Kurzbeschreibung

Diese Musterbetriebsvereinbarung regelt die Einführung, Ausgestaltung und Durchführung von Gruppenarbeit/agiler Arbeitsmethoden.

Vorbemerkung

Die Bezeichnungen "Team-Arbeit", "Fertigungsinseln", "New Work", "Agiles Arbeiten", "Arbeit 4.0" oder "Scrum" finden zunehmende Verbreitung. Rechtlich haben diese Begriffe keinen feststehenden Inhalt, arbeitsrechtlich berühren sie in ihrer Ausgestaltung sehr unterschiedliche Regelungsbereiche.

Unabhängig ihrer Bedeutungsunschärfe kann die Einführung flexibler, "agiler" Arbeitsmethoden eine Änderung der Betriebsorganisation nach § 111 Satz 3 Nr. 4 und Ziffer 5 BetrVG[1] darstellen und damit beratungspflichtig mit dem Betriebsrat vor ihrer Einführung sein. Ein echtes, erzwingbares Mitbestimmungsrecht in der Einführung agiler Arbeitsmethoden steht dem Betriebsrat nur dann zu, wenn der Arbeitgeber "Gruppenarbeit" im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG einführen möchte. Wegen der in der Praxis zumeist bestehenden rechtlichen Unsicherheit, ob die konkrete betriebliche agile Arbeitsmethode begrifflich eine Gruppenarbeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG darstellt, ist im Regelfall der Abschluss einer Betriebsvereinbarung "Agile Arbeitsmethoden" empfehlenswert. Diesem Begriff ist dann der Vorzug zu gewähren.

Die Gruppenarbeit als Form betrieblicher Arbeitsorganisation verlagert einen Teil unternehmerischer Verantwortung auf die als Arbeitsgruppe organisierten Mitarbeiter. Daraus ergeben sich besondere wirtschaftliche, berufliche und gesundheitliche Risiken für Mitglieder von Arbeitsgruppen. Die größten Risiken bestehen in der Gefahr einer "Selbstausbeutung", der Ausgrenzung Leistungsschwächerer, der faktischen Ausdehnung von Haftungsrisiken und der Abwälzung unternehmerischer Risiken auf Arbeitnehmer.[2] Aus diesen Gründen ist die Ausgestaltung von Gruppenarbeit umfassend mitbestimmungspflichtig. Die Einführung von Gruppenarbeit ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG mitbestimmungsfrei möglich.

Das Gesetz definiert den Begriff der Gruppenarbeit aus folgenden 3 Elementen:

Es muss erstens eine Gruppe bestehen oder eingerichtet werden. Dies setzt eine Mehrheit von mindestens 3 Mitarbeitern voraus, die als Gemeinschaft organisiert ist und in dieser Verbindung Adressat von Weisungen des Arbeitgebers sein soll. Es ist hierzu eine Identifizierung der Gruppenmitglieder erforderlich, ferner eine Regelung der gruppeninternen Entscheidungsfindung. Diese muss in der Hand der Gruppe liegen und darf nicht vom Arbeitgeber ausgehen. Die Gruppe darf nicht nur vorübergehend eingerichtet sein.

Der Arbeitgeber muss zweitens eine Arbeitsaufgabe als Gesamtaufgabe der Gruppe als solcher zugewiesen haben. Das verlangt eine gruppenspezifische Bestimmung der Arbeitsaufgabe. Die Gruppe muss für die Erfüllung der Aufgabe eine gemeinschaftliche Verantwortung treffen. Der einzelne Mitarbeiter ist nur noch zur Mitarbeit in der Gruppe gemäß ihrer internen Organisation verpflichtet, nicht mehr individualisiert zur Erfüllung der Aufgabe.

Drittens muss die Arbeit der Gruppe zur eigenverantwortlichen Erledigung zugewiesen sein. Die Eigenverantwortlichkeit der Erledigung besteht darin, dass die Zuweisung einzelner Arbeitsschritte zur Erfüllung der Gesamtaufgabe nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch die Gruppe selbst erfolgt.[3] Die Gruppe muss insoweit über einen Autonomieraum gegenüber dem Arbeitgeber verfügen, der den Gruppenmitgliedern arbeits-, oder kollektivvertraglich eingeräumt ist ("teilautonom"). Dazu gehören die im Wesentlichen eigenverantwortliche Regelung der Arbeitsverteilung in der Gruppe und die Organisation der einzelnen Arbeitsschritte. Das Kriterium der Teilautonomie verlangt zudem, dass die Gruppe als solche in die betriebliche Organisation eingebunden bleibt. Gruppen zur vorübergehenden Erledigung von Sonderaufgaben, wie Steuerungsgruppen zur Vorbereitung einer Betriebsübernahme oder zur Durchführung von Bauarbeiten fallen nicht in den Anwendungsbereich.

Nur wenn die jeweilige "Agile Arbeitsmethode", der betriebliche "Scrum"-Prozess oder das "Arbeit 4.0"-Organisationsmodell diese 3 Voraussetzungen kumulativ erfüllt, ist sie nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG als "Gruppenarbeit" mitbestimmungspflichtig. Auf die verwendete Bezeichnung kommt es nicht an. Entscheidend ist die gelebte betriebliche Praxis.

Die Aufnahme von Mitarbeitern als Mitglieder einer Arbeitsgruppe wird in der Regel zusätzlich eine mitbestimmungspflichtige Versetzung (§ 99 BetrVG) darstellen.

Dem Betriebsrat steht hinsichtlich aller Fragen der Ausgestaltung und Durchführung der Gruppenarbeit ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG zu. Hingegen ist die Einführung oder Beendigung der Gruppenarbeit, ebenso wie ihr Gegenstand und Umfang, die Arbeitsziele und die Zahl der Arbeitsgruppen mitbestimmungsfrei. Zur Einführung von Gruppenarbeit steht dem Betriebsrat deswegen kein Initiativrecht zu.

Soweit die Arbeitsgruppe technische Einrichtungen als Kommunikations- oder Arbeitsgrundlage verwenden darf oder soll, tritt zusätzlich das Mitbestim...

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