Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit eines an Firma Frau Karl X adressierten Bescheids

 

Leitsatz (NV)

Ein USt-Bescheid, der die in einer Grundstücksgemeinschaft verbundenen Eheleute X erfassen soll, ist mangels Bestimmtheit der Adressaten unwirksam, wenn er an Firma Frau Karl X adressiert ist.

Ein unwirksamer Bescheid erzeugt keine Rechtswirkungen und ist nicht geeignet, die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 zu wahren und nach § 171 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO 1977 Ablaufhemmung herbeizuführen (Anschluß an BFH-Urteile vom 11. Oktober 1989 X R 31/86, BFHE 158, 491, 498, und vom 16. Mai 1990 X R 147/87, BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942).

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 3, § 169 Abs. 1 S. 1, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer Grundstücksgemeinschaft, waren aufgrund ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen für 1982 Vorsteuerbeträge erstattet worden. Sie hatte am 4. Oktober 1983 ihre Umsatzsteuererklärung für 1982 abgegeben. Mit Bescheid vom 31. August 1984 hatte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Umsatzsteuer 1982 auf 0 DM festgesetzt, da es das dem Vorsteuerabzug zugrunde liegende Zwischenmietverhältnis als rechtsmißbräuchlich ansah. Der Bescheid war adressiert: Firma Frau Karl X; die beigefügte Abrechnung trug die Adressierung: Herrn und Frau Karl X. Gegen den Bescheid hatte die Klägerin am 26. September 1984 Einspruch eingelegt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wegen der Versagung der Aussetzung der Vollziehung richtete das FA am 25. November 1987 folgendes Schreiben an die Klägerin: In dem mit Ihrem Einspruch vom 26.09. 1984 angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1982 ist, wie Sie in Ihrem Bezugsschreiben zu Recht feststellen, der Steuerschuldner nicht zutreffend bezeichnet worden. Da eine Heilung dieses Fehlers nicht möglich ist, wird ein neuer Verwaltungsakt erlassen. Ihrer Beschwerde ist insoweit abgeholfen.

Am 13. Januar 1988 erließ das FA einen Umsatzsteuerbescheid für 1982 über 0 DM mit dem Vermerk: Auf die Erläuterungen zum nicht wirksam bekanntgegebenen Umsatzsteuerbescheid vom 31.08.1984 wird verwiesen.

Der nach erfolglosem Einspruch gegen diesen Bescheid erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Es führt im wesentlichen aus, der angefochtene Besheid vom 13. Januar 1988 sei aufzuheben, da er erst nach Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist ergangen sei und die verjährungshemmende Wirkung des Einspruchs vom 26. September 1984 mit Ergehen des Schreibens des FA vom 25. November 1987 geendet habe. Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 17. Oktober 1985 VII R 185/83 (BFH/NV 1986, 720) stelle dieses Schreiben des FA nicht lediglich eine Rechtsauskunft oder unverbindliche Meinung, sondern einen Verwaltungsakt dar, durch den der Einspruch vom 26. September 1984 seine Erledigung gefunden habe. Zum Zweck der Beseitigung des von dem Bescheid vom 31. August 1984 noch ausgehenden Rechtsscheins sei dessen Unwirksamkeit auszusprechen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der §§ 125 Abs. 5, 171 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977). Es stützt sich im wesentlichen auf das BFH-Urteil in BFH/NV 1986, 720.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Im Ergebnis zutreffend hat das FG den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1982 vom 13. Januar 1988 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung wegen Ablaufs der Verjährungsfrist aufgehoben (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Die Frist für die Festsetzung der Umsatzsteuer 1982 begann mit Ablauf des Jahres 1983, in dem die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1982 abgegeben hatte (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 i.V.m. § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes - UStG 1980 -). Sie endete am 31. Dezember 1987 (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977). Der Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1982 vom 31. August 1984 hatte keine verjährungshemmende Wirkung i.S. des § 171 Abs. 3 AO 1977; denn dieser Bescheid war mangels Bestimmtheit des Adressaten unwirksam (§ 124 Abs. 3 AO 1977). Die Adressierung des Umsatzsteuerbescheids vom 31. August 1984 an Firma Frau Karl X ist zu ungenau, um daraus den Inhaltsadressaten i.S. des § 122 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 zu erkennen. Unternehmer und damit Umsatzsteuerschuldner ist die aus den Eheleuten X bestehende Grundstücksgemeinschaft. Zwar reicht die Adressierung Herrn und Frau Karl X im Abrechnungsbescheid vom 31. August 1984 aus; eines Hinweises auf die rechtliche Verbundenheit der Eheleute als Grundstücksgemeinschaft bedarf es nicht (BFH-Beschluß vom 29. Juni 1990 V B 135/89, BFH/NV 1991, 278). Aber auch unter Berücksichtigung des Abrechnungsbescheids (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1986 V R 96/85, BFHE 147, 211, BStBl II 1986, 834) läßt die Adressierung des Umsatzsteuerbescheids nicht die Auslegung zu, daß sich dieser an eine aus den Eheleuten X bestehende Grundstücksgemeinschaft richten sollte. Zu Recht hat das FG die Nichtigkeit des Umsatzsteuerbescheids vom 31. August 1984 ausgesprochen.

Ein unwirksamer Bescheid erzeugt keine Rechtswirkungen und ist nicht geeignet, die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 zu wahren und nach § 171 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO 1977 Ablaufhemmung herbeizuführen (BFH-Urteile vom 11. Oktober 1989 X R 31/86, BFHE 158, 491, 498, und vom 16. Mai 1990 X R 147/87, BFHE 161, 398, BStBl II 1990, 942). Da die Festsetzungsfrist durch den Einspruch vom 26. September 1984 nicht gehemmt war, kommt es für die Entscheidung im Streitfall auf die Frage, ob das Schreiben des FA vom 25. November 1987 ein das Einspruchsverfahren beendender Verwaltungsakt war, nicht mehr an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419756

BFH/NV 1994, 759

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