Urlaub streichen, verweigern oder einseitig festlegen?

Oft erfolgt in Unternehmen direkt zu Jahresbeginn die Urlaubsplanung der Belegschaft für das gesamte Urlaubsjahr. Rund um das Thema gibt es regelmäßig viele Fragen: Wie sieht es rechtlich aus, wenn der Urlaub im Unternehmen erst einmal festgelegt ist? Lässt er sich dann später noch ohne Weiteres verschieben?

Wo geht es dieses Jahr im Urlaub hin und vor allem wann? Auch für das Jahr 2024 steht die Urlaubsplanung in Unternehmen wieder an. Beschäftigte müssen sich frühzeitig untereinander und mit ihren Vorgesetzten absprechen, den Urlaub beantragen und gegebenenfalls auch wieder umdisponieren. Doch wie flexibel ist das Urlaubsrecht? Kann der einmal gewährte Urlaub wieder geändert werden? Und wer legt den Urlaub final fest?

Immer wieder kommt es bei der Urlaubsplanung zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Worauf kommt es also bei der Beurteilung an und welche rechtlichen Vorgaben müssen Arbeitgeber grundsätzlich bei der Urlaubsplanung im Unternehmen beachten?

Eigenmächtiger Urlaub führt zu Pflichtverletzung

Prinzipiell regelt § 7 Bundesurlaubsgesetz (BurlG), dass der Arbeitgeber den Urlaub festlegt (Urlaub ist "zu gewähren"). Daraus folgt eben auch, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht eigenmächtig den Urlaub antreten darf. Vielmehr bleibt der Mitarbeitende bei einer Selbstbeurlaubung unberechtigt der Arbeit fern – selbst dann, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachkommt, den Urlaub festzusetzen. Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt rechtfertigt eine fristlose Kündigung, urteilte das LAG Düsseldorf im Fall einer Arbeitnehmerin, die ihren Urlaubsantrag erst von Mallorca aus stellte. Anders entschied das Arbeitsgericht Düsseldorf im Fall der fristlosen Kündigung eines Betriebsrats, der ohne Bewilligung des Unternehmens zwei Tage unbezahlten Urlaub nahm. In letzter Konsequenz kann – nicht muss – diese Pflichtverletzung zur Kündigung führen.

Urlaub verweigern: Arbeitnehmerwünsche versus betriebliche Interessen

Allerdings – auch das geht unmissverständlich aus § 7 BurlG hervor – hat der Arbeitgeber bei der Festlegung des Urlaubs in jedem Fall die Wünsche der Arbeitnehmenden zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat der Urlaubswunsch der Beschäftigten sogar grundsätzlich Vorrang. Entgegenstehende, dringende betriebliche Interessen führen lediglich zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers, das er nur ausnahmsweise dem Urlaubswunsch entgegenhalten kann.

Arbeitgeber muss Interessen abwägen

Als Beispiele für solche dringenden betrieblichen Interessen werden häufig personelle Engpässe, eine plötzlich veränderte Auftragslage oder auch sonstige Umstände der Betriebsorganisation genannt, die dazu führen, dass bei Gewährung des Urlaubs der Betriebsablauf erheblich beeinträchtigt würde. Aber selbst wenn der Arbeitgeber den gesicherten Fortgang des Betriebsablaufs gefährdet sieht, muss er zunächst die widerstreitenden Interessen abwägen – wobei der grundsätzliche Vorrang der Arbeitnehmerwünsche im Auge behalten werden muss.

Tarifliche Regelungen beim Urlaub sind zulässig

§ 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG tariflich abänderbar. Die Tarifvertragsparteien können deshalb abweichende Grundsätze für die Urlaubsgewährung aufstellen.

Darf der Arbeitgeber Urlaub einseitig festlegen?

Den Zeitraum des Urlaubs festzulegen ist also grundsätzlich Sache des Arbeitgebers. Er sollte in dem Zusammenhang deutlich machen, ob er gesetzlichen, tariflichen oder sonstigen Urlaub gewährt. Vor einer einseitigen Festlegung sollte er immer die Wünsche des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin erfragen. Denn diese können sie auch dann noch geltend machen, wenn der Arbeitgeber den Urlaub ohne Befragung bereits festgelegt hat. Letztlich billigt das BAG eine einseitige Urlaubsfestsetzung nur, wenn sie vom Arbeitnehmenden akzeptiert wird.

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Festlegung von Betriebsferien

Legt der Arbeitgeber – unter Beteiligung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG – rechtswirksam Betriebsferien fest, so begründet dies betriebliche Belange, die dem Urlaubswunsch des Mitarbeitenden entgegenstehen können. Die Betriebsferien selbst müssen dann nicht – anders als bei der Festlegung in Betrieben ohne Betriebsrat – durch dringende betriebliche Belange gerechtfertigt sein. 

Urlaub widerrufen: Nachträgliche Änderung bei bereits genehmigtem Urlaub nur einvernehmlich

Berücksichtigt der Arbeitgeber die Wünsche des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin – ob in der Umsetzung oder in einer Interessenabwägung – ausreichend, so ist der festgelegte Zeitraum im Regelfall nicht mehr einseitig zu ändern. Soll der festgelegte Urlaub – auf Veranlassung des Arbeitgebers oder des Mitarbeitenden – dann nachträglich geändert werden, bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien.

Urlaub streichen: Ist ein Rückruf aus dem Urlaub zulässig?

Ausnahmen sind wegen der Rücksichtnahmepflicht der Arbeitnehmenden nur bei unvorhersehbaren und zwingenden Notwendigkeiten denkbar, die einen anderen Ausweg nicht zulassen. Es müssen erhebliche Schäden drohen, die nur unter Mitwirkung des in Urlaub befindlichen Mitarbeitenden abgewendet werden können. Letztlich sind allenfalls Katastrophenfälle gemeint, nicht aber sonstige, beherrschbare betriebliche Schwierigkeiten. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde ein solcher Fall noch nicht positiv entschieden. Vermutlich sind die betroffenen Beschäftigten in derartigen Extremfällen ohnehin einsichtig. Der Arbeitgeber ist im Fall des Rückrufs verpflichtet, dem Arbeitnehmenden die dadurch anfallenden Kosten wie zum Beispiel Flugumbuchung oder Stornokosten zu erstatten.

Urlaub auf Abruf darf nicht vereinbart werden

Auch eine Vereinbarung, mit der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin verpflichtet, den Urlaub abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 20. Juni 2000, 9 AZR 405/99) rechtsunwirksam. Dies gilt unabhängig davon, ob der Urlaub von vornherein im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmenden unter Vorbehalt gewährt wird oder ob er zunächst vorbehaltlos bewilligt wird und sich der Arbeitnehmende erst zeitlich später - vor Urlaubsantritt - verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen. In beiden Fällen wird der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin für die Dauer der Freistellung entgegen § 1 BUrlG nicht uneingeschränkt von seiner Arbeitspflicht befreit. Das kann rechtswirksam nicht vereinbart werden. Weigert sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dann entgegen der Vereinbarung, aus dem Urlaub zurückzukehren, darf dies nicht sanktioniert werden.


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