Steht die Unparteilichkeit des Richters in Frage, soll er nicht an dem Verfahren teilnehmen. Für die Ausschließung des Vorsitzenden der Gerichte der Arbeitssachen, von ehrenamtlichen Richtern, Rechtspflegern und Urkundsbeamten gelten die § 49 ArbGG, § 41 – § 48 ZPO.

1.4.1 Ausschluss kraft Gesetz

Ein Vorsitzender oder ehrenamtlicher Richter ist kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 41 ZPO)

  • in Sachen, in denen er selbst Partei oder Streitgehilfe ist oder bei denen er zu einer Partei im Verhältnis der Mitberechtigung, des Mitverpflichteten oder Regressverpflichteten steht,
  • in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht,
  • in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht,
  • in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert ist oder war,
  • in Sachen, die denselben Streitstoff betreffen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter aufzutreten berechtigt ist oder war,
  • in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen worden war,
  • in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtsstreit oder Schiedsverfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat,
  • in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird,
  • in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder in einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbereinigung mitgewirkt hat.

An die Stelle des ausgeschlossenen Richters tritt sein Vertreter.

1.4.2 Ablehnung eines Richters

Siehe hierzu auch die Arbeitshilfe: Ablehnungsgesuch – Besorgnis der Befangenheit.

Ein Richter kann von den Parteien und Streitgehilfen abgelehnt werden,

  • wenn er kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen ist,
  • wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 42 ZPO).

Die Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn nach objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Es ist bereits ausreichend, wenn vom Standpunkt der Partei der objektive Anschein der Befangenheit erwachsen ist. Tatsächlich vorliegen braucht die Befangenheit nicht.

Eine Ablehnung kann begründet sein

  • im Verhalten des Richters,
 
Praxis-Beispiel

Unsachlichkeit gegenüber einer Partei oder deren Prozessbevollmächtigten;

  • durch vorangegangene Tätigkeit des Richters in Fällen, in denen er nicht schon nach § 41 Nr. 6 ZPO ausgeschlossen ist und weitere Umstände hinzutreten,
 
Praxis-Beispiel

Fehlende Bereitschaft in vorangegangenem Verfahren, auf Argumente einer Partei einzugehen;

  • durch veröffentlichte Rechtsansichten des Richters, wenn er diese trotz allgemeiner Zurückweisung vertritt.

1.4.3 Ablehnungsverfahren

Siehe hierzu auch die Arbeitshilfe: Ablehnungsgesuch – Besorgnis der Befangenheit.

Jede Partei kann ein Ablehnungsverfahren mit einem Ablehnungsgesuch einleiten, sofern der Richter nicht selbst seine Befangenheit oder seinen gesetzlichen Ausschluss angezeigt hat (§ 48 ZPO). Das Ablehnungsgesuch kann mündlich, auch zu Protokoll (§ 160 Abs. 4 ZPO) oder schriftlich bei Gericht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 44 ZPO) unter namentlicher Bezeichnung des Richters gestellt werden. Es kann aber auch durch Anzeige des ablehnenden Richters gestellt werden (§ 48 ZPO). Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen. Zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden (§ 44 Abs. 2 ZPO, § 294 ZPO). Die Ablehnung des Richters ist sofort nach dem Vorfall zu beantragen, denn eine Partei verliert das Recht zur Ablehnung, wenn sie sich bei dem Richter auf eine Verhandlung eingelassen hat (§ 43 ZPO, § 44 Abs. 4 ZPO). Allerdings kann auf frühere Gründe zurückgegriffen werden, wenn diese durch einen weiteren, nicht mehr hinzunehmenden Grund unerträglich werden.

 
Praxis-Beispiel

Mehrere unsachliche Äußerungen, die für sich allein jeweils hinnehmbar sind, in ihrer Gesamtheit nach einer weiteren unsachlichen Äußerung aber unerträglich geworden sind.

Über die Ablehnung entscheidet die vollbesetzte Kammer nach dienstlicher Äußerung des abgelehnten Richters (§ 44 Abs. 3, § 49, § 64 Abs. 2 ArbGG). An die Stelle des abgelehnten Berufsrichters tritt sein Vertreter. Ein abgelehnter ehrenamtlicher Richter wird durch den nächsten ehrenamtlichen Richter der Vorschlagsliste ersetzt. Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss. Den Parteien ist vorab Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Gegen den Beschluss ist aufgrund des Beschleunigungsgrundsatzes kein Rechtsmittel gegeben (§ 49 Abs. 3 ArbGG). Das Verfahren ist Teil des Hauptverfahrens; es entstehen keine Gerichtsgebühren (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 1 GKG, § 91 ZPO).

Der Richter hat Verhältnisse, die seinen Ausschluss oder seine Ablehnung rechtfertigen würden, anzuzeigen. Allerdings gibt es gegen die Unterlassung einer solchen Anzeige kein Rechtsmittel.

Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen wie ei...

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