Dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange dürfen nicht entgegenstehen.

Die Verwendung des Begriffs "dringende Belange" verdeutlicht, dass normale, vor allem teilzeittypische Belange nicht ausreichen, um den Antrag auf Arbeitszeitreduzierung negativ zu bescheiden. Die bei Umstellung auf Teilzeit üblichen Umstrukturierungen und damit verbundenen finanziellen Mehrbelastungen müssen vom Arbeitgeber hingenommen werden.

In der Niederschrifterklärung vom 25.4.1994 zur Vorläuferregelung in § 15b BAT bestimmen die Tarifvertragsparteien ausdrücklich, dass die Berufung auf organisatorische Schwierigkeiten für sich allein nicht zur Ablehnung ausreicht.

So hat das LAG Baden-Württemberg[1] entschieden, der Normgeber habe mit dem Begriff "dringend" hohe Anforderungen an die Intensität der entgegenstehenden betrieblichen oder dienstlichen Abläufe gestellt. Es reiche nicht aus, dass sich die Arbeitszeitreduzierung nur störend oder als Belästigung auf den betrieblichen Ablauf auswirken. Es müssten vielmehr Umstände vorliegen, die den Betriebsablauf ganz gravierend stören und vom Arbeitgeber nicht mit zumutbaren Maßnahmen zu bewältigen seien. Der Arbeitgeber könne insoweit nicht untätig auf die personelle Lücke verweisen, die die Teilzeitbeschäftigung des Mitarbeiters aufreißt. Vielmehr müsse er alles Zumutbare unternehmen, um die Teilzeittätigkeit zu ermöglichen. Es dürfe kein Ausweg möglich sein. Erschwernisse müssten in Kauf genommen werden.

 
Hinweis

Wegfall der Pflicht zu Mehrarbeit, Überstunden, Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft kein Ablehnungsgrund

Nach § 6 Abs. 5 TVöD/TV-L müssen Teilzeitbeschäftigte nur aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung Bereitschafsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit leisten. Das ArbG Darmstadt[2] hat festgestellt, dass diese Verpflichtung des Arbeitgebers gem. § 6 Abs. 5 TVöD, bei Teilzeitbeschäftigten vor der Anordnung von Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit eine arbeitsvertragliche Regelung oder eine Zustimmung im Einzelfall herbeizuführen, keinen dringenden dienstlichen oder betrieblichen Belang darstellt, der die Ablehnung des Antrags auf Reduzierung der Arbeitszeit rechtfertigt.

Das BAG hat in seinem Urteil v. 18.3.2003[3] den Begriff "entgegenstehende dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange" näher erläutert:

  • Dienstliche Belange sind betroffen, wenn Interessen jeglicher Art dienstlicher/betrieblicher Natur sind, sich also auf die Verhältnisse der Dienststelle/des Betriebs beziehen.
  • Mit dem Begriff "dringend" wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder auch sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen mithin von erheblichem Gewicht sein. Sie müssen sich als zwingende "Hindernisse" für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit und deren Verteilung darstellen.

Ein Arbeitgeberinteresse von erheblichem Gewicht, das der Arbeitszeitreduzierung entgegensteht, ist z. B. bei Unteilbarkeit einer Stelle gegeben. Der Arbeitgeber wird beweisen müssen, dass eine Teilung den Wert der Tätigkeit überproportional beeinträchtigt.[4] Die Beweispflicht ergibt sich aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis der Tarifvorschrift.

Nach der Rechtsprechung kann ein pädagogisches Konzept als dringender betrieblicher Grund die Ablehnung eines Verringerungsantrags rechtfertigen.[5]

 
Praxis-Beispiel

Eine Mitarbeiterin, verheiratet, 3 minderjährige Kinder, ist als Erzieherin mit 26 Wochenstunden in einem Kindergarten beschäftigt. Der Kindergarten ist montags bis freitags von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr geöffnet, an einem Tag finden um 14 Uhr Teambesprechungen statt. Nach wiederholter Elternzeit beantragt sie zunächst eine auf 5 Jahre befristete "familienpolitische Teilzeitbeschäftigung" mit mindestens 10 und höchstens 15 Stunden wöchentlich. Nach Ablehnung durch den Arbeitgeber beantragte sie auf der Grundlage des § 8 TzBfG eine Verringerung auf 10 Wochenstunden und deren Verteilung auf 2 Vormittage.

Der Arbeitgeber bot unter Hinweis auf seinen Erziehungs- und Bildungsauftrag lediglich eine Teilzeitbeschäftigung mit mindestens 19,25 Wochenstunden an.

Das betriebliche Arbeitszeitmodell dient der Erfüllung des pädagogischen Auftrags. Ziel ist die möglichst durchgängige Betreuung der Kinder und der ständige Kontakt mit den Eltern. Deshalb soll der Kreis der Erzieherinnen so weit als möglich beschränkt werden. Der von der Mitarbeiterin gewünschte Einsatz mit 10 Wochenstunden ist damit unvereinbar. Die von ihr gewünschte Arbeitszeit deckt die Öffnungszeiten des Kindergartens nicht ab. Dass eine andere Erzieherin bereit ist, sich mit der anspruchstellenden Mitarbeiterin den Arbeitsplatz zu teilen, löst das Problem nicht und ist damit unerheblich.

Auch wenn der Arbeitgeber bei Urlaubs- und Krankheitsvertretungen die durchgängige Betreuung durch eine feste Bezugsperson nicht sichern kann, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, sein unternehmerisches Konzept durch Teilung von Arbeitsplätzen weiter zu durchbrechen.

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