Rz. 16

Von § 9 BUrlG kann durch Tarifvertrag, nicht aber durch individualvertragliche Vereinbarung, abgewichen werden, § 13 Abs. 1 BUrlG. Der gesetzliche Mindesturlaub nach § 3 BUrlG darf durch eine etwaige tarifliche Regelung aber nicht unterschritten werden.[1] Ein vertraglicher Verzicht des Arbeitnehmers auf einen Teil seines gesetzlichen oder tariflichen Urlaubs ist während des bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtlich nicht möglich. Dies gilt auch für den mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eventuell entstehenden Urlaubsabgeltungsanspruch. Dem Verzicht stehen für den gesetzlichen Mindesturlaub § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG und für den tariflichen Urlaub § 4 Satz 1 TVG entgegen. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub hat. Ferner sichert die Bestimmung den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, den der Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewähren kann.[2] Der gesetzliche Schutzzweck würde verfehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung während des Arbeitsverhältnisses durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte.[3] Der Arbeitnehmer kann seinen Urlaubsanspruch jedoch durch Zeitablauf verfallen lassen.[4]

 

Rz. 17

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Anspruch auf Urlaubsabgeltung verzichten, z. B. durch Vereinbarung einer Ausgleichs- oder Abgeltungsklausel in einem Vergleich. Der Abgeltungsanspruch ist nach der vollständigen Aufgabe der Surrogatstheorie durch das BAG ein reiner Geldanspruch und nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs.[5] Ein Verzicht ist insoweit auch unionsrechtlich unproblematisch. Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG[6] steht einem rechtsgeschäftlichen Verzicht nämlich dann nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer die tatsächliche Möglichkeit hatte, die Ansprüche vor deren Untergang zu realisieren. Dies ist der Fall, wenn Arbeitsvertragsparteien erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ausgleichsklausel vereinbaren, die auch einen (etwaigen) Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers erfasst.[7] Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs unterfällt, wie andere Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, grundsätzlich auch tariflichen Ausschlussfristen.[8] Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegenüber dem Arbeitgeber nicht vor Ablauf der Ausschlussfrist geltend, wird dieser von seiner Leistungspflicht frei.

[1] Boecken/Düwell/Diller/Hanau/Düweil, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2023, § 9 BUrlG, Rz. 35; Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, § 9 BUrlG, Rz. 18 und § 13 BUrlG, Rz. 96.
[2] S. hierzu Zimmermann, § 13, Rz. 68 f.
[4] Boecken/Düwell/Diller/Hanau/Düwell, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2023, § 3 BUrlG, Rz. 35, § 3 BUrlG, Rz. 55.
[6] ABl. L 299 vom 18.11.2003 S. 9.

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