5.2.1 Anstellung auf Lebenszeit

 

Rz. 56

Der Vertrag auf Lebenszeit kann auf die Lebenszeit des Arbeitnehmers, des Arbeitgebers oder einer dritten Person abstellen.[1] Da der Gesetzgeber in § 15 Abs. 5 TzBfG die längerfristige Bindung des Arbeitgebers ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit zugelassen hat, führt die lange Dauer der Bindung nicht zur Sittenwidrigkeit des Vertrags nach § 138 BGB.[2]

 

Rz. 57

Die Verpflichtung auf Lebenszeit muss sich eindeutig aus den Abreden ergeben. Ein Bindungswille auf Lebenszeit ist im Arbeitsverhältnis ungewöhnlich. Dies muss bei der Auslegung berücksichtigt werden.

 
Praxis-Beispiel

Nach BAG, Urteil v. 25.3.2004, 2 AZR 153/03[3]:

"Das Arbeitsverhältnis ist nicht ordentlich kündbar. Es gilt auf Lebenszeit des Arbeitgebers und endet mit dessen Tod."

Hier liegt ein Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit vor mit einem Sonderkündigungsrecht des Arbeitnehmers nach § 15 Abs. 5 TzBfG.

 

Rz. 58

Da es sich um eine Zweckbefristung handelt, bedarf die Vereinbarung nach § 14 Abs. 4 TzBfG der Schriftform.[4] Eine konkludente Vereinbarung, die ohnehin kaum denkbar ist[5], verstößt gegen § 14 Abs. 4 TzBfG mit der Rechtsfolge, dass der Arbeitnehmer die Kündigungsmöglichkeit nach § 16 Satz 2 TzBfG hat und auf das Sonderkündigungsrecht des § 15 Abs. 5 TzBfG nicht angewiesen ist.

 
Hinweis

Die Zusage einer Lebens- oder Dauerstellung ist keine Anstellung auf Lebenszeit nach § 15 Abs. 5 TzBfG. Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob und welche rechtliche Bedeutung eine solche Zusage hat[6], wobei die Rechtsprechung durch Auslegung im Einzelfall zu einer ganzen Bandbreite von Möglichkeiten gekommen ist.[7]

[1] BT-Drucks. 14/4374 S. 20 zu § 15 Abs. 4 TzBfG; APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 33; KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 9.
[3] BB 2004, 2303.
[4] APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 35; a. A. KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 11.
[5] KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 11; APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 34 verlangen massive Anhaltspunkte.
[6] Allgemeine Ansicht vgl. nur MünchKomm/Engshuber, Bd. 5, 9. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 37; Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 15 TzBfG, Rz. 13.
[7] Ausführlich KR/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 624 BGB, Rz. 13 ff.

5.2.2 Arbeitsverhältnis für mehr als 5 Jahre

 

Rz. 59

Die 2. Alternative setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis auf mehr als 5 Jahre abgeschlossen wird. Die 5-Jahresfrist beginnt mit dem vereinbarten Vertragsbeginn und nicht bereits mit Vertragsschluss.[1] Enthält der Vertrag nicht nur eine Regelung zur Mindestdauer[2] von mehr als 5 Jahren, bedarf die Befristung der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG.[3] Bei einer Zweckbefristung kann von dem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht werden, wenn der vertraglich vereinbarte Zweck nicht innerhalb von 5 Jahren erreicht wurde.

 

Rz. 60

Die Anwendung des § 15 Abs. 5 TzBfG setzt voraus, dass der Vertrag von vornherein über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren vereinbart wurde. Wird im Anschluss an einen Vertrag von bis zu 5 Jahren ein weiterer Vertrag abgeschlossen, greift § 15 Abs. 5 TzBfG nicht, wenn es dem Arbeitnehmer frei steht, sich erneut zu binden. Um eine Umgehung zu vermeiden, muss die "Verlängerung" jedoch in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ablauf des Vorvertrags erfolgen. Eine starre Frist besteht nicht. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer bereits die Umstände zu übersehen vermag, die für die erneute Bindung von Bedeutung sein können. Das BAG hat eine Regelung gebilligt, nach der ein 5-Jahresvertrag automatisch verlängert wird, wenn nicht mit einer Kündigungsfrist von 1 Jahr zum Ende der ersten 5 Jahre gekündigt wird.[4] Diese maximale Frist[5] kann im Einzelfall kürzer sein.

 
Praxis-Beispiel

Es wird bei einem 2-Jahresvertrag nach 1 Jahr die Verlängerung um weitere 5 Jahre vereinbart. Hier liegt keine zeitnahe Verlängerung vor Vertragsende vor, sodass von einem Vertrag über mehr als 5 Jahre mit der Kündigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers nach 5 Jahren auszugehen ist.

[2] S. Gräfl, § 3, Rz. 21 ff.
[3] APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 39 f.
[4] BAG, Urteil v. 19.12.1991, 2 AZR 363/91, NZA 1992, 543; kritisch unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 50.
[5] ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 20.

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