2.1 AU-Bescheinigung

Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) stellt für den Arbeitnehmer das wichtigste Mittel dar, um seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen zu können. Nach sorgfältiger Untersuchung und Befragung des Arbeitnehmers durch einen Arzt wird in der AU-Bescheinigung festgelegt, wann die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers begann und wie lange sie voraussichtlich andauert.[1]

 
Hinweis

AU-Bescheinigung stellt Urkunde dar

Die AU-Bescheinigung stellt daher eine Urkunde dar, in der der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.

Angaben zu der Krankheit selbst sind nicht enthalten. Arbeitgeber haben das Recht, bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit die Vorlage eines ärztlichen Attests (Krankmeldung) einzufordern (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG). Dies kann er z. B. verlangen, wenn er Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat.

 
Hinweis

Beweiswert AU-Bescheinigung

Der AU-Bescheinigung kommt daher in erster Linie ein Beweiswert zu. In der Regel ist der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geführt. Der Beweiswert der AU-Bescheinigung kann erschüttert werden, wenn die vom Arbeitgeber vorgetragenen Tatsachen zu ernsthaften Zweifeln an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Anlass geben. Beispiele dafür können sein:

  • Ankündigung einer Erkrankung durch den Arbeitnehmer;
  • rückwirkende Datierung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung;
  • Erkrankung nach Ablehnung eines Urlaubsantrags im beantragten Urlaubszeitraum;
  • mit einer Arbeitsunfähigkeit unvereinbare Freizeitaktivitäten.

In einem solchen Fall wird der Arbeitnehmer seinen Arzt regelmäßig von der Schweigepflicht entbinden müssen, um seiner Darlegungs- und Beweislast nachzukommen.

[1] Griese/Küttner, Personalbuch 2023, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Rzn. 1 ff.

2.2 Vorzeitige Genesung

Wird der Arbeitnehmer vor dem in der AU-Bescheinigung prognostizierten Zeitpunkt wieder arbeitsfähig, ist er verpflichtet, sich unverzüglich bei seinem Arbeitgeber zurückzumelden und seine Arbeitsleistung anzubieten und wiederaufzunehmen. Die ausgestellte AU-Bescheinigung und das darin prognostizierte Genesungsdatum hindert den Arbeitnehmer in diesem Fall nicht an der vorzeitigen Wiederaufnahme seiner Tätigkeit. Vielmehr ist er zur unverzüglichen Wiederaufnahme verpflichtet. Das Leistungshindernis (Krankheit) ist entfallen.

Einer "Gesundschreibung" durch den Arzt bedarf es nicht. Maßgeblich ist ausschließlich die objektive Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer ist daher nicht verpflichtet, sich erneut zum Arzt zu begeben und sich seine Genesung attestieren zu lassen. Das Anbieten der Arbeitsleistung genügt.

Tarifvertraglich kann davon abweichend die Verpflichtung einer erneuten gesundheitlichen Untersuchung vereinbart werden.[1]

2.3 Zweifel an vorzeitiger Genesung – Fürsorgepflichten des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers anzunehmen, sofern der Arbeitnehmer ihm die Leistung zur rechten Zeit, in rechter Weise und am rechten Ort anbietet. Nimmt er die Arbeitsleistung nicht an, gerät er in Annahmeverzug. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist. Ist er dies nicht, gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug.

Wie verhält es sich, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit noch vor dem in der AU-Bescheinigung genannten Zeitpunkt aufnehmen will, der Arbeitgeber jedoch Zweifel an der Arbeitsfähigkeit hat?

Diese Konstellation ist insbesondere dann von Relevanz, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeit kurz vor dem drohenden Ablauf des 6-wöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums trotz (fort-)bestehender AU-Bescheinigung wieder aufnehmen möchte und vorträgt "er sei wieder top fit":

Hier ist zu differenzieren:

Ist der Arbeitnehmer objektiv außer Stande, seine Arbeit wieder aufzunehmen, so kann das fehlende Leistungsvermögen nicht durch die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers, er sei wieder gesund, ersetzt werden. Auf das subjektive Empfinden des Arbeitnehmers ist nicht abzustellen. Der Arbeitgeber kann die Leistung ablehnen, ohne in Annahmeverzug zu geraten.[1] In diesem Fall würde der Arbeitnehmer nach Ablauf des 6-Wochenzeitraums aus der Entgeltfortzahlung herausfallen und Krankengeld beziehen (müssen).

Ist objektiv erkennbar, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung noch nicht erbringen kann (z. B. offensichtliche Krankheitssymptome wie Husten und Schnupfen, Benommenheit, fortwährende körperliche Einschränkungen aufgrund von Verletzungen), wird der Arbeitgeber die Arbeitsleistung bereits aufgrund der arbeitsvertraglichen (gegenseitigen) Fürsorgepflicht nicht annehmen dürfen. Die Fürsorgepflicht ist als arbeitsvertragliche Nebenpflicht ein wesentlicher Bestandteil jeden Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auf Rechtsgüter, Rechte und Interessen seiner Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen. Dies umfasst nicht nur die Interessen des erkrankten Arbeitnehmers, sondern auch die der K...

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