Die Tarifvertragsparteien können die Dauer der Ausschlussfrist grundsätzlich frei ausgestalten. Dabei werden häufig 2-stufige Ausschlussfristen vereinbart, die nicht nur die außergerichtliche Geltendmachung, sondern darauf aufbauend auch die gerichtliche Geltendmachung binnen einer bestimmten Frist vorsehen. Meist betragen diese Fristen nicht weniger als 2 Monate, auch wenn dies grundsätzlich zulässig wäre.

Extrem kurze Ausschlussfristen sind zwar in einer älteren Entscheidung des BAG für sittenwidrig[1] gehalten worden.[2] Allerdings wird es in der jüngeren Rechtsprechung des Gerichts als zweifelhaft angesehen, ob der Inhalt von Tarifverträgen an § 138 BGB zu messen ist. Als zulässig ist eine tarifliche Vereinbarung von unterschiedlich langen Ausschlussfristen für gleichartige Ansprüche von Arbeitgeber und Arbeitnehmer[3] angesehen worden, ebenso eine Beschränkung der Ausschlussfristen nur für Ansprüche des Arbeitnehmers. So dürften daher allenfalls Extremfälle, für die es keine Praxisbeispiele gibt, anhand allgemeiner Vorschriften als gesetzes- oder sittenwidrig zu beurteilen sein. Als Beispiel könnten unterschiedlich lange Fristen für männliche und weibliche Arbeitnehmer genannt werden.

Auch wenn die Tarifparteien dies frei bestimmen können, knüpft der Beginn der Ausschlussfrist üblicherweise an die Fälligkeit oder das Entstehen eines Anspruchs an, wobei aber mit der unterschiedlichen Wortwahl oftmals keine inhaltlichen Unterschiede verbunden sind.[4] Wann ein Anspruch fällig ist, richtet sich nach den maßgeblichen tariflichen, betrieblichen bzw. einzelvertraglichen Vereinbarungen. Fehlt eine solche Regelung, gilt als Auslegungsregel § 614 BGB, wonach die Vergütung nach Beendigung des Zeitabschnitts (Monat, Woche), für den sie vereinbart wurde, zu leisten ist. Die Berechnung von Fristbeginn und -ende bestimmt sich dann im Einzelnen nach den §§ 186 ff. BGB.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung für außergerichtliche Geltendmachung

In einem Tarifvertrag ist folgende Ausschlussfrist enthalten:

Zitat

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

Als Fälligkeitszeitpunkt für die monatliche Vergütung ist der 15. des Folgemonats im Tarif- bzw. Arbeitsvertrag vereinbart. Für den Monat April beginnt die Ausschlussfrist nach § 187 Abs. 1 BGB einen Tag nach Fälligkeit (16.5., 0 Uhr), sie endet am 15.7. um 24 Uhr.[5] Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Geltendmachung der anderen Vertragspartei zugegangen sein.

Soweit eine Geltendmachung nicht möglich ist, weil der Anspruch noch von einer Handlung des Anspruchsgegners abhängig ist, wird dies bei der Auslegung der Ausschlussfrist berücksichtigt.

Knüpft eine tarifliche Ausschlussfrist an die Fälligkeit des Anspruchs an, so ist der Fristenlauf nicht allein deshalb gehemmt, weil der Anspruchsgegner den Anspruch zusätzlich abzurechnen hat. Die Fälligkeit eines Anspruchs im Sinne der tariflichen Ausschlussfristen hängt nur dann von einer Abrechnung des Gegners ab, wenn der Anspruchsberechtigte die Höhe seiner Ansprüche ohne die Abrechnung der Gegenseite nicht erkennen kann. In einem solchen Fall läuft die Ausschlussfrist für den Zahlungsanspruch nicht, solange der Anspruchsgegner die erforderliche Abrechnung unterlässt. Sie beginnt erst, wenn der Abrechnungsanspruch verfallen ist.[6] Ist ein Anspruch bezifferbar, richtet sich der Fristenlauf dagegen nach den allgemeinen tariflichen Fälligkeitsbestimmungen.[7]

 
Praxis-Beispiel

Bezifferung erst nach Abrechnung

Der Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers enthält akkordabhängige Prämienbestandteile. Hier wird regelmäßig der Arbeitnehmer erst nach einer Abrechnung des Arbeitgebers in der Lage sein, seinen Vergütungsanspruch zu beziffern.[8]

Ist nach dem Wortlaut der Ausschlussfrist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses entscheidend, so ist im Zweifel die rechtliche und nicht tatsächliche Beendigung für den Fristbeginn maßgeblich.[9]

Bei 2-stufigen Ausschlussfristen, also bei solchen, die neben einer schriftlichen auch noch eine gerichtliche Geltendmachung erfordern, beginnt die zweite Stufe regelmäßig entweder mit der Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs durch den Schuldner oder durch bloßen Zeitablauf, wenn sich die andere Seite überhaupt nicht erklärt. Maßgeblich ist insoweit die konkrete Formulierung der einschlägigen Verfallfrist. So gibt es auch 2-stufige Ausschlussfristen, bei denen die zweite Stufe nicht zu laufen beginnt, wenn der Schuldner nicht oder nicht formgerecht den erhobenen Anspruch abgelehnt hat.

Wie ihre Anwendbarkeit überhaupt, setzt auch der Fristbeginn einer Ausschlussfrist ihre Kenntnis durch die Arbeitsvertragsparteien nicht voraus,[10] maßgeblich ist auch nicht, ob ihre Unkenntnis verschuldet ist.

Tarifliche Ausschlussfristen können wegen der einseitig-zwingenden Natur nur bei einseitigen Fristen zulasten des Arbeitnehmers einverne...

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