Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung wegen langanhaltender Krankheit

 

Orientierungssatz

Bei dauernder Unfähigkeit des Arbeitnehmers die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, liegt die erhebliche betriebliche Beeinträchtigung auf der Hand. In diesem Falle besteht kein schützenswertes Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber daran zu hindern, mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers, der außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, auf Dauer einen anderen Arbeitnehmer zu beauftragen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 03.07.1986; Aktenzeichen 7 Sa 39/86)

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 17.10.1985; Aktenzeichen 1 Ca 505/84)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 1. Oktober 1984 zum 30. Juni 1985.

Der 1936 geborene Kläger war seit dem 21. März 1972 bei der Beklagten, einem Großbetrieb der Metallindustrie, in der Gießerei beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Oktober 1984, das dem Kläger am 8. Oktober 1984 in der Türkei und am 20. Oktober 1984 in der Bundesrepublik Deutschland zuging, ordentlich zum 30. Juni 1985.

Die Kündigung erfolgte aus krankheitsbedingten Gründen. Der Kläger war seit dem 3. November 1983 ununterbrochen arbeitsunfähig krank. Seine Arbeitsfähigkeit wurde erst im Laufe der Kündigungsfrist am 4. Februar 1985 wieder hergestellt. Die Ursache der Arbeitsunfähigkeit war eine Herzkranzgefäßerkrankung. Im Januar 1984 wurde deswegen eine Bypass-Operation zur Gefäßüberbrückung durchgeführt. Während seiner Arbeitsunfähigkeit wurde der Kläger auf Veranlassung der Betriebskrankenkasse am 19. März 1984 und 7. September 1984 vertrauensärztlich untersucht. Die vertrauensärztlichen Gutachten lagen der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung vor. In dem Gutachten vom 19. März 1984 ist zusammenfassend festgestellt, daß der Kläger "vorerst noch als arbeitsunfähig zu bezeichnen" ist und "wohl auf Dauer einen leichteren Arbeitsplatz erhalten müssen" wird. In der Begutachtung vom 7. September 1984 wird festgestellt, daß der Kläger "aufgrund seiner Diagnosen: KHK und Zust. n. Bypass-Op. nur noch in der Lage befunden (wurde) leichte Arbeiten im Sitzen zu verrichten" und daß Arbeitsunfähigkeit unter Berücksichtigung der bisher ausgeübten Tätigkeit noch vorliege. Da der Rentenantrag des Klägers abgelehnt worden sei, werde es "somit zunächst Aufgabe des Betriebs sein, Herrn A. einen geeigneten Arbeitsplatz zu vermitteln".

Der Kläger hat vorgetragen, zum Zeitpunkt der Kündigung habe nicht mit der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit gerechnet werden müssen. Das zeige sich auch daran, daß er ab Februar 1985 wieder gearbeitet habe. Wenn ihm etwas Schonung gewährt werde, könne er seiner bisherigen Arbeit weiter nachgehen. Außerdem könne die Beklagte ihn anderweitig einsetzen. Dazu müsse ein Betrieb in der Größenordnung der Beklagten in der Lage sein.

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der

Parteien durch die Kündigung der Beklagten

vom 1. Oktober 1984, zugegangen am 8. Oktober

1984 und 20. Oktober 1984, zum 30. Juni 1985

nicht aufgelöst worden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu

unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, zum Zeitpunkt der Kündigung sei die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht absehbar gewesen. Aus den beiden vertrauensärztlichen Gutachten ergebe sich, daß der Kläger auf Dauer die vertraglich geschuldete Leistung nicht habe erbringen können. Dagegen spreche nicht, daß er vom Februar 1985 bis zum 31. Oktober 1985 noch einmal gearbeitet habe, denn auch in dieser Zeit sei er dreimal erkrankt, nämlich vom 15. bis 28. Juli 1985, am 9. August und 11. Oktober 1985. Sie habe den Kläger auch nicht auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen können, an dem er mit leichterer Arbeit hätte beschäftigt werden können, insbesondere keine Lasten über 15 kg hätte tragen müssen und an dem er weder Hitze noch Lärm ausgesetzt gewesen sei. Eine Nachfrage in sämtlichen Betriebsabteilungen sei negativ verlaufen. Der Kläger könne wegen seiner fehlenden fachlichen Ausbildung und schlechten Sprachkenntnisse nur körperlich eingesetzt werden. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers und die Unsicherheit, wann mit der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu rechnen sei, habe auch zu erheblichen betrieblichen Belastungen geführt. Sie, die Beklagte, habe 1983 und 1984 insgesamt vierzig Aushilfen in der Gießerei mit einem erheblichen Aufwand an Lohn- und Lohnnebenkosten beschäftigt. Außerdem habe der Kläger Lohnfortzahlungskosten und Lohnnebenkosten in Höhe von 29.020,25 DM verursacht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagten seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung zwei vertrauensärztliche Gutachten bekannt gewesen, aus denen hervorgegangen sei, daß der Kläger zukünftig nur noch leichte Arbeiten im Sitzen verrichten könne. Aus diesem Grunde sei ein Einsatz unter den erschwerten Bedingungen eines Gießereibetriebes nicht mehr in Betracht gekommen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit habe der Kläger nicht substantiiert dargetan. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 1. Oktober 1984 zum 30. Juni 1985 nicht aufgelöst worden ist und die Beklagte verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen vertragsgemäß weiterzubeschäftigen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung nicht vorlägen. Es hat diese Auffassung damit begründet, die Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb die betrieblichen Auswirkungen des Ausfalls des Klägers nicht auf andere Weise als durch Kündigung hätten überbrückt werden können. Der Hinweis auf Lohnfortzahlungskosten von rund 29.000,-- DM reiche hierfür nicht aus. Einmal habe das Bundesarbeitsgericht nur zur Kündigung wegen wiederholter Kurzerkrankungen entschieden, daß die außergewöhnlich hohe Belastung durch Lohnfortzahlungskosten eine krankheitsbedingte Kündigung sozial rechtfertigen könne. Selbst wenn diese Rechtsprechung aber auf die Kündigung wegen langanhaltender Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit übertragen werde, sei der Vortrag der Beklagten unzureichend. Der Betrag der Lohnfortzahlungskosten für sich alleine genommen sei nämlich unergiebig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme es auf das Verhältnis der Lohnfortzahlungskosten zu dem für erbrachte Arbeit gezahlten Lohn an, also auf die Dauer des ungestörten Bestandes des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte habe aber hierzu nichts ausgeführt und auch nicht vorgetragen, in welchem Zeitraum die Lohnfortzahlungskosten angefallen seien. Die fehlende Darlegung der betrieblichen Auswirkungen müsse aber zur Sozialwidrigkeit der Kündigung führen, weil es von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, bei einer krankheitsbedingten Kündigung seien erhebliche betriebliche Belastungen vorzutragen, keine Ausnahme gäbe. Insbesondere sei unerheblich, ob sich aus dem vertrauensärztlichen Gutachten ergebe, daß der Kläger zukünftig aus gesundheitlichen Gründen seine bisherige Arbeit in der Gießerei nicht mehr verrichten könne. Auch wenn ärztlicherseits ein Arbeitsplatzwechsel für zweckmäßig gehalten und deswegen vom Arbeitnehmer gefordert werde, stehe dem Arbeitgeber kein Recht zur Kündigung zu. Vielmehr müsse es der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer überlassen, ob er das Arbeitsverhältnis in der bisher vereinbarten Form möglicherweise zum Schaden für seine Gesundheit fortsetzen oder aber im Interesse seiner Gesundheit seinerseits auf den Arbeitsplatz verzichten und das Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung beenden wolle.

B. Der Senat hat den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht in allen Teilen folgen können.

I. Bei der Frage, ob eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, weil personenbedingte Gründe vorliegen, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (BAGE 1, 99 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG; BAGE 42, 151, 157 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 30. Mai 1985 - 2 AZR 321/84 - AP Nr. 24 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Selbst unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Beurteilungsspielraums kann das Urteil keinen Bestand haben.

1. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 21. Februar 1985 (- 2 AZR 72/84 - nicht veröffentlicht) und im Urteil vom 30. Januar 1986 (- 2 AZR 668/84 - NZA 1987, 555, 556) ausgeführt, die krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, berechtige den Arbeitgeber zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hierbei handele es sich nicht um eine Kündigung wegen Leistungsminderung infolge Krankheit, sondern um eine Kündigung wegen dauernder Unmöglichkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Für die Lösung dieser Fallgestaltung biete das Urteil vom 15. Februar 1984 (- 2 AZR 573/82 - BAGE 45, 146 = AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = EzA § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 15) den richtigen Ansatz zur Lösung. In dieser Entscheidung hat der Senat darauf hingewiesen, das Arbeitsverhältnis sei ein Austauschverhältnis. Sei dieses Austauschverhältnis auf Dauer erheblich gestört, weil mit immer neuen beträchtlichen Fehlzeiten und entsprechenden Lohnfortzahlungen zu rechnen sei, könne eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein, weil dann die wirtschaftlichen Belastungen unter dem Gesichtspunkt einer ganz erheblichen Störung des Austauschverhältnisses von nicht absehbarer Dauer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen könnten. Der Senat hat hieraus in den Entscheidungen vom 21. Februar 1985 und 30. Januar 1986 den Schluß gezogen, daß bei einem Arbeitsverhältnis, bei dem feststeht, daß der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, schon aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis auf Dauer ganz erheblich gestört sei. Die auf das jeweilige Arbeitsverhältnis bezogene unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung bestehe darin, daß der Arbeitgeber damit rechnen müsse, der Arbeitnehmer sei auf Dauer außerstande, die von ihm geschuldete Leistung zu erbringen. Vom Fehlen einer betrieblichen Beeinträchtigung könnte nur ausgegangen werden, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers überhaupt keinen Wert hätte. Einen solch ungewöhnlichen Ausnahmetatbestand, der voraussetzen würde, der Arbeitgeber beschäftige überflüssige Arbeitnehmer, müsse aber der Arbeitnehmer vortragen.

Der Senat sieht auch nach erneuter Überprüfung keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Vielmehr liegt bei dauernder Unfähigkeit des Arbeitnehmers, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, die erhebliche betriebliche Beeinträchtigung auf der Hand. In diesem Falle besteht kein schützenswertes Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber daran zu hindern, mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers, der außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, auf Dauer einen anderen Arbeitnehmer zu beauftragen.

2. Diese vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht berücksichtigt, denn es hat die Kündigung für sozialwidrig gehalten, weil die Beklagte die betrieblichen Auswirkungen der krankheitsbedingten Fehlzeit nicht hinreichend vorgetragen habe. Das Berufungsgericht hat es für unerheblich gehalten, ob sich aus dem vertrauensärztlichen Gutachten ergibt, daß der Kläger zukünftig aus gesundheitlichen Gründen seine bisherige Arbeit in der Gießerei nicht mehr verrichten kann. Es hat damit den Rechtssatz aufgestellt, auch dann, wenn ein Arbeitnehmer auf Dauer außerstande ist, aus gesundheitlichen Gründen die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, müsse der Arbeitgeber darüber hinausgehende betriebliche Auswirkungen vortragen. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen für diese Fallgestaltung der krankheitsbedingten Kündigung, nämlich der dauernden Unfähigkeit zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung aufgrund Krankheit, unrichtig beurteilt. Darauf beruht das Urteil auch, da das Berufungsgericht die Kündigung allein deshalb für sozialwidrig gehalten hat, weil die Beklagte nicht hinreichend betriebliche Auswirkungen vorgetragen habe, die über die dauernde Unfähigkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, hinausgehen sollen.

3. Das Urteil würde nur dann nicht auf einem Rechtsfehler beruhen, wenn der Kläger - ggf. zu geänderten Bedingungen - auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte. Nach dem Urteil des Senats vom 27. September 1984 (- 2 AZR 62/83 - BAGE 47, 26 = AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969) muß der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine beiden Parteien zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anbieten. Vorliegend hat die Beklagte vorgetragen, es stehe für den Kläger kein freier Arbeitsplatz zur Verfügung, der den ärztlichen Vorstellungen entspreche, der nämlich den Kläger weder Hitze noch Lärm aussetze, bei dem er nicht Schichtarbeit leisten müsse und keine Lasten über 15 kg zu heben habe. Eine Umfrageaktion an sämtliche Betriebsabteilungen sei negativ verlaufen. In Anbetracht der unzureichenden deutschen Sprachkenntnisse und der fehlenden fachlichen Ausbildung hätten dem Kläger nur manuelle Tätigkeiten zugewiesen werden können. Ein freier Arbeitsplatz für entsprechende Tätigkeiten, die dem Kläger hätten zugewiesen werden können und die die ärztlichen Voraussetzungen erfüllten, seien aber zum Zeitpunkt der Kündigung nicht vorhanden gewesen. Es wäre nun Sache des Klägers gewesen, den Vortrag der Beklagten substantiiert zu bestreiten und darzulegen, wie er sich seine weitere Beschäftigung vorstelle (BAG Urteil vom 5. August 1976 - 3 AZR 110/75 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit). Dies hat der Kläger aber auch nicht in der Berufungsinstanz getan, obwohl seine Klage vom Arbeitsgericht u.a. mit der Begründung abgewiesen worden war, er habe nicht substantiiert bestritten, daß eine weitere Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Weiterbeschäftigung des Klägers zu geänderten Bedingungen, die seinem Gesundheitszustand Rechnung trugen, an einem anderen freien Arbeitsplatz nicht möglich gewesen ist. Damit steht fest, daß das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf dem Rechtsfehler beruht und deshalb aufzuheben ist.

4. Der Rechtsstreit war an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, da er noch nicht zur Entscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß der Kläger dauernd außerstande gewesen ist, aufgrund seiner Krankheit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Vielmehr ist dies zwischen den Parteien streitig. Das Arbeitsgericht hatte zwar die Klage mit der Begründung abgewiesen, aus den zwei vertrauensärztlichen Gutachten ergebe sich, daß der Kläger nur noch leichte Arbeiten im Sitzen verrichten könne. Die Beklagte hat auch die dauernde Unmöglichkeit des Klägers, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen unter Hinweis auf die Bypass-Operation und die beiden vertrauensärztlichen Gutachten behauptet. Dies hat der Kläger aber substantiiert bestritten und u.a. auch darauf hingewiesen, daß er schließlich in der Zeit von Februar bis Oktober 1985 wieder an seinem alten Arbeitsplatz tätig gewesen sei. Nach dem ärztlichen Gutachten vom 7. September 1984 ist der Kläger zwar nur noch in der Lage, leichte Arbeiten im Sitzen zu verrichten. Aus diesem Gutachten läßt sich ein Indiz dafür entnehmen, daß der Kläger tatsächlich auf Dauer außerstande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Ob dies aber tatsächlich der Fall ist, muß der Feststellung des Landesarbeitsgerichts vorbehalten bleiben. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß das vertrauensärztliche Gutachten der Klärung dient, ob ein Arbeitnehmer noch während seiner Untersuchung arbeitsunfähig krank ist und - vorliegend - ob dem Arbeitnehmer erlaubt werden soll, während der arbeitsunfähigen Erkrankung in die Heimat zu reisen. Dagegen will das vertrauensärztliche Gutachten gar nicht die Frage beantworten, ob ein Arbeitnehmer auf Dauer außerstande ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Entsprechend setzen sich beide in Bezug genommenen vertrauensärztliche Gutachten nicht mit der Frage auseinander, welchen Belastungen denn der Kläger an seinem Arbeitsplatz ausgesetzt ist.

II. Sollte das Landesarbeitsgericht nach Zurückverweisung zu der Feststellung gelangen, daß eine dauernde Unmöglichkeit, die geschuldete Leistung zu erbringen, nicht vorliegt, es sich also um einen normalen Fall einer Kündigung wegen langandauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit handelt, kommt es darauf an, ob die Beklagte betriebliche Beeinträchtigungen genügend dargelegt hat. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß es hierfür nicht ausreicht, wenn die Beklagte vorträgt, sie habe in der Vergangenheit verschiedene Aushilfskräfte benötigt, ohne näher darzulegen, wieviele von diesen Aushilfskräften zu welchem Zeitpunkt für den Kläger benötigt wurden. Wirtschaftliche Belastungen allein können auch die Kündigung wegen einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit sozial rechtfertigen. Hierfür genügt es aber nicht - auch darin ist dem Berufungsgericht zu folgen - daß die Beklagte einen Betrag von 29.000,-- DM an Lohnfortzahlungskosten und Lohnnebenkosten vorträgt, den sie für den Kläger aufgewendet haben will. Sie muß zumindest dartun, aus welchen Einzelbeträgen sich die Gesamtbelastung durch Lohnfortzahlungskosten und Lohnnebenkosten ergibt und für welche Zeiten der Arbeitsunfähigkeit diese Kosten angefallen sind. Nur so wird das Gericht in die Lage versetzt zu überprüfen, ob die Lohnfortzahlungskosten unter dem Gesichtspunkt einer ganz erheblichen Störung des Austauschverhältnisses von nicht absehbarer Dauer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen können (BAG Urteil vom 15. Februar 1984 - 2 AZR 573/82 - aaO).

Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller

Dr. Harder Dr. Bobke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI438004

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