Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitgeber kann sich auf die Steuerfreiheit von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande) auch dann berufen, wenn das Betriebsstätten-FA keine Freistellungsbescheinigung gemäß § 39b Abs.6 EStG ausgestellt hat.

2. Kehren Arbeitnehmer, die länger als 183 Tage im Kalenderjahr eine nichtselbständige Arbeit im Inland ausüben, arbeitstäglich zu ihrem Wohnsitz im Ausland zurück, so halten sie sich nicht i.S. des Art.10 Abs.2 Nr.1 DBA-Niederlande in der Bundesrepublik auf.

3. Die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils vom 24.Februar 1988 I R 143/84 (BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819) gelten bei der Anwendung des Art.10 Abs.2 Nr.3 DBA-Niederlande entsprechend.

 

Orientierungssatz

1. Zur Bestimmung des Begriffes "aufhalten" i.S. des § 10 Abs. 2 Nr. 1 DBA-Niederlande muß auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die für den in § 9 AO 1977 verwendeten entsprechenden Begriff gelten (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG in der bis zum 31.12.1974 gültigen Fassung genügt es, daß der Arbeitgeber im Inland eine Einrichtung unterhält, die ihm den Lohnsteuerabzug hinsichtlich seiner im Inland steuerpflichtigen Arbeitnehmer ermöglicht (vgl. BFH-Urteil vom 30.10.1973 I R 50/71). Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG 1975 reicht es aus, daß der Arbeitgeber als beschränkt Steuerpflichtiger der inländischen Steuerhoheit unterworfen ist. Es kommt nicht darauf an, ob der Lohnsteuerabzug in der inländischen Betriebstätte (hier: Geschäftsstelle nach § 12 Satz 2 Nr. 3 AO 1977) tatsächlich vorgenommen wird oder vorgenommen werden könnte. Ebenso ist es unerheblich, ob zwischen den Arbeitslöhnen als Aufwand und der Betriebstätte ein Veranlassungszusammenhang im Sinne des Betriebsausgabenabzuges besteht.

3. Die Voraussetzungen für die Annahme steuerfreier Einkünfte nach § 10 Abs. 2 DBA-Niederlande sind von demjenigen darzulegen und ggf. auch nachzuweisen, der sich auf die Steuerfreiheit beruft.

 

Normenkette

EStG 1975 § 38 Abs. 1 S. 1, § 39b Abs. 6, § 39d; EStDV § 73h; DBA NLD Art. 5, 10 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 §§ 12, 90 Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1; DBA NLD Art. 10 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Entscheidung vom 06.11.1984; Aktenzeichen II 250/79 H)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte in den Streitjahren 1970 bis 1977 seinen ausschließlichen Wohnsitz in den Niederlanden. Als Einzelunternehmer führte er jedoch auf wechselnden Baustellen in Nordrhein-Westfalen Eisenbieger-, Betonier- und sonstige Bauarbeiten durch. Dabei setzte er im wesentlichen niederländische Staatsangehörige als Arbeitnehmer ein.

Am 13.Juli 1970 meldete der Kläger seinen Gewerbebetrieb bei der Stadt K an. Als Sitz des Einzelunternehmens gab er einen solchen in den Niederlanden an. Auf die Frage nach dem Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte antwortete der Kläger: "Baustelle der Bauunternehmung F in K". Auf einem Lohnsteuerformular teilte er dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit: "Lohnsteuer wird in Holland bezahlt]]]".

Noch im Jahre 1973 meldete der Kläger seinen Betrieb um. Als Sitz der Geschäftsleitung gab er nunmehr K, R-Straße 29a an. Im August 1973 teilte dagegen die Stadt K dem FA mit, die Geschäftsleitung des Einzelunternehmens des Klägers befinde sich in N, V-Straat 36. In K, R-Straße 29a, befinde sich nur eine Postanschrift. Auf Grund dieser Angaben ging das FA damals davon aus, daß in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) keine Betriebsstätte des Klägers im Sinne des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16.Juni 1959 --DBA- Niederlande-- (BGBl II 1960, 1781, BStBl I 1960, 381) bestehe.

Am 4.Juli 1977 ordnete das FA bei dem Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung an, die am 25.Juli 1977 beginnen sollte. Zur Durchführung der Außenprüfung kam es nicht, weil der Kläger die Lohnunterlagen nicht vorlegte. Er erklärte in einer Besprechung vom 26.Januar 1978, für seine niederländischen Arbeitnehmer keine Lohnsteuer einbehalten zu haben, weil keine Steuerpflicht bestehe.

Das FA führte daraufhin die Lohnsteuer-Außenprüfung mit Hilfe von Unterlagen der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) und der vom Kläger angemeldeten Umsätze durch. Im übrigen schätzte es die in der Bundesrepublik steuerpflichtigen Arbeitslöhne der beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer. Danach ergaben sich folgende abzuführende Lohnsteuerbeträge:

1970 1971 1972 1973

---- ---- ---- ----

DM DM DM DM

28 623 100 286 149 832 146 362,50

1974 1975 1976 1977

---- ---- ---- ----

DM DM DM DM

207 889 235 130 263 118 313 741,50.

Die Summe dieser Beträge ist 1 444 982 DM. Außerdem hatte der Kläger für seine deutschen Arbeitnehmer in 1976 Lohnsteuer in Höhe von 3 178,83 DM zu wenig einbehalten und abgeführt.

Das FA erließ am 8.August 1978 gegenüber dem Kläger einen "Nachforderungs-/Haftungsbescheid" über 1 448 160,83 DM Lohn- und Lohnkirchensteuer. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage insoweit statt, als es den "Nachforderungs-/Haftungsbescheid" aufhob, soweit er die Haftung für Lohnsteuer 1970 bis 1972 betraf. Außerdem wurde die Haftungsschuld für Lohnsteuer 1973 auf 134 165,62 DM herabgesetzt. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen. Der Leitsatz des FG-Urteils ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 618 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß Verfahrensfehler und die Verletzung des § 16 des Steueranpassungsgesetzes --StAnpG-- (§ 12 der Abgabenordnung --AO 1977--), des § 171 Abs.3 der Reichsabgabenordnung --AO-- (§ 90 Abs.2 AO 1977) und des Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande.

Er beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 6.November 1984 II 250/79 H, den Nachforderungs-/Haftungsbescheid vom 8.August 1978 und die Einspruchsentscheidung vom 14.März 1979 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Dem FG ist kein Verfahrensfehler unterlaufen. Der erkennende Senat hält die insoweit vom Kläger erhobene Rüge für nicht durchgreifend. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--).

2. Das FG ist dem Grunde nach zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger verpflichtet war, den Lohnsteuerabzug von den Arbeitslöhnen seiner niederländischen und im Inland beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer vorzunehmen. Die für den Zeitraum bis zum 31.Dezember 1974 noch anzuwendende Fassung des § 38 Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- 1971 (BGBl I 1971, 1881, BStBl I 1971, 585) setzte insoweit nicht einmal voraus, daß der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Geschäftsleitung, Sitz, Betriebsstätte oder ständigem Vertreter im Inland (inländischer Arbeitgeber) gezahlt wurde. In seinem Urteil vom 30.Oktober 1973 I R 50/71 (BFHE 110, 536, BStBl II 1974, 107) hat der erkennende Senat es genügen lassen, daß der Arbeitgeber im Inland eine Einrichtung unterhält, die ihm den Lohnsteuerabzug hinsichtlich seiner im Inland steuerpflichtigen Arbeitnehmer ermöglicht. Erst seit Inkrafttreten des § 38 Abs.1 Satz 1 EStG 1975 in der Fassung vom 5.September 1974 (BGBl I 1974, 2165, BStBl I 1974, 733) ist nur noch der sog. inländische Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Danach genügt es, daß der Arbeitgeber als beschränkt Steuerpflichtiger der inländischen Steuerhoheit unterworfen ist. Aus diesem Grunde bestimmt sich der Begriff der Betriebsstätte nach § 16 StAnpG bzw. nach § 12 AO 1977. Es kommt nicht darauf an, ob der Lohnsteuerabzug in der inländischen Betriebsstätte tatsächlich vorgenommen wurde oder hätte vorgenommen werden können. Ebenso ist es unerheblich, ob zwischen den Arbeitslöhnen als Aufwand und der Betriebsstätte ein Veranlassungszusammenhang im Sinne des Betriebsausgabenabzuges (§ 4 Abs.4, § 50 Abs.1 Satz 1 EStG) besteht. § 38 Abs.1 Satz 1 EStG 1975 knüpft die Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug schon an die Tatsache, daß der Arbeitgeber der deutschen Steuerhoheit unterworfen ist.

3. Revisionsrechtlich ist die Annahme des FG nicht zu beanstanden, der Kläger habe ab dem 1.Februar 1973 in der Bundesrepublik eine Betriebsstätte unterhalten. Nach den in ihrem Kern übereinstimmenden Voraussetzungen der §§ 16 StAnpG und 12 AO 1977 setzt eine Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage voraus, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Als eine solche feste Geschäftseinrichtung ist nach § 16 Abs.2 Nr.2 StAnpG und nach § 12 Satz 2 Nr.3 AO 1977 auch eine sog. Geschäftsstelle zu behandeln. Darunter fällt ein Büro, in dem eine unternehmensbezogene Tätigkeit ausgeübt wird.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die nicht mit Revisionsrügen angefochten wurden und deshalb den Senat binden (§ 118 Abs.2 FGO), hatte der Kläger ab dem 1.Februar 1973 in K, R-Straße 29a ein Büro gemietet, um --wie er selbst gegenüber dem FG vortrug-- dort seinen Arbeitnehmern Auskünfte zu erteilen. Zusätzlich unterhielt er dort einen geschäftlichen Telefonanschluß und gab Geschäftspartnern die Adresse als geschäftliche an. Damit diente aber das Büro der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers. Es war dessen Betriebsstätte bis Ende 1977. Darauf, ob die in dem Büro ausgeübte Tätigkeit eine eigenständige oder eigenverantwortliche war, kommt es nicht an. Ebenso ist es unerheblich, ob der Kläger --wie er in seiner Revisionsbegründung vorträgt-- seinen Arbeitnehmern in dem Büro "rein betriebsbezogene Auskünfte erteilte oder nicht", was immer darunter zu verstehen sein soll.

4. Der Kläger war allerdings nur dann zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet, wenn die Arbeitnehmer aus ihrer im Inland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit keine steuerfreien Einkünfte erzielt haben sollten. Diese Frage beurteilt sich im wesentlichen nach Art.10 DBA-Niederlande. Entgegen der Auffassung des FG ist es insoweit unerheblich, daß der Kläger beim FA nicht die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung beantragte. Ein solcher Antrag wäre zwar gemäß § 39d Abs.3 Satz 4 i.V.m. § 39b Abs.6 EStG 1975 zulässig gewesen und hätte von dem FA beschieden werden müssen. Eine Verpflichtung zur Antragstellung bestand deshalb jedoch nicht. Auch hängt die Verpflichtung zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs nicht von der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ab. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 39d Abs.3 Satz 4 i.V.m. § 39b Abs.6 EStG 1975, weil die Vorschriften nur die Verpflichtung des Betriebsstätten-FA zur Erteilung einer Bescheinigung regeln. § 73h der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) steht der getroffenen Entscheidung ebensowenig entgegen. Der erkennende Senat hat wiederholt entschieden, daß die nach einem DBA steuerfreien Einkünfte nicht dem Steuerabzug unterliegen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.Oktober 1986 I R 261/82, BFHE 148, 143, BStBl II 1987, 171, und I R 128/83, BFHE 148, 278, BStBl II 1987, 253; vom 27.Juli 1988 I R 28/87, BFHE 155, 479, BStBl II 1989, 449). Von diesem Grundsatz gilt nur dann eine Ausnahme, wenn der in einem DBA ausgesprochene Steuerverzicht der Bundesrepublik als antragsabhängige Steuerbefreiung ausgestaltet ist. Dies ist jedoch bei den nach Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande in der Bundesrepublik steuerfreien Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht der Fall.

5. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG kann der Senat jedoch nicht abschließend beurteilen, ob das FG zutreffend Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande nicht angewendet hat.

a) Nach Art.10 Abs.1 DBA-Niederlande steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die --wie für den Streitfall vom FG festgestellt-- in der Bundesrepublik ausgeübt wird, grundsätzlich der Bundesrepublik zu. Allerdings erfährt dieser Grundsatz durch Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande eine Ausnahme. Die Ausnahme greift jedoch nur dann ein, wenn alle in der Vorschrift genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind.

b) Das FG hat von der Anwendung des Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande schon deshalb abgesehen, weil es davon ausgegangen ist, daß die Arbeitnehmer in allen Kalenderjahren an mehr als 183 Tagen in der Bundesrepublik für den Kläger nichtselbständig tätig waren. Von der Beschäftigung in der Bundesrepublik hat das FG auf einen entsprechend langen Aufenthalt hier geschlossen. Diese Schlußfolgerung ist nur dann revisionsrechtlich unbedenklich, wenn die Arbeitnehmer an den Beschäftigungstagen regelmäßig in der Bundesrepublik übernachtet haben sollten. Sollten die Arbeitnehmer dagegen arbeitstäglich in die Niederlande zurückgekehrt sein und dort übernachtet haben, so würden sie sich nicht in der Bundesrepublik aufgehalten haben (vgl. BFH-Urteil vom 5.Februar 1965 VI 334/63 U, BFHE 82, 290, BStBl III 1965, 352; Kempermann in Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Kommentar zum DBA-Schweiz, Art.15, Rdnr.41; Becker, Finanz-Rundschau --FR-- 1976, 597). Zur Bestimmung des Begriffes "aufhalten" i.S. des Art.10 Abs.2 Nr.1 DBA-Niederlande muß auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die für den in § 9 AO 1977 verwendeten entsprechenden Begriff gelten (vgl. BFH-Urteile vom 20.April 1988 I R 219/82, BFHE 154, 38, bisher im BStBl II nicht veröffentlicht; vom 25.Mai 1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944). Das FG hat zu der Frage, wo die Arbeitnehmer regelmäßig übernachteten, keine Feststellungen getroffen. Es hat auch nicht den Kläger aufgefordert (§ 76 Abs.1 Sätze 2 und 4 FGO i.V.m. § 90 Abs.2 AO 1977), zu der Frage Stellung zu nehmen. Deshalb ist eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Art.10 Abs.2 Nr.1 DBA-Niederlande im Streitfall erfüllt sind, nicht möglich.

c) Für die Entscheidung des Senats ist es erheblich, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Art.10 Abs.2 Nr.1 DBA-Niederlande erfüllt sind. Die Annahme von in der Bundesrepublik steuerfreier Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit scheitert nämlich nicht an den Tatbestandsvoraussetzungen des Art.10 Abs.2 Nr.2 DBA-Niederlande. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den erkennenden Senat binden (§ 118 Abs.2 FGO), hatte der Kläger seinen alleinigen Wohnsitz in den Niederlanden.

Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob die Besteuerung in der Bundesrepublik aus den Gründen des Art.10 Abs.2 Nr.3 DBA-Niederlande ausgeschlossen ist. Das FG hat keine ausreichenden Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Arbeitnehmer zu Lasten einer in der Bundesrepublik bestehenden Betriebsstätte oder ständigen Einrichtung des Klägers entlohnt wurden. Der Senat verweist dazu auf sein Urteil vom 24.Februar 1988 I R 143/84 (BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819). Dort ist zu Art.15 Abs.2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) 1971 entschieden, daß es für die Frage, ob eine nichtselbständige Arbeit (teilweise) zu Lasten einer Betriebsstätte entlohnt wird, auf die für die Betriebsstättengewinnermittlung geltenden Grundsätze des Art.7 DBA-Schweiz 1971 ankommt. Die Entscheidung muß für die Anwendung des Art.10 Abs.2 Nr.3 DBA-Niederlande in dem Sinne entsprechend gelten, daß sich die Betriebsstättengewinnermittlung nach Art.5 DBA-Niederlande richtet. Folglich hängt die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art.10 Abs.2 Nr.3 DBA-Niederlande davon ab, ob der Kläger in der Bundesrepublik eine Betriebsstätte i.S. des Art.2 Abs.1 Nr.2 DBA-Niederlande unterhielt und ob die Arbeitslöhne dieser Betriebsstätte insgesamt oder teilweise gemäß Art.5 DBA-Niederlande als Betriebsstättenaufwand zuzurechnen sind.

6. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Seine Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Die Anwendungsvoraussetzungen des Art.10 Abs.2 Nrn.1 und 3 DBA-Niederlande können nur nach weiteren tatsächlichen Feststellungen abschließend beurteilt werden. Sie nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Sache an das FG zurückzuverweisen.

7. Für den zweiten Rechtszug weist der Senat auf folgendes hin:

Einkünfte, die niederländische Arbeitnehmer aus in der Bundesrepublik ausgeübter nichtselbständiger Arbeit erzielen, sind in der Bundesrepublik grundsätzlich steuerpflichtig. Dies ergibt sich aus § 49 Abs.1 Nr.4 EStG i.V.m. Art.10 Abs.1 DBA-Niederlande. Sie sind nur ausnahmsweise steuerfrei (Art.10 Abs.2 DBA-Niederlande). Schon aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt, daß die Voraussetzungen für die Annahme steuerfreier Einkünfte von demjenigen dargelegt und ggf. auch nachzuweisen sind, der sich auf die Steuerfreiheit beruft. Dies ergibt sich ebenso aus der in § 76 Abs.1 Satz 4 FGO vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung des § 90 Abs.2 AO 1977 im FG-Prozeß. Im Streitfall beruft sich der Kläger auf die Steuerfreiheit der Einkünfte in der Bundesrepublik. Es ist deshalb seine Sache, für jeden von ihm beschäftigten Arbeitnehmer darzulegen und anhand geeigneter Beweismittel nachzuweisen, wie lange er vom Kläger im Inland beschäftigt wurde und wo er regelmäßig übernachtete. Das FG hat den Kläger nur aufzufordern, den entscheidungserheblichen Sachverhalt darzulegen und die Beweismittel vorzulegen. Sollte der Kläger seinen Verpflichtungen nicht nachkommen oder sollte sich das FG aus anderen Gründen von den Voraussetzungen steuerfreier Einkünfte nicht mit ausreichender Sicherheit überzeugen können, so treffen den Kläger die sich daraus ergebenden Nachteile. Dann ist davon auszugehen, daß die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nicht nachgewiesen sind und die Besteuerung deshalb nach dem Regeltatbestand vorzunehmen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62747

BFH/NV 1989, 39

BStBl II 1989, 755

BFHE 157, 142

BFHE 1990, 142

BB 1989, 1749-1749 (L1-3)

HFR 1989, 656 (LT)

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