Der einzelne Arbeitnehmer hat gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Abwehr von unmittelbar drohenden Gefahren. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 618 Abs. 1 BGB. Die Gefahr muss sich dabei noch nicht so manifestiert haben, dass ohne Abwehrhandlungen zwingend der Eintritt eines Schadens zu erwarten ist. Denn das Arbeitsschutzrecht wird vom Präventionsgedanken beherrscht, der seinen Ausdruck insbesondere in der nach § 5 ArbSchG vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung findet.

Aus dem Zusammenspiel von § 618 BGB und § 5 ArbSchG ergibt sich daher ein Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf eine Beurteilung der mit seiner Beschäftigung verbundenen Gefährdung.[1] Den Vorschriften des Arbeitsschutzes kommt insoweit eine Doppelwirkung zu, als Schutzpflichten über § 618 Abs. 1 BGB in das einzelne Arbeitsverhältnis hineinwirken. Sie begründen dann zusätzlich zu einer öffentlich-rechtlichen Pflicht eine privatrechtliche Verpflichtung, die der Arbeitgeber gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer zu erfüllen hat.

 
Hinweis

Handlungsspielräume beachten

§ 5 Abs. 1 ArbSchG räumt dem Arbeitgeber für die Art und Weise der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung einen Handlungsspielraum ein. Verleiht die Arbeitsschutznorm dem Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum, kann der Arbeitnehmer im Rahmen des § 618 Abs. 1 BGB lediglich die ordnungsgemäße Ausfüllung des Beurteilungsspielraums verlangen.

Bei der Ausfüllung von Beurteilungsspielräumen greift auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Der Arbeitnehmer kann bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen nur verlangen, dass der Arbeitgeber sein Initiativrecht ausübt, um mit dem Betriebsrat die erforderliche Einigung über die Art und Weise der Durchführung des Gesundheitsschutzes zu erzielen Er kann deshalb nicht verlangen, dass die Gefährdungsbeurteilung nach den von ihm vorgegebenen Kriterien durchgeführt wird.[2]

Nach § 15 Abs. 1 ArbSchG sind die Beschäftigten verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit der Arbeit Sorge zu tragen. Die Beschäftigten haben in diesem Rahmen insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden.[3]

Nach § 16 Abs. 1 ArbSchG trifft die Beschäftigten die Pflicht, dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden. Sie müssen gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen.[4] § 16 ArbSchG legt damit eine umfassende Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers fest.

Nach § 17 ArbSchG sind die Beschäftigten berechtigt, dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen. Sind die Beschäftigten aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellte Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden nicht ab, können diese sich an die zuständige Behörde wenden. Hierdurch dürfen den Beschäftigten keine Nachteile entstehen.

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