Das Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.[500] Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber hat er dafür zu sorgen, dass das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht beeinträchtigt wird. Dies gilt nicht nur für den Arbeitgeber, sondern genauso für den Betriebsrat, was sich direkt aus § 75 BetrVG ergibt.[501] Sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsräte sind verpflichtet, Mitarbeiter in ihrem Arbeitsverhältnis vor Eingriffen in ihr Persönlichkeitsrecht zu schützen.

Die sehr sichtbare Information und Kommunikation über mitarbeiterspezifische Prozessabläufe, Arbeitsergebnisse und Austausch erzeugen gleichzeitig eine erhebliche soziale Kontrolle über das Leistungspensum und den Leistungsinhalt eines jeden Mitarbeiters.[502] Der Mitarbeiter wird dadurch in seiner Leistung, in seinen Beziehungen und in seinem persönlichen Ausdruck erkenntlich. Hierdurch könnte der Eindruck einer Überwachung und möglichen Kontrolle des Mitarbeiters entstehen.

Das Persönlichkeitsrecht ist nicht per se durch Überwachungsmaßnahmen unzulässig beeinträchtigt, sondern hier ist auf die Art und Intensität des Eingriffs abzustellen. Eingriffe können sich auf unterschiedliche Weise ergeben:

  • ständige physische Beobachtung (z. B. durch ›hinter einem stehen‹, Sichtkontrolle)
  • ständige Berichterstattung durch den Arbeitnehmer selbst (z. B. schriftlich oder mündlich)
  • Aufzeichnung von Verhalten durch technische Überwachungseinrichtungen (z. B. Kamera, IT-System etc.).

Soweit technologische Arbeitsmittel zum Einsatz kommen, kommt es darauf an, ob und inwieweit das Arbeitsverhalten überwacht wird. Hier bedarf es keiner besonderen Absicht, den Mitarbeiter kontrollieren zu wollen: Allein die Eventualität ist bei einer technischen Aufzeichnung ausreichend.[503] Kontrolleinrichtungen, die lediglich dazu dienen, den Arbeitsablauf zu überwachen – also auf den Prozess abstellen und nicht auf das Verhalten –, sind jedoch grundsätzlich unbedenklich.[504] Darüber hinaus sei hier angemerkt, dass eine Überwachung im Rahmen von agilen Methoden in der Regel nicht durch technische Geräte stattfindet. Dies unterscheidet sich somit von den meisten strittigen Fällen dieser Art, in denen es insbesondere um die Überwachung mittels technischer Einrichtungen geht. Sichtbar wird agiles Arbeiten größtenteils durch Dokumentationen der Prozesse und Ergebnisse an Whiteboards oder durch die gegenseitige verbale Kundgabe der Mitarbeiter selbst. Bei den agilen Arbeitsmethoden steht das Ergebnis selbst, das Testen und das Lernen aus Erfahrungen im Vordergrund – nicht das Verhalten der Mitarbeiter. Durch transparente agile Arbeitsmethoden würde daher das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters nicht unzulässig beeinträchtigt. Dem Arbeitgeber ist es damit überlassen, entsprechende Arbeitsweisen einzuführen und anzuweisen.

[500] ErfK/Schmidt, 19. Aufl. 2019, GG Art. 2 Rn. 32, 33BVerfG, Urteil vom 19.04.2016 – 1 BvR 3309/13 = NJW 2016, 1939.
[501] Richardi, BetrVG/Maschmann, 16. Aufl. 2018, BetrVG § 75 Rn. 44–45.
[502] Siehe Interview mit Dr. Wolf Wehner (Deutsche Telekom) im Beitrag "Erfahrungen aus agilen Unternehmen".
[503] Richardi, BetrVG/Richardi/Maschmann, 16. Aufl. 2018, BetrVG § 87 Rn. 500–504.
[504] LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.08.2013, NZA-RR 2013, 577.

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