1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 19 TzBfG setzt § 6 Nr. 2 der Richtlinie 1999/70/EG[1] um.[2] Danach erleichtern Arbeitgeber den befristet beschäftigten Arbeitnehmern im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Zugang zu angemessenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die die Verbesserung ihrer Fertigkeiten, ihres beruflichen Fortkommens und ihrer beruflichen Mobilität fördern. Die Regelung des § 19 TzBfG entspricht der Regelung des § 10 TzBfG für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

Die mit § 19 TzBfG für den Arbeitgeber geschaffene Verpflichtung reicht jedoch nicht weiter als gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern.[3] § 19 TzBfG will, wie auch § 10 TzBfG, keine Besserstellung des erfassten Arbeitnehmerkreises erreichen, sondern strebt eine Gleichbehandlung der befristet beschäftigten mit den unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern an.[4]§ 19 TzBfG ist eine Spezialbestimmung zu § 4 Abs. 2 TzBfG.[5]

 

Rz. 2

§ 19 TzBfG gibt daher keinen individualrechtlichen Anspruch auf Durchführung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.[6] § 19 TzBfG will lediglich sicherstellen, dass auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer an angebotenen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können.[7]

 

Rz. 3

§ 19 TzBfG will also Chancengleichheit zwischen befristet beschäftigten Arbeitnehmern und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern herstellen und damit die Chancen befristet beschäftigter Arbeitnehmer auf einen Dauerarbeitsplatz durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erhöhen.[8]

 

Rz. 4

§ 19 TzBfG gilt für Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen und wegen § 21 TzBfG auch für Arbeitnehmer mit auflösend bedingten Arbeitsverhältnissen.

[1] Richtlinie 1999/70/EG v. 28.6.1999, ABl. Nr. L 175, S. 43.
[2] EU ArbR/Krebber, 4. Aufl. 2022, § 6 Anh. RL 1999/70/EG, Rz. 2.
[3] BT-Drucks. 14/4374 S. 21.
[4] ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 19 TzBfG, Rz. 1.
[5] KR/Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl. 2022, § 19 TzBfG, Rz. 2; Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, KSchR, 11. Aufl. 2020, § 19 TzBfG, Rz. 2; HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 19 TzBfG, Rz. 1; vgl. auch BAG, Urteil v. 12.10.2010, 9 AZR 518/09, Rn. 28, BAGE 136,36, NJW 2011, 953, NZA 2011, 306.
[6] Meinel/Heyn/Herms/Meinel, TzBfG, 6. Aufl. 2022, § 19 TzBfG, Rz. 2; Sievers, TzBfG, 7. Aufl. 2021, § 19 TzBfG, Rz. 1; Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, KSchR, 11. Aufl. 2020, § 19 TzBfG, Rz. 1; Mückl, ArbRAktuell 2022, 113, 115.
[7] Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, KSchR, 11. Aufl. 2020, § 19 TzBfG, Rz. 1; hinsichtlich weiterer Einzelheiten kann auf die Ausführungen von Spinner, § 10, Rz. 3 verwiesen werden.
[8] BT-Drucks. 14/4374 S. 21.

2 Angemessene Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

2.1 Aus- und Weiterbildungsmaßnahme

 

Rz. 5

Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen i. S. d. § 19 TzBfG sind Maßnahmen, die nach ihrer Ausgestaltung und didaktischen Zielsetzung dazu bestimmt und geeignet sind zur Verbesserung der Fertigkeiten der Arbeitnehmer und zur Förderung des beruflichen Fortkommens und der beruflichen Mobilität der befristet beschäftigten Arbeitnehmer beizutragen.[1] Eine von § 19 TzBfG erfasste Maßnahme muss auf das berufliche Fortkommen und/oder die berufliche Mobilität des Arbeitnehmers abzielen und nicht zwingend in unmittelbarem Zusammenhang mit der derzeit vom betroffenen Arbeitnehmer aktuell ausgeübten Tätigkeit stehen. Die Verbesserung der Allgemeinbildung wird von § 19 TzBfG nicht erfasst.[2]

 

Rz. 6

§ 19 TzBfG erfasst sowohl interne als auch externe Bildungsmaßnahmen des Arbeitgebers.[3]

[1] KR/Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl. 2022, § 19 TzBfG, Rz. 3.
[2] ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 19 TzBfG, Rz. 1.
[3] KR/Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl. 2022, § 19 TzBfG, Rz. 6.

2.2 Angemessenheit der Maßnahme

 

Rz. 7

§ 19 TzBfG verlangt, befristet beschäftigten Arbeitnehmern die Teilnahme an angemessenen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer dem Betrieb bzw. Unternehmen nur begrenzte Zeit zur Verfügung stehen und anschließend ausscheiden.[1] § 19 TzBfG will den Arbeitgeber nicht verpflichten, Arbeitnehmer, die in absehbarer Zeit wieder ausscheiden, kostenintensive Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen. Nicht mehr angemessen i. S. d. § 19 TzBfG wird etwa eine Weiterbildungsmaßnahme sein, die der Arbeitgeber unter großem Kostenaufwand für langfristig beschäftigte Mitarbeiter durchführt.[2] Daneben wird man auch bei kurzfristigen Arbeitsverhältnissen eine Teilnahme des betreffenden Arbeitnehmers über § 19 TzBfG als nicht angemessen ansehen müssen.[3]

[1] BT-Drucks. 14/4374 S. 21; Meinel/Heyn/Herms/Meinel, TzBfG, 6. Aufl. 2022, § 19 TzBfG, Rz. 3.
[2] Annuß/Thüsing/Annuß, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 19 TzBfG, Rz. 4.
[3] Ähnlich ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 19 TzBfG, Rz. 2.

3 Keine Teilnahme bei entgegenstehenden Gründen

3.1 Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe

 

Rz. 8

Der Anspruch nach § 19 TzBfG besteht nicht, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Formulierung des § 19 TzBfG ähnelt der des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, weshalb wie auch im Rahmen des § 10 TzBfG auf die zu § 7 Abs. 1 BUrlG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann.[1] Dringende betriebliche Gründe in diesem Sinne dürfen nicht schon ...

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