Verhaltensweisen im Bewerbungsgespräch, die für eine Benachteiligung Indizien begründen können, sollten Arbeitgeber vermeiden. Ein einleuchtendes (und reales) Beispiel ist das eines Abteilungsleiters, der im Bewerbungsgespräch mit einer transsexuellen Frau dieser mitteilt, er habe eine Frau erwartet und keinen Mann (hierzu s. Praxisbeispiele.).

Arbeitgeber sollten nur Fragen stellen, die etwas mit den Anforderungen an die Arbeit des Bewerbers zu tun haben. Auch vermeintlich unverfängliche Fragen können problematisch sein. Fragen nach der Familienplanung können Benachteiligungen wegen des Geschlechts und der sexuellen Identität bedeuten. Bei Frauen droht hier der Eindruck, der Arbeitgeber wolle die Einstellung einer womöglich bald ausfallenden Arbeitskraft verhindern. Schwangere dürfen keine Benachteiligung aufgrund ihrer Schwangerschaft erleiden, auch das bedeutet eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.[1] Von großer Bedeutung ist hier die Rechtsprechung des BAG, wonach der Bewerber bei Fragen lügen darf, die den Arbeitgeber zwar interessieren, die aber aus Gründen des Diskriminierungsschutzes unzulässig sind. Fragt der Arbeitgeber trotzdem, muss der Bewerber nicht die Wahrheit sagen. Fällt die Lüge später auf, darf der Arbeitgeber deshalb nicht kündigen bzw. den Vertrag anfechten.[2]

Fragt der Arbeitgeber nach der Familienplanung des Bewerbers, obwohl dies für die Anforderungen des Jobs unerheblich ist, kann das ein Indiz dafür sein, dass der Arbeitgeber wissen wollte, ob der Bewerber homosexuell ist oder nicht. Hierbei ist das Merkmal der sexuellen Identität betroffen. Arbeitgeber sind gut beraten, auf Fragen zur Familienplanung generell zu verzichten. Für die sexuelle Orientierung ist keine Arbeitssituation vorstellbar, die eine Frage hierzu nötig machen würde. Für die Schwangerschaft ist das Bild ähnlich. Arbeitgeber können sinnvollerweise nur Frauen fragen, ob sie schwanger sind. Männer trifft dieses Risiko nicht. Daher ist die Frage nach der Familienplanung (auch nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH) immer diskriminierend. Das gilt sogar dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen akuten Bedarfs gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG nur befristet anbieten kann und die Schwangerschaft in die kurze Zeit der Anstellung fällt.

 
Praxis-Beispiel

Weitere Rechtsprechung

Transphobes Verhalten eines Mitarbeiters

In dem oben erwähnten Fall des Urteils des BAG vom 17.12.2015[3] bewarb sich eine Transsexuelle für eine Stelle als Logistikmitarbeiterin. Als sie, wie vereinbart, an der Logistikhalle ankam, um eine Führung durch das Lager zu bekommen, begegnete ihr der Verantwortliche für die Halle mit der Aussage, er habe eine Frau erwartet. Die Bewerberin erklärte diesem, sie sei die Frau, die er erwartet habe. Der Hallenleiter reagierte, indem er wiederholte, eine Frau erwartet zu haben und mehrfach an ihr vorbei über ihre Schulter blickte, als wartete er noch auf die Ankunft einer anderen Person. Das BAG erkannte hierin eine Benachteiligung wahlweise wegen des Merkmals "Geschlecht" oder des Merkmals der "sexuellen Identität". Der Fall zeigt, dass Arbeitgeber ihr Personal für die Belange des AGG sensibilisieren und im diskriminierungsfreien Umgang mit Kollegen trainieren sollten. Dies umso mehr, wenn es sich um Personal mit Führungsverantwortung handelt.

"In der IT sind überwiegend Männer tätig"

Keine Benachteiligung erkannte das BAG in einem Urteil[4], das den Fall eines Personalers betraf, der im Bewerbungsgespräch der weiblichen Bewerberin sagte, dass in der IT überwiegend Männer tätig seien. Das BAG begründete das Urteil mit dem Hinweis darauf, dass hierin eine bloße Tatsachenbeschreibung ohne Wertung der Bewerberin hinsichtlich ihrer Eignung lag. Bei derartigen Äußerungen ist trotzdem Vorsicht geboten. Hierfür pauschal grünes Licht zu geben, wäre verfehlt. Gerade in Verbindung mit der Beweiserleichterung gem. § 22 AGG ergibt sich, dass es von Fall zu Fall auch vorkommen kann, dass der klagende Bewerber genügend Anhaltspunkte beweisen kann, sodass eine Benachteiligung zu vermuten ist. Im Zweifel gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Ablehnung eines männlichen Lehrers für ein Mädcheninternat

Das Urteil des BAG vom 28.5.2009[5] betraf den Fall eines männlichen Sportlehrers, der sich für eine Stelle in einem Mädcheninternat bewarb. Die Stelle wäre mit Nachtschichten verbunden gewesen, was diesen Fall vom obigen Fall der Bewerbung auf eine Stelle als Sportlehrer für den Mädchensportunterricht unterscheidet. Das Internat erteilte dem Bewerber eine Absage unter Bezugnahme auf sein Geschlecht. Das BAG entschied, dass hierin ausnahmsweise eine zulässige Anknüpfung an das Merkmal "Geschlecht" liegt und schloss sich der Begründung des vorinstanzlichen LAG an. Dieses stellte auf § 8 Abs. 1 AGG ab und erkannte im weiblichen Geschlecht ein sog. "unverzichtbares Kriterium". Ein Kriterium ist unverzichtbar, wenn die Ausübung der Tätigkeit durch jemanden, der das Kriterium nicht aufweist, weitaus schlechter wäre.[6] Im vorli...

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