Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigung freier Mitarbeiter als Einstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Vergabe von Plakatklebearbeiten an freie Mitarbeiter; Voraussetzungen einer Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 30. August 1994 – 1 ABR 3/94 – AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung)

 

Normenkette

BetrVG §§ 99, 101; BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Beschluss vom 04.08.1995; Aktenzeichen 3 TaBV 9/94)

ArbG Hamburg (Beschluss vom 14.04.1994; Aktenzeichen 14 BV 12/93)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. August 1995 – 3 TaBV 9/94 – aufgehoben.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. April 1994 – 14 BV 12/93 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Übertragung von bisher durch Arbeitnehmer ausgeführten Arbeiten (Plakatkleben) an externe Auftragnehmer als mitbestimmungspflichtige Einstellung zu werten ist.

Die Arbeitgeberin führt in Hamburg Außenwerbung durch. Sie vermietet Werbeflächen an Plakatsäulen und Anschlagflächen und bringt dort die Werbeplakate der Kunden an. Sie beschäftigt ca. 60 Arbeitnehmer, davon 29 Plakatkleber. Die Klebearbeiten werden seit einiger Zeit auch von sogenannten Auftragnehmern durchgeführt. Mit diesen schließt die Arbeitgeberin einen Vertrag nach Maßgabe einer Mustervereinbarung, in der die Auftragnehmer jeweils als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts bezeichnet sind. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Beschwerdeinstanz bestanden noch Verträge mit den Auftragnehmern P., M., B. und H. Die Mustervereinbarung enthält folgende Bestimmungen:

  1. Die Auftraggeberin beauftragt die Auftragnehmerin mit der laufenden Bearbeitung der in dem anliegenden Anschlagstellenverzeichnis aufgeführten Plakatanschlagstellen in Hamburg und Umgebung. Hierfür kann sie sich der Hilfe Dritter bedienen. Die Auftragnehmerin ist auch berechtigt, für andere Unternehmen – auch der gleichen Branche – tätig zu sein.

  2. Die Auftragnehmerin verpflichtet sich zur pünktlichen Anbringung der Plakate und Abdeckung abgelaufener Anschläge nach den Anschlagplänen der Auftraggeberin, zum Erneuern oder Abdecken beschädigter Plakate, zum Einkleben neuer oder versetzter Anschlagstellen, zum Schälen der Anschlagtafeln einschl. Papierabfahren und Neueinkleben, zum Sauberhalten des Gehweges an den Anschlagstellen und zum Beseitigen von Fremdkörpern auf den Säulendeckeln.

    Die zeitliche Gestaltung sowie die Art und Weise der Vertragserfüllung ist der Auftragnehmerin freigestellt.

    Wird der Auftrag von der Auftragnehmerin mangelhaft, nur zum Teil oder überhaupt nicht erfüllt, so kann die Auftraggeberin, soweit noch möglich, Beseitigung des Mangels oder in den Fällen, in denen die Mängelbeseitigung nicht mehr möglich ist, Schadenersatz oder Minderung verlangen.

    Das für die Anschlagarbeiten benötigte Kraftfahrzeug wird von der Auftragnehmerin gestellt. Das erforderliche Arbeitsmaterial kann von der Auftraggeberin zum Selbstkostenpreis bezogen werden. Für Kleister und Makulaturpapier werden der Auftragnehmerin monatlich pauschal 175,– DM zuzügl. gesetz. Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.

  3. Der Auftragnehmerin werden die für sie bestimmten Plakate und der Anschlagplan fristgerecht von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellt. Fehlende Plakate sind bei der Auftraggeberin unverzüglich zu reklamieren.

    Die Auftragnehmerin ist verpflichtet, alle besonderen Vorkommnisse, die auf den Plakatanschlag an den von ihr betreuten Anschlagstellen Einfluß haben, der Auftraggeberin unverzüglich, in dringenden Fällen fernmündlich, zu melden. Dies gilt insbesondere, wenn die Auftragnehmerin feststellt, daß eine Anschlagstelle nicht mehr vorhanden oder beschädigt ist, oder wenn sie an der Durchführung des Plakatanschlags z.B. durch Straßenbauarbeiten, abgestellte Fahrzeuge o.ä. gehindert wird.

  4. Ist die Auftragnehmerin wegen Krankheit oder aus anderen Gründen verhindert, die ihr erteilten Aufträge auszuführen, so hat sie die Auftraggeberin hierüber unverzüglich zu verständigen und ihr gleichzeitig mitzuteilen, wer die Vertretung für sie übernimmt. Hiervon unberührt bleiben etwaige Schadenersatzansprüche der Auftraggeberin, die daraus herrühren, daß die Auftragnehmerin Plakatanschläge nicht ausführt oder die Auftraggeberin sie selbst oder durch Dritte ausführen lassen muß.
  5. Für die Bearbeitung der Anschlagstellen einschl. der Nebenarbeiten gemäß Ziffer 2 Absatz 1 werden folgende Vergütungssätze zuzüglich etwa anfallender Umsatzsteuer gezahlt.

    a)

    für eine allgemeine Anschlagstelle einschl. Ausbessern und Neutralisieren

    je Dekade DM –

    bei einer Belegung bis zu zwei Dritteln

    je Dekade DM –

    bei einer Belegung bis zu einem Drittel

    je Dekade DM –

    b)

    für eine Ganzsäule

    je Klebung DM –

    c)

    für eine Großfläche

    je Klebung DM –

    d)

    Entgelt je Stunde

    DM –

    Diese Sätze werden nur für tatsächlich bearbeitete Anschlagstellen gezahlt. Für die Kontrolle und das Ausbessern von Anschlägen an Ganzsäulen und Großflächen, die die zweite Dekade ohne Neuklebung im Aushang bleiben, werden 25 % des entsprechenden Vergütungssatzes gezahlt. Muß eine Ganzsäule oder Großfläche total neu eingeklebt werden, wird der volle Vergütungssatz gezahlt.

  6. Die Auftragnehmerin ist verpflichtet, alle Steuern, Beiträge, etwaige Vorsorgeaufwendungen und dergleichen selbst zu tragen. Sie ist auch verpflichtet, ihr Gewerbe bei der zuständigen Behörde anzumelden.

    Ein Anspruch auf Urlaub oder auf Fortzahlung der vereinbarten Vergütungen im Krankheitsfalle besteht nicht.

  7. Der Vertrag beginnt am … und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann jeweils mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, frühestens jedoch zum …, gekündigt werden.

    Hält die Auftragnehmerin die von ihr übernommenen Verpflichtungen trotz Mahnung nicht ein, so berechtigt dies die Auftraggeberin, das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen.

  8. Eine etwaige Übertragung der Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag durch die Auftragnehmerin auf einen Dritten bedarf der Zustimmung der Auftraggeberin.
  9. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Hamburg.

Die von den Auftragnehmern zu betreuenden Plakatanschlagstellen sind vertraglich festgelegt. Der Plakatanschlag ist organisatorisch untergliedert in Allgemeinstellen für allgemeine Werbung sowie in Großflächen und Ganzsäulen mit jeweils nur einer Werbung. Die Arbeitgeberin geht für einen angestellten Plakatkleber von einer täglichen Leistung von 20 Allgemeinstellen, 8 Ganzsäulen oder 16 Großflächen aus. Dem liegt eine Arbeitszeit von 1,1 Stunden zugrunde. Die Klebearbeiten werden von den Arbeitnehmern jeweils montags und dienstags bzw. donnerstags und freitags ausgeführt. Der Mittwoch ist als Nachklebetag bzw. für sonstige Arbeiten vorgesehen. Die Plakate werden den Arbeitnehmern gefaltet und gewässert zur Klebung übergeben. Auch die Auftragnehmer erhalten die zu klebenden Plakate nebst einem Anschlagplan gefaltet ausgehändigt. Sie nutzen zur Wässerung die betrieblichen Anlagen der Arbeitgeberin. Der zum Kleben erforderliche Kleister und Makulaturpapier werden ihnen gemäß vertraglicher Abrede von der Arbeitgeberin zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt. Die Auftragnehmer benutzen für die Arbeit ihre eigenen Fahrzeuge. Soweit Arbeitnehmer ein eigenes Fahrzeug benutzen, erhalten sie hierfür Kilometergeld.

Plakate an den Ganzsäulen und Großflächen werden in einem Zehn-Tage-Rhythmus geklebt. Dieser Rhythmus gilt auch für die Auftragnehmer. Sie können allerdings bei Beginn ihrer Tätigkeit bzw. des jeweiligen laufenden Jahres festlegen, welche der im Zehn-Tage-Rhythmus zu beklebenden Flächen sie an welchem der ersten drei bzw. der zweiten drei Wochentage bekleben wollen. Bei den Allgemeinflächen besteht für die Auftragnehmer insoweit ein freierer Rhythmus, als sie entscheiden können, an welchem der drei Tage der ersten bzw. der zweiten Wochenhälfte sie die Arbeiten ausführen. Die derzeit noch beschäftigten Auftragnehmer sind ausschließlich bzw. überwiegend (P.) mit der Beklebung von Ganzsäulen oder Großflächen beschäftigt.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, in der Beschäftigung der Auftragnehmer auf der Grundlage der Musterverträge liege eine mitbestimmungspflichtige Einstellung. Die Auftragnehmer seien wie die angestellten Plakatkleber in den Betrieb eingegliedert. Wie diese hätten sie eine bestimmte Tour zu betreuen. Eine zeitliche Dispositionsfreiheit bestehe praktisch nicht, da der Dekadenrhythmus den Ablauf vorgebe. Allenfalls hinsichtlich Beginn und Ende der Tagesarbeitszeit bestünden gewisse Freiheiten. Den Arbeitnehmern sei zwar eine Arbeitszeit von 7,7 Stunden täglich vorgegeben. Ihnen bleibe es aber praktisch gleichfalls überlassen, ob sie die Plakate vormittags oder nachmittags klebten. Für die Eingliederung spreche auch, daß die Auftragnehmer die Vorarbeiten in den Betriebsräumen der Arbeitgeberin durchführten wie z.B. das Wässern und das Anrühren des Kleisters. In Ausnahmefällen müßten die Arbeitnehmer auch Touren von Auftragnehmern mitbedienen, falls diese etwa wegen Krankheit ausfielen und keinen Ersatz stellen könnten. Die Auftragnehmer hätten aufgrund der Menge der übernommenen Aufträge faktisch keine Möglichkeit, für andere Auftraggeber zu arbeiten. Sie seien im Grunde als Arbeitnehmer anzusehen. Jedenfalls sei unabhängig vom Status eine für die Mitbestimmung nach § 99 BetrVG ausreichende Eingliederung anzunehmen. Die von ihnen verrichteten Arbeiten dienten unmittelbar dem arbeitstechnischen Zweck des Betriebes. Sie seien weder absonderbar noch tatsächlich abgesondert.

Der Betriebsrat hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

  1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Durchführung von Plakatierarbeiten durch die Herren P., M., B. und H. zu beenden,
  2. festzustellen, daß bei der Arbeitgeberin die Beschäftigung von Plakatklebern als Auftragnehmer dem Beteiligungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG unterliegt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge des Betriebsrats zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, bei den Auftragnehmern handele es sich nicht um Arbeitnehmer, es liege auch keine Eingliederung in den Betrieb vor. Die namentlich genannten Personen seien Träger bzw. Repräsentanten der von ihnen geleiteten Unternehmen. Es sei ihnen überlassen, die Aufträge persönlich zu erfüllen oder sich der Hilfe dritter Kräfte zu bedienen. Von dieser Möglichkeit machten die Auftragnehmer auch Gebrauch. Welche Personen im Einzelfall die Arbeiten ausführten, sei ihr nicht bekannt. Die Auftragnehmer seien in der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie der Toureneinteilung frei und nur an den Zehn-Tage-Rhythmus gebunden. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern seien sie nicht verpflichtet, an bestimmten Tagen zu kleben. Ihre Vertretung im Verhinderungsfall hätten sie selbst zu organisieren. Eine Vertretung durch angestellte Arbeitnehmer finde nur in ganz seltenen Ausnahmefällen statt. Es handele sich bei den den Auftragnehmern übertragenen Aufgaben um absonderbare und auch tatsächlich abgesonderte Arbeitsbereiche, die nur einen Teil des von ihr verfolgten arbeitstechnischen Zwecks ausmachten.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihnen in der zweitinstanzlich gestellten Form stattgegeben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin weiterhin die Abweisung der Anträge.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Die Vergabe von Klebearbeiten an die benannten Auftragnehmer stellt keine mitbestimmungspflichtige Einstellung dar. Der Betriebsrat kann daher nicht verlangen, daß die Verträge mit den genannten Auftragnehmern gelöst werden (I), Damit ist zugleich der Feststellungsantrag unbegründet (II).

I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Arbeitgeberin mit der Beschäftigung der Auftragnehmer P., M., B. und H. nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt.

1. Nach ständiger Senatsrechtsprechung liegt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG dann vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht entscheidend an. Maßgebend ist vielmehr die Eingliederung, die Frage also, ob die zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes dient und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muß. Eine Eingliederung in den Betrieb und dessen Organisation ist allerdings nicht schon dann anzunehmen, wenn Personen im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und ihre Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk nach Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozeß eingeplant oder detailliert beschrieben ist. Entscheidend hinzukommen muß, daß die beschäftigten Personen selbst in die Arbeitsorganisation eingegliedert sind, so daß der Arbeitgeber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über ihren Arbeitseinsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung auch für sie übernimmt (vgl. zuletzt etwa Senatsbeschlüsse vom 30. August 1994 – 1 ABR 3/94 – sowie vom 18. Oktober 1994 – 1 ABR 9/94 – AP Nr. 6 und Nr. 5 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung, mit ausführlichen weiteren Nachweisen).

Diese Grundsätze gelten einerseits hinsichtlich des sogenannten Fremdpersonals, das von einem Drittunternehmen entsandt wird; insoweit kommt es zu einer Aufspaltung der Arbeitgeberstellung. Im Sinne des § 99 BetrVG kann andererseits auch ein sogenannter freier Mitarbeiter, der selbst keinen Arbeitgeber hat, eingegliedert sein. Wie der Senat aber schon in seiner Entscheidung vom 30. August 1994 (a.a.O.) klargestellt hat, unterscheidet sich der freie Mitarbeiter vom Arbeitnehmer gerade dadurch, daß die durch Weisungsgebundenheit und Eingliederung bestimmte persönliche Abhängigkeit fehlt. Im Regelfall ist daher die Beschäftigung eines freien Mitarbeiters nicht als Einstellung zu werten, Dies kommt nur bei atypischen Fallgestaltungen in Betracht.

2. Das Landesarbeitsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Es hat angenommen, unabhängig vom Status der Auftragnehmer liege jedenfalls ein atypischer Sachverhalt vor, weil sich die Tätigkeit nicht nennenswert von der weisungsabhängigen Tätigkeit der vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebes unterscheide. Insoweit gehe es um einen Ausnahmefall im Sinne der Entscheidung des Senates vom 30. August 1994 (a.a.O.).

Dem ist nicht zu folgen. Voraussetzung einer Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG ist die mindestens teilweise arbeitnehmertypische Einbindung des freien Mitarbeiters in die betriebliche Organisation. Erst diese berührt die kollektiven Interessen der Belegschaft in gleicher Weise wie die Beschäftigung eines Arbeitnehmers. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts trägt die Annahme einer solchen Einbindung nicht.

a) Auch das Landesarbeitsgericht verkennt nicht, daß das Kleben der Plakate an sich ein absonderbarer Teil des von der Arbeitgeberin verfolgten Betriebszwecks ist, nämlich die unterhaltenen Werbeflächen zu vermieten und die Werbung durchzuführen. Diese Aufgabe ist daher grundsätzlich einer Fremdvergabe zugänglich. Eine Absonderung der vergebenen Plakatierungsarbeiten ist auch tatsächlich erfolgt, indem den Auftragnehmern ein genau bestimmter Klebebezirk zugewiesen wurde. In diesem Bereich führen die Auftragnehmer die Arbeiten eigenverantwortlich durch. Die Zuweisung eines anderen Bereichs ist nicht möglich. Es erfolgt auch nicht etwa eine ständig neue Einteilung im Sinne eines Tourenplans oder Dienstplans.

Das Landesarbeitsgericht hält dem entgegen, daß die Arbeitgeberin nicht die gesamten Klebearbeiten an eine oder mehrere Fremdfirmen vergeben habe. Das ist jedoch nicht entscheidend. Der Umstand allein, daß nur ein Teil der Klebearbeiten an dritte Personen vergeben wurde, spricht noch nicht für die Annahme einer ganz oder teilweisen arbeitnehmertypischen „Einbindung der Auftragnehmer in die betriebliche Organisation. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, nach dem Betriebszweck anfallende Arbeiten teilweise von eigenen (Stamm-)Arbeitnehmern, teilweise aber auch von freien Mitarbeitern oder Subunternehmern durchführen zu lassen. Gerade für Arbeiten im Außenbereich, die nicht an eine feste Betriebsstätte gebunden sind, kann die Vergabe fest abgegrenzter Bezirke an freie Mitarbeiter bei gleichzeitiger Betreuung anderer Bezirke durch eigene Arbeitnehmer weder als unsachlich noch als unüblich angesehen werden. Entscheidend für die Frage der Einstellung bleibt auch in diesem Fall, ob die Arbeiten betriebsorganisatorisch zu trennen sind und diese Trennung tatsächlich durchgeführt wird oder ob auch die freien Mitarbeiter organisatorisch so in den Betrieb eingebunden sind, daß ihr Einsatz letztlich doch von Arbeitgeberweisungen abhängt. Nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, daß sie zusammen mit den Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes verfolgen. Erst diese betriebsorganisatorisch notwendige Zusammenarbeit berührt die Interessen der Belegschaft, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen schützen soll.

b) Eine für diese Annahme ausreichende Verzahnung der Betriebsorganisation ist nicht gegeben. Die Auftragnehmer werden nicht wie die angestellten Arbeitnehmer tätig und unterliegen keiner vergleichbaren Personalhoheit der Arbeitgeberin.

aa) Die Art der zu erbringenden Dienstleistung liegt allerdings fest, daraus resultiert aber noch keine arbeitnehmertypische Weisungsbindung. In einem Dienst- oder Werkvertrag kann die zu erbringende Leistung detailliert vorgegeben werden, was in der Regel auch erforderlich ist. Diese Festlegung sichert dem Arbeitgeber noch keine arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis im Sinne der Personalhoheit (vgl. etwa Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1992 – 1 ABR 30/92 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 110, unter B II 2 a der Gründe, m.w.N.). Das Weisungsrecht ist personenbezogen, ablauf- und verfahrensorientiert. Es beinhaltet das Recht, den Arbeitseinsatz nach Art, Zeit und Ort zu steuern. Einer solchen Bindung unterliegen die Auftragnehmer nicht. Ihre Dienstleistung ist vertraglich fixiert. Sie bedarf keiner Konkretisierung durch Arbeitgeberweisungen und ist einer solchen auch nicht zugänglich. Soweit die Auftragnehmer örtlich gebunden sind, beruht das allein auf der Art der Dienstleistung – die Plakate können nur an die vorhandenen Anschlagflächen geklebt werden. Das ist keine arbeitnehmertypische Bindung.

bb) Die Auftragnehmer unterliegen auch hinsichtlich ihrer Arbeitszeit keiner Arbeitgeberweisung. Soweit sie an den Dekadenrhythmus gebunden sind, folgt diese Bindung wiederum ausschließlich aus der Art der Dienstleistung. Die Arbeitgeberin kann den Auftragnehmern keine verbindlichen Vorgaben machen, wann sie etwa – bezogen auf die Tageszeit – mit dem Kleben der Plakate zu beginnen haben und wie lange sie jeweils arbeiten müssen. Im Rahmen der durch den Dekadenrhythmus gesetzten Zwänge haben die Auftragnehmer auch durchaus Spielräume – mindestens hinsichtlich Beginn und Ende der Tagesarbeitszeit. Diese Spielräume erweitern sich durch die vertraglich eingeräumte und tatsächlich genutzte Möglichkeit, Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Wenn – wie der Betriebsrat vorträgt – auch den festangestellten Klebern faktisch freisteht, ob sie die Tour vormittags oder nachmittags kleben, belegt das allenfalls eine untypische Lockerung der Arbeitnehmerstellung, die durch Arbeitgeberweisung beendet werden könnte.

cc) Gegen die Annahme einer freien Dienstleistung spricht auch nicht, daß es sich bei den übernommenen Klebearbeiten um einfache Tätigkeiten handelt, die keiner besonderen Ausführungsweisungen bedürfen. Auch gegenständlich eng beschränkte Aufgaben können zum Inhalt eines Dienst- oder Werkvertrages gemacht werden (Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1992 – 1 ABR 30/92 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 110).

dd) Eine betriebliche Eingliederung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß die Auftragnehmer die Plakate im Betrieb abholen und die Betriebsanlagen zur Wässerung benutzen. Bei jeder Vergabe von Dienstleistungen – entsprechendes gilt für Werkleistungen – an freie Mitarbeiter oder Drittunternehmer gibt es Berührungspunkte in der Weise, daß der Dienstgeber dem Dienstnehmer den Gegenstand der Dienstleistung zur Verfügung stellen muß. Die Nutzung der betrieblichen Anlagen zum Wässern der Plakate wird nicht in einem Umfang und in einer Form praktiziert, daß deshalb von einer arbeitnehmertypischen Zusammenarbeit der Auftragnehmer mit den Arbeitnehmern gesprochen werden könnte. Dies gilt umso mehr, als es allenfalls zu zeitlichen Überschneidungen kommen kann, das Wässern der Plakate selbst hingegen keiner arbeitstechnischen Zusammenarbeit bedarf. Es ist auch nicht unüblich, daß Betriebsanlagen von Dritten benutzt werden (Handwerkern, Monteuren, Lieferanten), ohne daß daraus bereits auf eine Eingliederung geschlossen werden könnte.

ee) Eine Eingliederung der Auftragnehmer ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht deshalb anzunehmen, weil bei Ausfall eines Auftragnehmers gelegentlich Arbeitnehmer eingesetzt werden. Dem könnte ein stärkeres Gewicht beigemessen werden, wenn die Arbeitnehmer regelmäßig als Vertretung eingeplant würden (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 15. Mai 1990 – 1 ABR 31/89 –, n.v.). Dies ist aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht der Fall. Grundsätzlich haben die Auftragnehmer selbst für Ersatz zu sorgen (vgl. auch Nr. 4 der Mustervereinbarung). Anders wird auch nicht verfahren. Ein Einsatz von eigenen Arbeitnehmern ist – wie das Landesarbeitsgericht feststellt – verhältnismäßig selten notwendig.

Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts würde bedeuten, daß bei einer Beschäftigung von freien Mitarbeitern oder Subunternehmern in der Regel das Kriterium der Eingliederung erfüllt wäre. Da die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung im Betrieb benötigt wird (sonst würde sie nicht vergeben), kann es bei Ausfall des freien Mitarbeiters oder Drittunternehmers immer erforderlich werden, die Leistung notfalls durch eigene Arbeitnehmer zu erbringen. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation ist aber erst dann in Betracht zu ziehen, wenn die Vertretung in der Weise organisiert ist, daß bei Ausfall nicht der Auftragnehmer für Ersatz zu sorgen hat, sondern der Arbeitgeber die Vertretung eigenen Arbeitnehmern überträgt (so der dem Senatsbeschluß vom 15. Mai 1990, a.a.O., zugrunde liegende Sachverhalt). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die Auftragnehmer haben nicht nur bei Ausfällen selbst Ersatz zu stellen, sondern können sich generell der Hilfe Dritter bedienen. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Arbeitgeberin die mitwirkenden Personen zu benennen sind. Ein entsprechendes Interesse des Bestellers ist auch bei einer freien Dienst- oder Werkleistung anzuerkennen, weil er wissen muß, wem er die zur Dienstleistung erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung stellen kann.

c) Es ist nicht das Ziel des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG, eine „Flucht in den Dienst- oder Werkvertrag” zu verhindern. Dieses Mitbestimmungsrecht hat nicht die Organisation des Betriebes zum Gegenstand. Es läßt dem Betriebsrat nur die Alternative, der vom Arbeitgeber beabsichtigten Maßnahme zuzustimmen oder sie abzulehnen, eröffnet ihm also keine Möglichkeit, das Nebeneinander von Belegschaftsteilen mitzugestalten. Soweit das Betriebsverfassungsgesetz Beteiligungsrechte vorsieht, die dem Betriebsrat die Beeinflussung der wirtschaftlichen Entscheidungen des Arbeitgebers über die Fremdvergabe von Tätigkeiten ermöglichen, sind diese in anderen Normen enthalten, wie z.B. in den §§ 111 ff. BetrVG (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 18. Oktober 1994 – 1 ABR 9/94 – AP Nr. 5 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung, unter B I 2 der Gründe).

3. Der angefochtene Beschluß kann daher keinen Bestand haben. Der Antrag des Betriebsrats ist vielmehr unbegründet. Diese Entscheidung kann der Senat selbst treffen, da der maßgebliche Sachverhalt feststeht und weitergehender Vortrag nicht zu erwarten ist.

Das Landesarbeitsgericht hat zwar die Frage, ob es sich bei den Auftragnehmern um Arbeitnehmer handelt, offen gelassen und nur auf eine atypische Fallgestaltung abgestellt, welche die Annahme einer Eingliederung rechtfertigen soll. Dem ist jedoch – wie dargelegt – nicht zu folgen. Dies spricht zugleich gegen die Annahme, bei den Auftragnehmern handele es sich um Arbeitnehmer. Wie bereits im Senatsbeschluß vom 30. August 1994 (1 ABR 3/94 – AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung) ausgeführt, sind die für die Annahme einer Eingliederung im Sinne des § 99 BetrVG maßgeblichen Kriterien der Weisungsgebundenheit und durch persönliche Abhängigkeit bedingten Einbindung im wesentlichen mit den Kriterien für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses übereinstimmend.

Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist weder erforderlich noch ausreichend. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt und mehr oder weniger strikten Weisungen unterliegt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlich frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Diese Regelung enthält über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine gesetzliche Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist (vgl. zuletzt etwa BAG Urteil vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 – und Urteil vom 26. Juli 1995 – 5 AZR 22/94 – AP Nr. 74 und Nr. 79 zu § 611 BGB Abhängigkeit, mit ausführlichen weiteren Nachweisen).

Eine solche persönliche Abhängigkeit der Auftragnehmer liegt hier nicht vor. Sie unterliegen keinem persönlichen Weisungsrecht. Sie können im Rahmen der durch die Art der übernommenen Dienstleistung gegebenen Bindungen (insbesondere den Zehn-Tage-Rhythmus) die Arbeitszeit frei gestalten. Ihnen steht das Recht zu, sich der Mithilfe dritter Personen zu bedienen. Sie können nicht zu anderen als den vertraglich festgelegten Dienstleistungen herangezogen werden und sind andererseits nicht gehindert, weitere Dienstleistungen gegenüber dritten Dienstgebern zu übernehmen. Sie unterliegen daher nicht der Personalhoheit eines Arbeitgebers im Sinne eines Weisungsrechts, das die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit rechtfertigte. Die Auftragnehmer mögen als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sein, weil sie wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind (vgl. dazu etwa die Definition des § 12 a Tarifvertragsgesetz). Das Kriterium der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist aber nach ständiger Rechtsprechung nicht maßgeblich für die Beurteilung der Frage der persönlichen Abhängigkeit im Sinne einer Unterstellung unter ein umfassendes Arbeitgeberweisungsrecht.

II. Damit ist zugleich auch der Antrag des Betriebsrats unbegründet festzustellen, daß bei der Arbeitgeberin die Beschäftigung von Plakatklebern als Auftragnehmer dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG unterliegt.

1. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zutreffend als zulässig angesehen. Der Betriebsrat hat ein rechtliches Interesse daran, daß das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts gem. § 99 BetrVG allgemein festgestellt wird. Zwischen den Betriebspartnern ist über den Einzelfall hinaus streitig, ob der Einsatz von Auftragnehmern nach Maßgabe des Mustervertrages mitbestimmungspflichtig ist. Nach ständiger Senatsrechtsprechung kann der Betriebsrat einen allgemeinen Antrag auf Feststellung seines Mitbestimmungsrechts stellen, wenn er eine Klärung für künftig zu erwartende, vergleichbare Fälle begehrt (vgl. zuletzt etwa Senatsbeschluß vom 30. August 1994 – 1 ABR 3/94 – AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung). Dies gilt auch dann, wenn zugleich hinsichtlich bestimmter Personen ein Leistungsantrag im Sinne des § 101 BetrVG auf Aufhebung einer bestimmten Maßnahme gestellt wird. Ein solcher Antrag kann nur Rechtswirkungen für die einzelne Maßnahme erzeugen.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Beschäftigung von Auftragnehmern nach Maßgabe des Mustervertrages führt nicht zu einer Einstellung gem. § 99 BetrVG, da es an der arbeitnehmertypischen Eingliederung der Auftragnehmer in den Betrieb fehlt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu B I der Gründe verwiesen.

 

Unterschriften

Dieterich, Wißmann, Rost, Elias, Münzer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1090987

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