Diesen Fall entschied das LAG Rheinland-Pfalz im September 2022.[1] Dabei ging es um einen Hund, den die Mitarbeiterin eines Betriebs über einen längeren Zeitraum im Anschluss an eine längere Phase der Arbeitsunfähigkeit mitbrachte. Sie litt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Als eine andere Kollegin nach einer längeren Krankheit zurückkam, musste die Hundehalterin wegen der Hundehaarallergie der Kollegin den Hund während der Arbeitszeit in anderen Räumlichkeiten des Betriebs unterbringen. Nachdem ihr nach einer Weile coronabedingt nur noch das Unterbringen des Hundes im Garten und auf der Terrasse gestattet war, verbot der Vorgesetzte der Mitarbeiterin das Mitbringen des Hundes. Das begründete dieser mit der Bedrohlichkeit des Hundes. Die Mitarbeiterin war anschließend zunächst arbeitsunfähig erkrankt und ließ dann anwaltlich dem Arbeitgeber mitteilen, sie sei auf ihren Hund aus medizinischen Gründen angewiesen. Es handele sich um einen Assistenzhund. Das glaubte der Arbeitgeber der Mitarbeiterin nicht. Erst anschließend beantragte sie, ihre Schwerbehinderung feststellen zu lassen. Sie erhob Klage und begehrte die Feststellung, sie könne beanspruchen, den Hund in das Büro bringen zu dürfen. Hilfsweise beanspruchte sie, im Homeoffice zu arbeiten.

Das Gericht wies die Klage ab. Grund hierfür ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers.[2] Der Arbeitgeber darf Zeit, Ort und Inhalt der Arbeit bestimmen. Darüber hinaus darf er auch die Arbeitsweise bestimmen, solange sie die Grenzen des billigen Ermessens nicht überschreitet.[3] Das heißt, dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, seinen Mitarbeitern das Mitbringen eines Hundes zu untersagen. Etwas anderes könnte möglicherweise dann gelten, wenn die betroffene Mitarbeiterin den Hund wirklich (etwa wegen einer schweren Behinderung, z. B. Blindheit) braucht.

Das Gericht sagte nichts ausdrücklich darüber, ob es in der PTBS der Klägerin eine Behinderung sieht, scheint dies aber zumindest implizit anzunehmen.[4] Das Bejahen einer Behinderung entspricht der rechtlichen Definition, dass eine andauernde Krankheit – sei sie psychisch oder körperlich – den Tatbestand einer Behinderung erfüllen kann.

Das LAG Rheinland-Pfalz setzte sich mit der Frage auseinander, ob die Kündigung die Klägerin womöglich in ihrem Recht auf Gleichheit gemäß Art. 3 Abs. 2 GG verletzt. Außerdem erörterte es die Frage, ob ihr ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zusteht. Beides lehnte das Gericht ab. Für die Frage, ob die Kündigung das Grundrecht der Klägerin auf Gleichheit verletzt, wog das Gericht das Grundrecht mit den Interessen des Arbeitgebers ab. Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf Gleichheit. Das bedeutet nicht nur rechtliche Gleichstellung, sondern auch, dass sie Möglichkeiten bekommen, sich zu entfalten. Daraus können sich für Menschen mit einer Behinderung Privilegien ergeben, damit sie an der Gesellschaft teilhaben können.

Aus Sicht des Gerichts überwog das Interesse des Arbeitgebers an dem Verbot, den Hund mitzubringen, das Recht der Klägerin auf Gleichheit und gesellschaftliche Teilhabe. Die Bedrohlichkeit des Hundes gab den Ausschlag. Möglicherweise hätte die Klägerin einen Anspruch aus Art. 3 Abs. 2 GG, wenn es um das Mitbringen eines geeigneten Hundes gegangen wäre.

Aus demselben Grund lehnte das Gericht einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG ab. Die Behandlung der Mitarbeiterin erfolgte also nicht wegen ihrer Behinderung.[5]

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