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Bestehen Verbindungen eines Arbeitsverhältnisses zu mehreren Rechtsordnungen, bedarf es vorrangig der Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung, des sog. (Vertrags-)Statuts. In der Praxis spielt diese Frage eine Rolle, wenn es zur Kollision zwischen dem Recht des Entsendestaats und dem des Empfangsstaats kommt. Das Arbeitsverhältnis kann in diesen Fällen internationalen Abkommen unterliegen, es kann das EU-Recht eingreifen oder aber es kommen die Regeln des jeweiligen Internationalen Privatrechts zur Anwendung.

 

Die Rechtsquellen im internationalen Arbeitsprivatrecht

Bezeichnung Regelungsgegenstand Wichtige Normen für das Arbeitsrecht  
Rom I-VO

Bestimmung des anwendbaren Rechts

für vertragliche Schuldverhältnisse

Art. 3: Allgemeine Rechtswahlfreiheit

Art. 8: Arbeitsvertragliche Rechtswahlfreiheit und Grenzen

Art. 9: Begriff und Anwendungsvorrang sog. "Eingriffsnormen"
 
Rom II-VO

Bestimmung des anwendbaren Rechts

für außervertragliche Schuldverhältnisse

Art. 1: Anwendungsbereich

Art. 2: Schadensbegriff (Unerlaubte Handlung, Verschulden bei Vertragsschluss)

Art. 9: Haftung bei Arbeitskampfmaßnahmen

Art. 12: Verschulden bei Vertragsverhandlungen
 
Brüssel Ia-VO Bestimmung der gerichtlichen und vollstreckungsrechtlichen Zuständigkeit (für Gerichtsverfahren ab dem 10.1.2015)[1]

Art. 1: Allgemeiner Anwendungsbereich

Art. 20: Arbeitsrechtliche Zuständigkeit

Art. 20: Gerichtsstand für Klagen gegen den Arbeitgeber

Art. 21: Gerichtsstand für Klagen gegen den Arbeitnehmer

Art. 23: Zulässigkeit von arbeitsvertraglichen Gerichtsstandsvereinbarungen
 
EGBGB Subsidiäres deutsches Internationales Privatrecht (Art. 27-37 aufgehoben; Geltung nur für bis zum 17.12.2009 geschlossene Arbeitsverträge[2])

Art. 27: Rechtswahlfreiheit

Art. 30: Einschränkungen der Rechtswahlfreiheit

Art. 34: Unabdingbarkeit sog. "Eingriffsnormen"
 

Nach allgemeinen IPR-Regeln ist dabei auf ein geeignetes ("Anknüpfungs-")Kriterium abzustellen – im Arbeitsrecht wird dafür typischerweise der Ort, an dem die Arbeitsleistung erbracht wird, herangezogen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Die "Anknüpfung" im Internationalen (Arbeits-)Privatrecht

Schließt ein deutsches Unternehmen in seiner französischen Niederlassung mit einem italienischen Bewerber einen Arbeitsvertrag und erbringt dieser dann regelmäßig in Deutschland seine Arbeitsleistung, kommen als mögliche Anknüpfungstatsachen in Betracht: die Staatsangehörigkeit, der Ort des Vertragsschlusses oder der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung. Nach dem allgemeinen IPR-Grundsatz (z. B. Art. 8 Rom I-VO) ist – ohne weitere Bestimmung im Arbeitsvertrag – deutsches Recht anzuwenden, weil entscheidend an die Erbringung der Arbeitsleistung anzuknüpfen ist.

Das auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Recht (Vertragsstatut) kann aber auch von den Arbeitsvertragsparteien abweichend vertraglich vereinbart werden.[4] Die genannten Grundsätze einer möglichen "objektiven" Anknüpfung werden von einer "subjektiven" Anknüpfung durch eine Parteivereinbarung im Arbeitsvertrag verdrängt.

Für die Wahl kommen das Recht des Heimatstaats des Arbeitnehmers, das deutsche Arbeitsrecht oder das Recht eines Drittstaats in Betracht. Entscheidend ist nach dem Grundsatz der freien Rechtswahl[5] zunächst die ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung der Vertragsparteien. Grundsätzlich ist eine Rechtswahl auch bei einem reinen Inlandssachverhalt möglich[6], in der Praxis macht dies jedoch regelmäßig keinen Sinn. Bei einem Arbeitsverhältnis mit ausländischen Arbeitskräften – insbesondere soweit diese ihren Wohnsitz im Ausland haben oder im Ausland eingesetzt werden sollen, z. B. im Logistikgewerbe – sollte der Arbeitgeber dagegen eine solche ausdrückliche Vereinbarung über die Rechtswahl zumindest in Erwägung ziehen. Sie kann durch Individualabrede, aber auch formularmäßig oder durch tarifvertragliche Bezugnahme erfolgen.[7] Die Vereinbarung kann geändert oder nachgeholt werden.[8] Die Rechtswahl kann auch nur Vertragsteile erfassen.[9] Das Zustandekommen richtet sich nach dem objektiv anwendbaren Vertragsstatut – dies betrifft z. B. Formvorschriften. Die Rechtswahlvereinbarung selbst unterliegt jedoch keinen speziellen Formvorschriften. Eine wirksam getroffene Vereinbarung über die Rechtswahl ist grundsätzlich für die Rechtsbeziehungen der Arbeitsvertragsparteien maßgeblich. Die prozessuale Prüfung der internationalen Zuständigkeit ist von den Gerichten von Amts wegen zu prüfen.[10]

Wird eine solche Vereinbarung nicht getroffen oder ist sie unwirksam, ist die Rechtswahl nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Nach Art. 8 Abs. 2-4 Rom I-VO[11] gilt dabei die folgende Reihenfolge:

  1. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO kommt zunächst das Recht des Staats zur Anwendung, in welchem der Arbeitnehmer in Erfüllung seines Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
  2. Gemäß Art. 8 Abs. 3 Rom I-VO ist bei Fehlen eines einheitlichen Arbeitsorts auf den Ort der einstellenden Niederlassung abzustellen.
  3. Gemäß Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO kann davon abgewichen werden, wenn das Arbeitsverhältn...

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