In diesem Rahmen nimmt das BAG grundsätzlich eine Einzelfallprüfung vor. Das hat zur Folge, dass über die beschriebene "Grobdifferenzierung" hinaus generelle Richtlinien nicht bestehen. Anhaltspunkte können sich aus Einzelfallentscheidungen ergeben, z. B.

  • Neuverpachtung einer Gaststätte[1]

Die klagende Arbeitnehmerin war als Serviererin in einem Hotel- und Gaststättenbetrieb beschäftigt, der seit etwa 80 Jahren bestand und als gutbürgerliches deutsches Speiserestaurant geführt wurde. Der Neupächter führte das Restaurant später nach erheblichen Umbaumaßnahmen als Restaurant mit arabischen Spezialitäten fort. Das BAG vertrat die Auffassung, dass bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht von einer Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit "Gaststätte" ausgegangen werden kann. Die Abgrenzungsgrundsätze dieser Entscheidung hat das BAG zur Änderung der Tätigkeit in einem Frauenhaus bestätigt.[2]

  • Hotel

Das BAG vertritt die Auffassung, dass ein Hotelkomplex zu den betriebsmittelgeprägten Betrieben gehört. Maßgeblich sind danach die tatsächlichen Betriebsmittel wie Gebäude und Einrichtungsgegenstände und nicht die Belegschaft. Für die Wahrung der Identität des Betriebs kommt es besonders darauf an, ob derartige materielle Betriebsmittel übergehen. Die in nicht betriebsmittelgeprägten Betrieben für die Annahme eines Betriebsübergangs bedeutsame Übernahme von Personal spielt dagegen eine untergeordnete Rolle. Jedoch kann die Übernahme von Arbeitnehmern im Einzelfall für einen Betriebsübergang sprechen, wenn deren Fachkenntnisse für die Fortführung des alten Betriebs durch den Erwerber von Bedeutung sind. Da es sich bei den Mitarbeitern eines Hotels üblicherweise nicht um Spezialisten handelt, deren Fachkenntnisse für die Betriebsführung von Bedeutung sind, und die nur mit besonderem Aufwand auf dem Arbeitsmarkt zu gewinnen sind, kommt einer etwaigen Übernahme des Personals jedoch regelmäßig keine ausschlaggebende Bedeutung zu.[3]

  • Einzelhandelsgeschäft

Stehen im Rahmen der Gesamtabwägung der Erhalt der durch Geschäftslage, Warensortiment und Betriebsform geprägten Kundenbeziehungen im Vordergrund, liegt ein Betriebsübergang vor.[4] Ähnlich hat das BAG zum Übergang einer Metzgerei mit Cateringbetrieb (in der Insolvenz) entschieden.[5]

  • Neuvergabe eines Reinigungsauftrags[6]

Das BAG verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 613a Abs. 4 BGBVerbot einer Kündigung wegen Betriebsübergang –, da eine Einheit im Sinne der Richtlinie 77/187/EWG nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden dürfe. Etwas anderes könne aber dann gelten, wenn der neue Auftragnehmer die Hauptbelegschaft – auch im Nachhinein – übernimmt (s. o.). Im konkreten Fall hatte der bisherige Reinigungsunternehmer in dem Objekt 70 Arbeitnehmer beschäftigt, die durch eine Vorarbeiterin angeleitet wurden.[7] Der nachfolgende Unternehmer stellte 60 der beim vorherigen Reinigungsunternehmer tätigen Arbeitnehmer und auch die Vorarbeiterin ein. Ein Arbeitnehmer, der nicht eingestellt wurde, klagte auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit dem Nachfolgeunternehmen fortbesteht. Dieser Klage hat das BAG konsequenterweise stattgegeben, da ein nach Zahl und Sachkunde überwiegender Teil des bisherigen Personals – insbesondere auch die Vorarbeiterin – aufgrund des freien Willens des Nachfolgeunternehmens übernommen wurde. Auch die Arbeitsaufgabe blieb im Wesentlichen unverändert. Das heißt für die Praxis, dass die gut gemeinte Übernahme von Teilen des Personals dazu führen kann, dass auch die Arbeitsverhältnisse der nicht übernommenen Arbeitnehmer kraft Gesetzes nach § 613a BGB auf den Übernehmer übergehen. Insofern ist für übernehmende Unternehmen größte Vorsicht geboten.

  • Neuvergabe eines Cateringauftrags

Ein Krankenhaus vergab den Auftrag für die Bewirtschaftung der Kantine neu. Wie der bisherige Auftragnehmer konnte er neue Kücheneinrichtungen, Geschirr, Bestuhlung etc. nutzen, die dem Krankenhaus gehörten. Das BAG[8] hat einen Betriebsübergang angenommen, da der Übergang der Betriebsmittel von Bedeutung war und es auf das Eigentum an den genutzten Betriebsmitteln und die eigenwirtschaftliche Nutzung nicht ankommt. Ähnlich hat es zur Neuvergabe von Schlachtarbeiten entschieden.[9] Einen Betriebsübergang hat das BAG jedoch bei der Neuvorgabe des Auftrags für die Bewirtschaftung einer Betriebskantine in einem Fall abgelehnt, in dem der neue Betreiber die Speisen nicht mehr frisch zubereitete, sondern sie nur noch aufwärmte. Eine solche Konzeptänderung steht danach der Annahme eines Betriebsübergangs entgegen.[10]

  • Übertragung der Aufgaben des Bodenpersonals einer Fluglinie und der Security

Das BAG hat entschieden, dass es sich beim Handling auf einem Großflughafen nicht um eine Dienstleistung handelt, bei der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Materielle Betriebsmittel spielten keine untergeordnete Rolle, sondern seien für die Aufgabendurchführung unabdingbar. Ein Betriebsübergang könne daher nicht allein verneint werden, weil d...

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