Das LAG Düsseldorf entschied einen Fall[1] im Januar 2021 und identifizierte eine spezielle Regelung eines Tarifvertrags als diskriminierend für Menschen mit Behinderung. Die Regel im Tarifvertrag[2] sah eine Abfindung vor für das altersbedingte Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Dabei legte der Arbeitgeber für die Berechnung die Dauer der Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt des Ausscheidens an. Das Interessante hieran ist, dass die Regelung mit dem geltenden Gesetz in Zusammenhang steht, und zwar § 236a SGB VI. Diese Vorschrift sieht vor, dass Menschen mit einer schweren Behinderung 2 Jahre früher als alle anderen[3] in Rente gehen können.

Nachdem schwerbehinderte Menschen 2 Jahre früher in Rente gehen dürfen, fiel der Abfindungsbetrag für den schwerbehinderten Kläger geringer aus. Dieser verlangte den Betrag, den er bekäme als nicht behinderter Mensch, der 2 Jahre später in Rente geht. Die Vorinstanz wies die Klage ab. Beim LAG bekam der Kläger Recht. Es stellte fest, dass es sich bei dieser tarifvertraglichen Regelung um eine mittelbare Benachteiligung handelt.[4]

 
Hinweis

Mittelbare Benachteiligung

Eine mittelbare Benachteiligung besteht darin, dass eine Regel oder Maßnahme neutral auftritt, sich dahinter aber eine Schlechterbehandlung einer Person mit einem in § 1 AGG genannten Merkmal verbirgt. Das liegt daran, dass manche Regeln bestimmte Personengruppen weitaus häufiger betreffen als andere.

So lag es auch hier. Die betreffende tarifvertragliche Regel stellt anscheinend neutral auf den Zeitpunkt des Rentenbezugs ab. Je nach Zeitpunkt berechnet sich die Höhe der Abfindung. Dahinter verbirgt sich eine Schlechterbehandlung schwerbehinderter Menschen, die bei gesetzlich vorgesehenem früherem Rentenbezug das finanzielle Nachsehen haben.

Der Argumentation der Vorinstanz, dass es an einer vergleichbaren Gruppe für eine mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG fehle, folgte das LAG nicht. Das vorinstanzliche Arbeitsgericht begründete seine Ansicht damit, dass die Vergleichbarkeit aufgrund des früheren Renteneintritts nicht gegeben sei. Dagegen spricht aber die Gemeinsamkeit, dass es jeweils um den altersbedingten Renteneintritt geht und die damit verbundene Abfindung.

Der Fall warf auch im Hinblick auf das Alter die Frage auf, ob die Regelung gerechtfertigt sei gemäß § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG. Dieser erlaubt eine unterschiedliche Behandlung bei unterschiedlichem Alter bezüglich sozialer Leistungen des Arbeitgebers. Eine Rechtfertigung gemäß § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verwarf das Gericht, da es um eine mittelbare Benachteiligung aufgrund einer Behinderung und nicht wegen des Alters ging.[5]

[1] LAG Düsseldorf, BeckRS 2021, 17775.
[5] Ebd., Rz. 39.

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