Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaub einer studentischen Aushilfskraft

 

Leitsatz (amtlich)

  • Studentische Aushilfskräfte, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis teilzeitbeschäftigt werden, erwerben einen Urlaubsanspruch, dessen Dauer sich nach dem Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung richtet.
  • Der Urlaubsanspruch erlischt am Ende des Kalenderjahres, wenn weder dringende betriebliche noch in der Person des Studenten liegende Gründe für eine Übertragung des Urlaubsanspruchs auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres gegeben sind. Dringende betriebliche Gründe liegen nicht bereits deshalb vor und sind nicht deshalb zu vermuten, weil der Arbeitgeber den Urlaub nicht von sich aus gewährt hat.
 

Normenkette

BUrlG §§ 1, 4, 7 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 28.11.1990; Aktenzeichen 2 Sa 827/90)

ArbG Köln (Urteil vom 30.05.1990; Aktenzeichen 9 Ca 2159/90)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. November 1990 – 2 Sa 827/90 – wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Abgeltung für Urlaub aus dem Jahre 1989.

Der Kläger war vom 4. Januar 1986 bis 31. Dezember 1989 bei der Beklagten als studentische Aushilfskraft in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit wechselndem Umfang tätig. Während des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger Urlaub weder verlangt noch erhalten. Erstmals mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 16. Januar 1990 begehrte er erfolglos Urlaub aus dem Jahr 1989.

Der Kläger hat gemeint, sein Urlaub für das Jahr 1989 sei gemäß § 14 Nr. 7 des Manteltarifvertrags des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen bzw. § 7 Abs. 3 BUrlG aus betrieblichen Gründen auf das Folgejahr übergegangen. Betriebliche Gründe für die Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr seien stets dann gegeben, wenn der Arbeitgeber den Urlaub nicht gewähre. Jedenfalls sei das Vorliegen betrieblicher Gründe zu vermuten. Der Anspruch sei wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Hilfsweise habe er einen Schadenersatzanspruch in gleicher Höhe, auch wenn er die Beklagte nicht in Verzug gesetzt habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.383,82 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat im Jahr 1989 zwar einen Urlaubsanspruch erworben. Dieser ist jedoch am Jahresende 1989 untergegangen, sodaß mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Abgeltungsanspruch entstanden ist. Der Kläger hat auch keinen Schadenersatzanspruch, weil er die Beklagte nicht in Verzug gesetzt hat.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs für das Jahr 1989.

1. Der Kläger hat mit Beginn des Urlaubsjahres 1989 einen Urlaubsanspruch nach den §§ 1, 4 BUrlG erworben. Urlaub nach § 14 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 1989 konnte der Kläger nicht beanspruchen, weil der Manteltarifvertrag nur für Angestellte, gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts gilt. Als Student unterliegt der Kläger keiner rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit, § 4 AVG, § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO.

Das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist außer dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses nur an den Ablauf der Wartefrist geknüpft (BAGE 37, 382 = AP Nr. 11 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch; BAGE 39, 53 = AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG Übertragung). Zwischen den Parteien bestand ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Der Kläger war Teilzeitbeschäftigter. Auch ein Teilzeitbeschäftigter hat Anspruch auf Urlaub, dessen Dauer sich nach dem Umfang seiner Arbeitsleistung richtet. Die Wartefrist war für den Kläger bereits 1986 abgelaufen.

2. Der mit Beginn des Urlaubsjahres entstandene Urlaubsanspruch, dessen Umfang der Senat wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beziffern kann, ist mit Ablauf des 31. Dezember 1989 untergegangen.

a) Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG besteht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub nur während des Kalenderjahres. Der Anspruch erlischt mit Ablauf des Jahres. Diese Wirkung tritt lediglich dann nicht ein, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht während des Kalenderjahres erfüllt worden ist. Dann ist der Anspruch bis zum Ende des Übertragungszeitraums begrenzt.

b) Der Urlaubsanspruch des Klägers für 1989 ist mit Ablauf des 31. Dezember 1989 erloschen. Er ist nicht auf die ersten drei Monate des Jahres 1990 übergegangen. Der Übergang des Urlaubsanspruchs bedarf zwar keiner Handlung des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers (BAGE 56, 53 = AP Nr. 15 zu § 7 BUrlG Übertragung). Der Übergang findet statt, wenn die in § 7 Abs. 3 BUrlG genannten dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe gegeben sind. Dringende betriebliche Gründe, auf die sich der Kläger allein beruft, liegen vor, wenn der ordnungsgemäße Betriebsablauf durch die Urlaubegewährung während des Kalenderjahres gestört würde. Dazu hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen. Für seine Auffassung, betriebliche Gründe seien bereits immer dann gegeben oder zu vermuten, wenn keine persönlichen Gründe genannt seien und der Arbeitgeber den Urlaub im Kalenderjahr nicht gewährt habe, gibt es im Gesetz keine rechtliche Grundlage.

c) Ist der Urlaubsanspruch untergegangen, konnte mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien kein Abgeltungsanspruch entstehen.

II. Der Kläger hat auch keinen Schadenersatzanspruch in Höhe des vermeintlichen Abgeltungsanspruchs. Ist die Urlaubsgewährung infolge Ablauf des Kalenderjahres unmöglich geworden, tritt an die Stelle des Urlaubsanspruchs als Schadenersatz ein Ersatzurlaubsanspruch in gleicher Höhe, wenn der Arbeitgeber die infolge Zeitablaufs eintretende Unmöglichkeit zu vertreten hat. Der Arbeitgeber hat die wegen Ablauf des Kalenderjahres eintretende Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung zu vertreten, wenn er sich mit der Leistung in Verzug befunden hat, § 287 Satz 2 BGB. Der Gläubiger des Schadenersatzanspruchs gemäß § 249 Satz 1 BGB ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen (BAGE 52, 254 = AP Nr. 5 zu § 44 SchwbG; BAG Urteil vom 23. Juni 1988 – 8 AZR 459/86 – AP Nr. 16 zu § 7 BUrlG Übertragung).

1. Die Beklagte war mit der Gewährung des Urlaubs für 1989 nicht in Verzug. Verzug setzt voraus, daß der Kläger die Leistung angemahnt hat, § 284 Abs. 1 BGB. Daran fehlt es. Entgegen der Revision ist eine Mahnung auch nicht entbehrlich gewesen. Die Beklagte hat die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht beharrlich, d.h. ernsthaft und endgültig verweigert. Hierfür hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen. Die möglicherweise vorhandene Fehlvorstellung des Arbeitgebers, er brauche einem teilzeitbeschäftigten Studenten keinen Urlaub zu gewähren, ist der beharrlichen Weigerung, den Urlaubsanspruch zu erfüllen, nicht gleichzusetzen.

2. Entgegen der Auffassung der Revision hat die Beklagte die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung auch nicht deshalb zu vertreten, well sie keinen Urlaub gewährt hat. Die auch im Schrifttum (GK-Bachmann, BUrlG, § 7 Rz 124; Künzl, BB 1991, 1630, 1633; Natzel, BUrlG, § 7 Rz 140) vertretene Auffassung, der Arbeitgeber habe die Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung auch dann zu vertreten, wenn der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch nicht fristgemäß geltend gemacht und der Arbeitgeber den Urlaub nicht festgelegt oder angeboten hat, ist nicht zutreffend. Die Revision übersieht, daß der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs nicht verpflichtet ist, die Leistung von sich aus zu erbringen. Er kann zwar ohne Rücksprache mit dem Arbeitnehmer den Freistellungszeitraum vorschlagen und bestimmen, sofern der Arbeitnehmer dagegen keinen Einwand hat. Er muß den Anspruch aber nicht erfüllen, bevor er vom Arbeitnehmer als Gläubiger des Freistellungsanspruchs dazu aufgefordert worden ist.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dr. Lipke, Dörner, Holst

Der ehrenamtliche Richter Binzek ist wegen Urlaub verhindert zu unterschreiben.

Dr. Leinemann

 

Fundstellen

Haufe-Index 838643

BB 1992, 1354

BB 1993, 144

RdA 1992, 403

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