinnehmen, was bei dem Beruf des Tänzers und Musicaldarstellers, dessen Ausübung natürliche altersbedingte Grenzen gesetzt sind, besonders nachteilig wäre. Wechselt er dagegen sofort den Beruf oder die Ausbildungsstätte, so muß er für einen – vor allem wenn die Entscheidung kurz nach der Probezeit fällt – längerdauernden Zeitraum die Kosten für zwei Ausbildungen nebeneinander tragen, was angesichts der Höhe der Kursgebühren der Klägerin vielfach wirtschaftlich nicht mehr tragbar sein wird. Die lange unkündbare Vertragsdauer kann damit einem als notwendig erkannten Wechsel des Berufs oder der Ausbildungsstätte als gravierendes, oft kaum überwindbares Hindernis entgegenstehen.

cc) Dieses erhebliche und vertragstypische Risiko ist der Klägerin bekannt. Sie muß daher ihre eigenen Interessen an einer langfristigen Vertragsdauer hintanstellen und dem Interesse der Schüler, ohne gravierende Nachteile ihr Berufsziel oder ihre Ausbildungsstätten aufgeben zu können, durch eine angemessene Vertragsgestaltung Rechnung tragen. Wie gezeigt, genügt dem die Kündigungsmöglichkeit nur während der dreimonatigen Probezeit nicht. Die sich anschließende 21-monatige unkündbare Vertragsbindung belastet nach allem die Kursteilnehmer unangemessen.

c) Die gegen § 9 Abs. 1 AGBG verstoßende Klausel über die unkündbare Laufzeit von 21 Monaten ist insgesamt nichtig; ihr Inhalt kann nicht auf die Regelung einer angemessenen unkündbaren Höchstlaufzeit zurückgeführt werden. Dispositive gesetzliche Bestimmungen, die die Klausel nach § 6 Abs. 2 AGBG ersetzen können, sind nicht vorhanden. Wie gezeigt, sind § 5 FernUSG und § 15 BerufsausbildungsG hier ebensowenig anwendbar wie die §§ 620 Abs. 1 und 621 BGB. Da es somit hinsichtlich des Zeitpunktes für die Ausübung des auch nach der Probezeit erforderliche ordentliche Kündigungsrechts an einer gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmung fehlt, liegt eine Regelungslücke vor, die nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden kann (BGHZ 90, 69, 75 ff; 96, 18, 26; BGH, Urteile vom 12. Juli 1989 – VIII ZR 297/88 = WM 1989, 1729 unter III 1 a und vom 22. Januar 1992 – IV ZR 59/91 = NJW 1992, 1164, 1165 – jeweils m.w.Nachw.; für einen Schul- und Internatsvertrag vgl. auch Urteil vom 28. Februar 1985 a.a.O. unter III 4 e). Dabei ist zu fragen, welche Regelung die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen getroffen haben würden, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre. Da der Beklagte im vorliegenden Fall den Vertrag zum 31. August 1990, d.h. zum Ende des ersten Schuljahres, gekündigt hat, kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob eine ausgewogene, wesensgerechte Gestaltung derartiger Berufsausbildungsverträge die Gewährung eines ordentlichen Kündigungsrechts jedenfalls zum Schuljahresende gebietet; ob daneben noch andere Kündigungszeitpunkte in Betracht kommen, kann offen bleiben.

Die Frage ist zu bejahen. Zum Wesen einer mehrjährigen, systematisch aufgebauten Ausbildung gehört eine zeitliche Untergliederung in Unterrichtseinheiten. Hierfür bieten sich Semester oder Schuljahre an. Diesem System folgt auch der Aufbau der von der Klägerin angebotenen Ausbildung. Der zweijährige Unterricht ist in zwei Schuljahre (sog. Unter- und Oberstufe) aufgeteilt. Am Ende des ersten Schuljahres erhalten die Schüler ein Zwischenzeugnis. Dies zeigt, daß die Klägerin am Ende des ersten Schuljahres eine der Leistungs- und (erneuten) Eignungskontrolle der Schüler dienende Zwischenbilanz für erforderlich hält, die gleichzeitig eine Prognose für die Erfolgsaussichten der weiteren Unterrichtsteilnahme in der Oberstufe ermöglicht. Dies ist daher der natürliche und geeignetste Zeitpunkt für eine Kündigung der Schüler, die eine weitere Teilnahme am Unterricht nicht mehr für sinnvoll halten oder deren Zwischenbeurteilung so ungünstig ausfällt, daß sich Ihnen diese Einsicht aufdrängen muß. Hiermit muß auch die Klägerin rechnen. Da das Schuljahresende ohnehin einen, zeitlichen und organisatorischen Einschnitt im Verlauf der Ausbildung darstellt, belastet sie eine zu diesem Zeitpunkt erfolgende Kündigung am wenigsten und ist am ehesten in der Kalkulation zu berücksichtigen. Auch die vom Beklagten überreichten Formularbedingungen anderer vergleichbarer Schulen sehen Zwischenprüfungen bzw, Qualifikationsgespräche sowie ein ordentliches Kündigungsrecht jedenfalls zum Schuljahresende vor.

Wieweit die berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Anbieters von Direktunterricht dabei die Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist erfordern, bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Beklagte die Kündigung zum 31. August 1990 bereits mit Schreiben vom 18. Mai 1990, also mehr als drei Monate vor Schuljahresende, erklärt hat, womit den Belangen der Klägerin auf jeden Fall Rechnung getragen ist.

3. Der Beklagte hat somit den Ausbildungsvertrag wirksam zum 31. August 1990 gekündigt. Da der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und das klagabweisende landgerichtliche Urteil wiederherstellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 und 97 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Zülch, Groß, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers

 

Fundstellen

Haufe-Index 1254463

BGHZ

BGHZ, 108

NJW 1993, 326

BGHR

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1993, 367

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