Rz. 21

Die Ablehnungsgründe aus Sicht des Arbeitgebers entsprechen der (früheren) Regelung des § 15b BAT. Der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit dürfen dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Sie sind zu berücksichtigen, wenn sie "dienstlich/betrieblich" sind, sich also auf die Verhältnisse der Dienststelle/des Betriebs beziehen. Dabei sind die Begriffe "dienstlich" und "betrieblich" in der Weise zu verstehen, dass dienstliche Gründe bei einer staatlichen Einrichtung als Arbeitgeberin und betriebliche Gründe bei einer privatrechtlich betriebenen Einrichtung als Arbeitgeberin vorliegen können (LAG München, Urteil v. 28.4.2009, 7 Sa 1093/08). Durch die Aufnahme des Begriffs "dringend" haben die Tarifparteien hohe Anforderungen an die Intensität der entgegenstehenden betrieblichen oder dienstlichen Abläufe gestellt, ohne ihn definiert zu haben. Aufgrund desselben Wortlauts können die zu § 15b BAT entwickelten Grundsätze herangezogen werden. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs bestimmt sich nach Auffassung des BAG (BAG, Urteil v. 18.3.2003, 9 AZR 126/02[1]) nach dem allgemeinen Sprachverständnis unter Berücksichtigung des mit der Vorschrift verfolgten Zwecks. Mit dem Begriff "dringend" wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder auch sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen mithin von erheblichem Gewicht sein. Sie müssen sich als zwingende "Hindernisse" für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit und deren Verteilung darstellen. Diese Auslegung wird nach Auffassung des BAG durch den mit der Vorschrift verfolgten familienpolitischen Zweck bestätigt. Die Tarifvertragsparteien messen der häuslichen Kinderbetreuung ersichtlich einen besonderen Wert bei.

"Belange" ist ein anderes Wort für Interessen. Etwas ist "belangt", wenn es "betroffen" ist. Das können Interessen jeglicher Art sein.

 

Rz. 22

Auch nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg (LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.7.2000, 3 Sa 60/99) reicht es nicht aus, dass sich die Umstände nur störend oder als Belästigung auf den betrieblichen Ablauf auswirken. Voraussetzung in diesem Sinne sei vielmehr, dass Umstände vorlägen, die den Betriebsablauf ganz gravierend störten und vom Arbeitgeber nicht mit zumutbaren Maßnahmen zu bewältigen seien. Der Arbeitgeber könne insoweit nicht untätig auf die personelle Lücke verweisen, die die Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers aufreiße. Vielmehr müsse der Arbeitgeber alles ihm Zumutbare unternehmen, um die Teilzeittätigkeit zu ermöglichen. Es dürfe kein Ausweg möglich sein. In gewisser Weise seien auch Erschwernisse in Kauf zu nehmen. Die bei Umstellung auf Teilzeit üblichen Umstrukturierungen und damit verbundenen finanziellen Mehrbelastungen müssen vom Arbeitgeber hingenommen werden.

 

Rz. 23

Ein dringender dienstlicher oder betrieblicher Belang ergibt sich nicht daraus, dass der Arbeitgeber bei Teilzeitbeschäftigten nach § 6 Abs. 5 TVöD/TV-L/TV-H dazu verpflichtet ist, vor der Anordnung von Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit eine arbeitsvertragliche Regelung oder eine Zustimmung im Einzelfall herbeizuführen (ArbG Darmstadt, Urteil v. 25.2.2010, 7 Ca 453/09). Das ergibt sich schon daraus, dass der Teilzeitanspruch nach § 11 Abs. 1 TVöD/TV-L/TV-H nach seinem klaren Wortlaut nicht davon abhängig gemacht wird, dass der Teilzeitbeschäftigte gleichzeitig Erklärungen über die in § 6 Abs. 5 TVöD/TV-L/TV-H genannten Dienste abgibt. Zum anderen ergibt sich bei Betrachtung der Systematik des tariflichen Regelwerks, dass § 6 Abs. 5 TVöD/TV-L/TV-H gerade dem Schutz Teilzeitbeschäftigter dient. Denn der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung würde faktisch entwertet werden, wenn der Arbeitgeber ohne Einverständnis des Arbeitnehmers beispielsweise Überstunden und Mehrarbeit anordnen könnte und somit die durch die Teilzeitvereinbarung gewonnenen Vorteile wieder zunichtegemacht würden (ArbG Darmstadt, Urteil v. 25.2.2010, 7 Ca 453/09).

 

Rz. 24

Der Arbeitgeber darf den Arbeitszeitverkürzungswunsch eines Arbeitnehmers nur ablehnen, wenn dienstliche oder betriebliche Belange der Arbeitszeitverkürzung entgegenstehen. Nicht jedoch, wenn er mit dem Abschluss des Änderungsvertrags noch andere Ziele verfolgt, die nicht im Zusammenhang mit der durch eine Verringerung der Arbeitszeit geringeren zeitlichen Verfügbarkeit des Arbeitnehmers und den daraus entstehenden betrieblichen oder dienstlichen Problemen stehen; unbeachtlich ist z. B. der Wunsch des Arbeitgebers, bei Arbeitszeitverkürzung müsse ein von ihm formuliertes Änderungsvertragsformular verwendet werden, das noch andere Änderungen enthält, als der bisherige Vertrag (LAG München, Urteil v. 28.4.2009, 7 Sa 1093/08).

 

Rz. 25

In der Niederschrifterklärung vom 25.4.1994 zur (Vorgänger-)Vorschrift des § 15b BAT bestimmten die Tarifvertragsparteien ausdrücklich, dass die Berufung auf organisatorische Schwierigkeiten für sich allein nicht zur Ablehnung ausreiche.[2] So heißt...

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