Das Vorliegen eines Arbeitszeitbetrugs muss in einem Kündigungsschutzprozess vom Arbeitgeber dargelegt und bewiesen werden. Hierfür muss der Beweis geführt werden, dass die dokumentierte von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit abweicht.

Erste Zweifel an der ordnungsgemäßen Erbringung und Erfassung der Arbeitsleistung ergeben sich nicht selten, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung nicht vor Ort im Betrieb erbringen und während ihrer Arbeitszeit nicht erreichbar sind oder ihre Produktivität stark nachgelassen hat. Auch ist denkbar, dass ein Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung außerhalb des Betriebs erbringt, von Kolleginnen und Kollegen vermehrt in der Öffentlichkeit, z. B. beim Einkauf im Supermarkt oder im Café, gesehen wird. Liegen erst einmal Anhaltspunkte für Arbeitszeitverstöße oder sogar einen Arbeitszeitbetrug vor, hat der Arbeitgeber ein hohes Interesse an der Aufklärung der potenziell schwerwiegenden Pflichtverletzung.

Für die Sachverhaltsermittlung bei vermuteten Arbeitszeitverstößen bzw. -betrügen bieten sich unter anderem die folgenden Maßnahmen an:

  • Auswertung von Zeiterfassungsunterlagen/-systemen
  • Engmaschige Kontrolle der Erreichbarkeit durch Vorgesetzte und/oder Kollegen, insbesondere durch eine erhöhte Anzahl von Kontaktaufnahmen, falls der Arbeitnehmer nicht vor Ort im Betrieb tätig ist
  • Kontrolle der Arbeitsergebnisse, sind diese mit dem dafür aufgewendeten Arbeitsumfang kompatibel?
  • Befragung von Kollegen
  • Auswertung sonstiger Systeme unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben und etwaig bestehender Grenzen aufgrund von Tarif- oder Betriebsvereinbarungen (z. B. Auswertung der Videoüberwachung des Betriebsgeländes)
  • Einsatz eines Privatdetektivs, wobei die Zulässigkeit strengen Anforderungen unterliegt
  • Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers

Bei sämtlichen Ermittlungsmaßnahmen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Arbeitgeber sind daher gut beraten, die objektiven Anhaltspunkte, die auf einen Arbeitszeitbetrug hindeuten, ebenso detailliert zu dokumentieren, wie das Ergebnis der Ermittlung selbst. Weiter empfiehlt es sich, dass sich Arbeitgeber bei dem Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs nicht nur auf eine Ermittlungsmaßnahme verlassen, sondern möglicherweise sogar parallel mehrere Maßnahmen angestoßen werden. Da ein Arbeitszeitbetrug an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, müssen die Ermittlungen zügig vorangetrieben und die nach § 626 Abs. 2 BGB einzuhaltende 2-Wochenfrist im Blick behalten werden.

 
Hinweis

Sonderfall: Verdachtskündigung[1]

Gelingt der vollständige Nachweis des Arbeitszeitbetrugs nicht, kommt der Ausspruch einer Verdachtskündigung in Betracht, wenn hinreichend objektive Anhaltspunkte einen dringenden Verdacht des Arbeitszeitbetrugs begründen.

In der Praxis wird nicht selten eine Tatkündigung und hilfsweise eine Verdachtskündigung ausgesprochen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den betroffenen Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung stets anzuhören, auch wenn der Arbeitgeber von der Nachweisbarkeit des Arbeitszeitbetrugs überzeugt ist. Der Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat tatsächlich begangen, stellt einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der im Tatvorwurf nicht enthalten ist. Existiert beim Arbeitgeber ein Betriebs- oder Personalrat, ist dieser daher auch zur hilfsweisen Verdachtskündigung anzuhören. Wird dies versäumt und stellt sich in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess heraus, dass dem Arbeitnehmer die Tat nicht sicher nachgewiesen werden kann, ist der nachgeschobene Kündigungsgrund der Verdachtskündigung wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats im Kündigungsschutzprozess nicht zu verwerten.[2]

[1] Mehr zu den Voraussetzungen einer Verdachtskündigung: Verdachtskündigung: Voraussetzungen.

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