Rz. 48

Urlaubswünschen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber grundsätzlich zu entsprechen. Der Arbeitgeber ist daher zur Gewährung des Urlaubs durch Abgabe der Freistellungserklärung verpflichtet, wenn ihm kein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zusteht. Seiner Verpflichtung zur Urlaubsgewährung kann sich der Arbeitgeber im Urlaubsjahr nur und nur so lange entziehen, wie ein entsprechendes Gegenrecht existiert.[1] Solange ein Leistungsverweigerungsrecht besteht, kommt er mit der Pflicht zur Urlaubsgewährung nicht in Verzug. Für das Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Eine ohne Leistungsverweigerungsrecht erfolgte abweichende Festlegung ist unwirksam.[2]

 

Rz. 49

Das Leistungsverweigerungsrecht kann der Arbeitgeber auch noch am Ende des Kalenderjahres ausüben. Stehen der Gewährung des beantragten Urlaubs dringende betriebliche Gründe entgegen, erfolgt in diesem Fall eine Übertragung des offenen Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG in das erste Quartal des Folgejahres.

 
Hinweis

Im Übertragungszeitraum muss der Urlaub auf jeden Fall festgesetzt werden. Im Übertragungszeitraum hat der Arbeitgeber nach bisheriger Rechtsprechung des BAG nicht mehr die Möglichkeit, einen Urlaubswunsch aus den in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG genannten Gründen abzulehnen.[3] Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall nicht darauf beschränkt, die Urlaubsansprüche im Folgejahr geltend zu machen, da die Befristung des Urlaubsanspruchs mit einer unberechtigten Ablehnung entfällt.[4] Vielmehr kann der Arbeitgeber in diesem Fall einer einstweiligen Verfügung des Arbeitnehmers auf Festsetzung des Urlaubs durch das Arbeitsgericht[5] nichts entgegenhalten. Angesichts der Änderung der Rechtsprechung zur Befristung von Urlaubsansprüchen kann dies zu Verwerfungen führen.[6]

Dringende betriebliche Gründe

 

Rz. 50

Da nach dem Wortlaut die betrieblichen Belange dringend sein müssen, reichen übliche mit der Abwesenheit eines Arbeitnehmers immer verbundene Störungen im Betriebsablauf nicht aus. Diese hat der Arbeitgeber hinzunehmen und durch eine entsprechende Organisation und Personalplanung aufzufangen. Es sind daher darüber hinausgehende erhebliche Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs erforderlich, ohne dass bereits ein Schaden feststehen muss.[7] Da es um ein zukünftiges Ereignis geht, liegt der Bewertung des Arbeitgebers ein prognostisches Element zugrunde. Entgegenstehende betriebliche Belange sind dann dringend, wenn greifbare Anhaltspunkte für diese auf Tatsachen zu stützende Prognose bestehen.[8]

 

Rz. 51

Dringende betriebliche Belange sind typischerweise Fälle der personellen Unterbesetzung oder der saisonalen oder der vorhersehbaren Mehrarbeit. Ohne Aufzählung der Vollständigkeit kommen folgende betriebliche Erfordernisse in Betracht:

  • Unterbesetzung des Betriebs oder der Abteilung, bedingt durch Krankheit oder Kündigung anderer Arbeitnehmer,
  • saisonaler Mehrbedarf, wie z. B. Weihnachtszeit im Einzelhandel, Weinlese in einer Winzergenossenschaft,
  • zusätzlicher Arbeitsaufwand infolge zusätzlicher Aufträge,
  • Erledigung fristgebundener Aufträge, wenn die Erledigung nicht längerfristig planbar war,
  • Abschluss- und Inventurarbeiten für den Jahresabschluss,
  • Vorlesungszeiten in Universitäten bei Arbeitnehmern im Lehrbetrieb[9] und
  • Betriebsferien.[10]
 

Rz. 52

Die mögliche Inanspruchnahme von Elternzeit begründet für den Arbeitgeber kein Leistungsverweigerungsrecht.[11]

 

Beispiel

Der Arbeitgeber geht davon aus, dass eine schwangere Arbeitnehmerin nach Ablauf des Beschäftigungsverbots nach Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) voraussichtlich für die Zeit ab Juli Elternzeit beantragt. Im Hinblick auf die Kürzungsmöglichkeit nach § 17 Abs. 1 BEEG möchte er den Urlaubsantrag der Arbeitnehmerin für die Zeit vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht in Höhe des gesamten Jahresurlaubsanspruchs genehmigen. Dies ist nicht zulässig. Eine Kürzung ist erst nach der Erklärung über die Inanspruchnahme von Elternzeit möglich.[12]

 

Rz. 53

Ein in der Praxis oft gehörtes Argument von Arbeitnehmerseite gegen die Ablehnung eines Urlaubsantrags aus dringenden betrieblichen Gründen ist, dass auch im Fall einer Erkrankung der Betrieb weitergehe. Denkbare weitergehende Störungen stehen dem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers jedoch nicht entgegen. Abgesehen davon ist der Hinweis auf eine eigene Erkrankung im Zusammenhang mit einem abgelehnten Urlaubswunsch immer problematisch. Droht der Arbeitnehmer sogar mit einer Arbeitsunfähigkeit für den Fall der Ablehnung des Urlaubsantrags, liegt darin eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Eine solche Drohung ist als wichtiger Kündigungsgrund nach § 626 BGB geeignet, und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Drohung nicht wahr macht und nicht arbeitsunfähig erkrankt.[13]

 
Hinweis

Die Prüfung, ob dringende betriebliche Belange den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen, ist immer eine Prüfung unter Einbezug der Umstände des Einzelfalls. D...

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