Rz. 42

Der gesetzliche Mindesturlaub gem. § 3 Abs. 1 BUrlG kann nicht durch tarifliche Regelungen verkürzt werden, § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Der Anspruch ist unabdingbar und tariffest.

Soweit ein Tarifvertrag bestimmt, dass sich die Dauer des Erholungsurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel vermindert, wenn das Arbeitsverhältnis ruht (so z. B. § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD für den Fall der Zuerkennung einer befristeten Erwerbsminderungsrente), ist dies jedenfalls insoweit unwirksam, als auch die Verminderung gesetzlicher Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern erfasst werden, die aus gesundheitlichen Gründen nicht die ihnen nach dem Arbeitsvertrag obliegende Leistung erbracht haben. Eine solche Verminderung gesetzlicher Urlaubsansprüche lässt § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zu. Der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub steht auch dann nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, wenn längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht die geschuldete Arbeitsleistung erbracht wurde.[1]

Das Verbot der Abweichung in § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG gilt unabhängig davon, ob im Urlaubsjahr eine Arbeitsleistung erbracht wurde oder der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen daran ganz oder teilweise gehindert war.

Wollen Tarifvertragsparteien die Dauer von Urlaubsansprüchen für die von ihnen vereinbarten tariflichen Urlaubsteile nicht nach Tagen, sondern durch Vereinbarung tariflicher Regelungen anders bestimmen, stünde dem insoweit nichts entgegen, als die Regelungen die über den gesetzlichen Mindestwert hinausgehenden Urlaubsteile betreffen.[2] Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch muss aber in jedem Fall erhalten bleiben.[3]

 

Rz. 43

Sofern in einem Arbeitsvertrag im Ein- und Austrittsjahr – wie in der Praxis häufig – nur ein Anspruch auf anteiligen Erholungsurlaub vorgesehen wird, kann dies dazu führen, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis z. B. am 1.5. beginnt, bei 28 Urlaubstagen im Eintrittsjahr nur einen anteiligen Urlaubsanspruch in Höhe von 18,67 Arbeitstagen (28 Arbeitstage : 12 Monate x 8 Monate) erwerben würde, sodass der unabdingbare gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach § 3 BUrlG nicht gewahrt bliebe. Bei Anwendung des § 13 Abs. 1 BUrlG i. V. m. §§ 3, 4 BUrlG muss ihm nach ununterbrochenem 6-monatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses im Eintrittsjahr aber der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen gewährt werden. Dies ergibt sich auch aus dem Umkehrschluss aus § 5 BUrlG, der eine Kürzung des Erholungsurlaubs im Ein- und Austrittsjahr lediglich in den Fällen vorsieht, in denen in dem jeweiligen Kalenderjahr das Arbeitsverhältnis nicht länger als 6 Monate bestanden hat.

 

Rz. 44

Ein vertraglicher Verzicht des Arbeitnehmers auf einen Teil seines gesetzlichen oder tariflichen Urlaubs ist während des bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtlich nicht möglich. Dies gilt auch für den mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eventuell entstehenden Urlaubsabgeltungsanspruch. Dem Verzicht stehen für den gesetzlichen Mindesturlaub § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG und für den tariflichen Urlaub § 4 Satz 1 TVG entgegen. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub hat. Ferner sichert die Bestimmung den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, den der Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewähren kann.[4] Der gesetzliche Schutzzweck würde verfehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung während des Arbeitsverhältnisses durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte.[5] Der Arbeitnehmer kann seinen Urlaubsanspruch jedoch durch Zeitablauf verfallen lassen.[6]

 

Rz. 45

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Anspruch auf Urlaubsabgeltung verzichten, z. B. durch Vereinbarung einer Ausgleichs- oder Abgeltungsklausel in einem Vergleich. Der Abgeltungsanspruch ist nach der vollständigen Aufgabe der Surrogatstheorie durch das BAG ein reiner Geldanspruch und nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs.[7] Ein Verzicht ist insoweit auch unionsrechtlich unproblematisch. Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG[8] steht einem rechtsgeschäftlichen Verzicht nämlich dann nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer die tatsächliche Möglichkeit hatte, die Ansprüche vor deren Untergang zu realisieren. Dies ist der Fall, wenn Arbeitsvertragsparteien erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ausgleichsklausel vereinbaren, die auch einen (etwaigen) Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers erfasst.[9]

Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs unterfällt, wie andere Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, grundsätzlich auch tariflichen Ausschlussfristen.[10] Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegenüber dem Arbeitgeber nicht vor Ablau...

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