Rz. 8

Vergleichsmaßstab nach § 2 Abs. 3 TzBfG ist ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und einer gleichen oder ähnlichen Tätigkeit im Betrieb.

3.3.1 Art des Arbeitsverhältnisses

 

Rz. 9

Der Begriff geht auf § 3 Satz 1 Nr. 2 der Richtlinie 97/81 EG zurück, ohne dass dem entnommen werden kann, was unter derselben Art des Arbeitsverhältnisses zu verstehen ist.

Nach der Gesetzesbegründung sind befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse nicht artgleich.[1]

Dies ist jedoch nicht zwingend.[2] Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sind befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit unbefristet beschäftigen Arbeitnehmern bei gleicher oder ähnlicher Tätigkeit vergleichbar. Bei befristet beschäftigten Arbeitnehmern greift das Verbot der Diskriminierung nach § 4 Abs. 2 TzBfG, da § 3 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nur auf die Vergleichbarkeit der Tätigkeit abstellt und es damit nicht darauf ankommt, ob ein der Tätigkeit nach vergleichbarer Arbeitnehmer in Voll- oder Teilzeit beschäftigt ist.

 

Rz. 10

Tarifgebundene und nicht tarifgebundene Arbeitnehmer können eine andere Art von Arbeitsverhältnis haben, so z. B. wenn tarifgebundene und nicht tarifgebundene Arbeitnehmer eine unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeit in einem Betrieb haben (BAG Urteil v. 14.3.2007, 5 AZR 791/05[3]). Gleiches gilt für vor einem Betriebsübergang beschäftigte und übergegangene Arbeitnehmer. Aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB können in einem Betrieb durchaus Vollzeitarbeitsverhältnisse mit unterschiedlicher Dauer der Arbeitszeit bestehen (BAG, Urteil v. 14.3.2007, 5 AZR 420/06[4]).

Der Umfang einer Vollzeitbeschäftigung ist daher nicht betriebseinheitlich, sondern allein für Gruppen jeweils miteinander vergleichbarer Arbeitnehmer zu ermitteln. Demzufolge können innerhalb eines Betriebs mit dem Begriff der Vollzeitbeschäftigung verschiedene Arbeitszeitvolumen bezeichnet werden.[5]

Sieht ein Tarifvertrag eine Bandbreite von Arbeitszeiten oder eine Mindestarbeitszeit als Vollzeitbeschäftigung an, ist die Mindestarbeitszeit der Anknüpfungspunkt für die Vollzeitbeschäftigung.[6]

[1] BT-Drucks. 14/4374 S. 15.
[2] Ablehnend BeckOK ArbR/Bayreuther, Stand 1.12.2022, § 2 TzBfG, Rz. 6; HK-ArbR/Ahrens, 5. Aufl. 2022, § 2 TzBfG, Rz. 8.
[3] NZA 2007, 981; vgl auch HK-TzBfG/Joussen, 6. Aufl. 2019, § 2 Rz. 20.
[4] NZA 2007, 862.
[5] Annuß/Thüsing/Annuß, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 2, Rz. 2.
[6] Sievers, TzBfG, 7. Aufl. 2022, § 2, Rz. 19.

3.3.2 Gleiche oder ähnliche Tätigkeit

 

Rz. 11

Eine gleiche Tätigkeit liegt dann vor, wenn die Tätigkeit sich nach Arbeitsbedingungen, erforderlicher Qualifikation, Verantwortung und Belastung nur so geringfügig unterscheiden, dass die Arbeitnehmer jederzeit austauschbar sind. Eine Arbeitsplatz- oder Stellenbeschreibung kann hierfür ein Indiz sein.

Bedarf es nach Arbeitsinhalt, Arbeitsbedingungen und Qualifikation einer kurzen Einarbeitungszeit, liegt eine ähnliche Tätigkeit vor.

Entscheidend ist eine Austauschbarkeit der Arbeitnehmer.[1] Dies bedeutet entsprechend der Prüfung bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG bei einer betriebsbedingten Kündigung, ob die Tätigkeiten funktional ähnlich sind und ohne oder nach kurzer Einarbeitungszeit übernommen werden können. Im Gegensatz zur Sozialauswahl, bei der es für die Vergleichbarkeit und Austauschbarkeit auch auf das Weisungsrecht und damit den Vertragsinhalt ankommt[2], spielt dies bei § 2 TzBfG keine Rolle.

Die Eingruppierung in dieselbe Vergütungsgruppe kann ein Indiz für die Vergleichbarkeit sein, ist aber allein nicht entscheidend.[3]

[1] Sievers, TzBfG, 7. Aufl. 2022, § 2, Rz. 13.
[2] ErfK/Oetker, 20. Aufl. 2020, § 1 KSchG, Rz. 323.
[3] Meinel/Heyn/Herms/Herms, TzBfG, 6. Aufl. 2022, § 2, Rz. 12 m. w. N.; HK-ArbR/Ahrendt/Schmiegel, 5. Aufl. 2022, § 2 TzBfG, Rz. 10.

3.3.3 Betrieb, Tarifvertrag, Wirtschaftszweig

 

Rz. 12

Abzustellen ist vorrangig auf den Betrieb, damit nicht auf das Unternehmen oder den Konzern.

Sofern im Betrieb kein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer vorhanden ist, gilt in einem 2. Schritt zu prüfen, ob ein anwendbarer Tarifvertrag existiert. Dies ist der Fall, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers vom räumlichen, zeitlichen, sachlichen und persönlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags erfasst wird. Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Ein anwendbarer Tarifvertrag liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dessen Geltung üblicherweise mit den Arbeitnehmern des Betriebes einzelvertraglich vereinbart.[1] Die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags erfordert weder die beiderseitige noch die Tarifbindung des Arbeitgebers, da es nur um die Prüfung der Vergleichbarkeit auf betrieblicher Ebene geht.

 

Rz. 13

Umgekehrt ist ein Tarifvertrag nicht anwendbar, wenn zwar ein einschlägiger Tarifvertrag existiert dieser aber mangels Tarifbindung des Arbeitgebers oder vertragliche Anwendung nicht zum Tragen kommt.

Das Ergebnis bleibt jedoch gleich. Ist im Betrieb kein Tarifvertrag anwendbar, ist nach § 2 Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz TzBfG zu prüfen, wer im jeweiligen Wirtschaftszweig üblicherweise als vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer anzusehen ist...

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