Verächtliche Whatsapp-Äußerung kein Kündigungsgrund

Die Kündigung eines technischen Leiters, der sich in einem privaten Whatsapp-Chat abfällig über Geflüchtete und ehrenamtliche Helfer äußerte, war unwirksam, entschied das LAG Berlin. Es löste das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer Abfindung auf.

Wann abfällige, beleidigende oder fremdenfeindliche Äußerungen in privaten Whatsapp-Chats, auf Facebook oder in anderen Social-Media-Kanälen den Arbeitgeber zu einer Kündigung berechtigen, ist immer wieder Gegenstand von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten.

Grundsätzlich gilt, dass vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fällt. Was Arbeitnehmende privat per Whatsapp schreiben, geht den Arbeitgeber daher zunächst nichts an. Wann eine Grenze überschritten ist, müssen die Gerichte im Einzelfall beurteilen - wie im vorliegenden Fall das LAG Berlin.

Rechtmäßige Kündigung wegen menschenverachtender Äußerungen in privater Whatsapp-Gruppe?

Der Arbeitnehmer war als technischer Leiter bei einem gemeinnützigen Verein beschäftigt, der überwiegend in der Flüchtlingshilfe tätig ist. Mitglieder sind der Landkreis, verschiedene Städte und Gemeinden sowie einige Vereine. Die Vereinsarbeit wird zum großen Teil von ehrenamtlichen Helfern durchgeführt. In einem privaten Whatsapp-Chat unter Kollegen äußerte sich der technische Leiter abfällig und menschenverachtend über Geflüchtete und Helfer. Als der Verein davon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristgemäß. 

LAG Berlin: Kein ausreichender Kündigungsgrund

Die Kündigung hatte vor dem LAG Berlin keinen Bestand. Das Gericht erklärte die Kündigung des technischen Leiters aufgrund dessen Aussagen über Geflüchtete und Helfer für unwirksam. Es stellte zunächst fest, dass herabwürdigende und verächtliche Aussagen, die der Arbeitnehmer in einer privaten Whatsapp-Gruppe gemacht hat, durchaus zulässig vom Gericht verwertet werden könnten. Aus Sicht der Richter lag jedoch keine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung vor.

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Vertrauliche Kommunikation im Chat fällt unter das Persönlichkeitsrecht

Es handele sich um eine vertrauliche Kommunikation, die unter den Schutz des Persönlichkeitsrechts falle. Dabei hielten die Richter es für entscheidend, dass die Kommunikation in einer überschaubaren Whatsapp-Gruppe von nur drei Personen auf deren privaten Smartphones erfolgte. Aus Sicht des Gerichts sollte sie erkennbar vertraulich bleiben und nicht an Dritte gelangen. 

Keine fehlende Eignung für Tätigkeit als technischer Leiter

Das LAG Berlin konnte allein auf dieser Grundlage auch keine fehlende Eignung des technischen Leiters für seine berufliche Tätigkeit feststellen. Es wies darauf hin, dass dieser keine besonderen Loyalitätspflichten habe, da er keine Betreuungsaufgaben habe. Nur aufgrund der vertraulichen Äußerungen könne auch nicht darauf geschlossen werden, dass es dem Arbeitnehmer am erforderlichen Mindestmaß an Verfassungstreue fehle. Dies wäre von Bedeutung, wenn man den Verein als Teil des öffentlichen Dienstes betrachtete. 

Arbeitsverhältnis endet mit gerichtlichem Urteil

Anders als die Vorinstanz hat das LAG Berlin das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Gemäß § 9 Abs.1, S.2 KSchG ist eine solche gerichtliche Auflösung unter Zahlung einer Abfindung möglich, wenn keine "den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mehr zu erwarten ist". Dies bestätigte das Gericht im vorliegenden Fall.

Keine vernünftige Zusammenarbeit zu erwarten

Da die schwerwiegenden Äußerungen des technischen Leiters öffentlich bekannt geworden seien, könne der Verein bei Weiterbeschäftigung des technischen Leiters nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen auftreten. Außerdem sei er bei der Gewinnung ehrenamtlicher Unterstützung und hauptamtlichen Personals beeinträchtigt. Bei der Bemessung der Abfindung hat das Landesarbeitsgericht ein Auflösungsverschulden des Gekündigten berücksichtigt, das sich allerdings wegen der anstrebten Vertraulichkeit der Äußerungen mindere.


Hinweis: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Juli 2021, Az: 21 Sa 1291/20. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.


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