Rz. 44

Eine vorzeitige ordentliche Kündigungsmöglichkeit muss klar und eindeutig vereinbart sein.

 
Praxis-Beispiel

Während der Befristung ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags für beide Seiten unter Einhaltung einer Frist von … möglich.

 

Rz. 45

Es genügt jedoch auch, wenn der beiderseitige Wille aus den Gesamtumständen eindeutig erkennbar ist.[1] Die Vereinbarung von Kündigungsfristen kann als konkludente Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit angesehen werden.[2]

 

Rz. 46

Bei einer Probezeitvereinbarung muss differenziert werden. Wird ein befristetes Probearbeitsverhältnis vereinbart, kann hieraus nicht auf die Vereinbarung der ordentlichen Kündigung geschlossen werden.[3] Umgekehrt kann aus einer vorgeschalteten Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis auf die stillschweigende Vereinbarung der ordentlichen Kündigung geschlossen werden.[4]

 
Praxis-Beispiel

In einem auf 1 Jahr befristeten Arbeitsverhältnis wird vereinbart:

"Die Probezeit beträgt 3 Monate."

Der Ablauf der Probezeit führt hier im Gegensatz zum befristeten Probearbeitsverhältnis nicht zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Nach § 622 Abs. 3 BGB gilt als Folge einer wirksamenProbezeitvereinbarung automatisch die Kündigungsfrist von 2 Wochen.[5] Dies setzt die Kündigungsmöglichkeit voraus und gibt der Probezeitvereinbarung einen rechtlich relevanten Inhalt. Die ordentliche Kündigung in der Probezeit ist daher zulässig. Für die Zeit nach Ablauf der Probezeit kann § 305c BGB einer Kündigungsmöglichkeit entgegenstehen.[6]

 

Rz. 47

Die einzelvertragliche Vereinbarung bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Insbesondere liegt bei vorformulierten Arbeitsverträgen kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB vor, da die zweifache Beendigungsmöglichkeit (Befristung und Kündigungsmöglichkeit) den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt. Der Arbeitgeber macht nur von der in § 15 Abs. 4 TzBfG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch.[7] Die Kündigungsmöglichkeit besteht für beide Parteien. Der Bestandsschutz ist durch die allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistet.[8]

 

Rz. 48

Die einseitige Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit nur für den Arbeitgeber ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 622 Abs. 6 BGB unzulässig.[9]

 

Rz. 49

Da § 15 Abs. 4 TzBfG Betriebsvereinbarungen nicht erwähnt, können diese nur bei einzelvertraglich vereinbarter Anwendung die Kündigungsmöglichkeit einräumen.[10] Entsprechende Regelungen in Betriebsvereinbarungen sind im Hinblick auf die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ohnehin nur in Ausnahmefällen zulässig. Auch die einzelvertragliche Bezugnahme auf eine kirchliche Arbeitsvertragsregelung ist möglich.[11]

[2] Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 15 TzBfG, Rz. 11; Hromadka, BB 2001, 676.
[3] APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 24; KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 42.
[4] BAG, Urteil v. 4.7.2001, 2 AZR 88/00, NZA 2002, 288; ErfK/Müller-Glöge, 23. Aufl. 2023, § 15 TzBfG, Rz. 12; Laux/Schlachter/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 15 TzBfG, Rz. 16; krit. APS/Backhaus, 6. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 24.
[5] KR/Spilger, 13. Aufl. 2022, § 622 BGB, Rz. 179.
[6] HK-ArbR/Tillmanns, 5. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 21.
[7] KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 37; a. A. Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, 11. Aufl. 2020, KSchR, § 15 TzBfG, Rz. 15; Walter, AiB 2004, 225.
[8] HaKo/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, § 15 TzBfG, Rz. 18.
[9] KR/Lipke/Bubach, 13. Aufl. 2022, § 15 TzBfG, Rz. 39; Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski, 11. Aufl. 2020, KSchR, § 15 TzBfG, Rz. 13.
[10] HK-TzBfG/Joussen, 6. Aufl. 2019, § 15, Rz. 58.
[11] BAG, Urteil v. 21.11.2013, 6 AZR 664/12, NZA 2014, 362, zu § 2 IV KAVO 2008.

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