Urteil: Kündigung eines mutmaßlichen Islamisten unwirksam

Die Kündigung eines VW-Mitarbeiters aufgrund seiner mutmaßlichen Zugehörigkeit zur radikal-militanten "Jihad-Bewegung" war nicht rechtmäßig. Das LAG Niedersachsen stellte in seinem Urteil fest, dass rein außerdienstliche Umstände als Kündigungsgrund nicht ausreichten.

Grundsätzlich geht es einen Arbeitgeber erstmal nichts an, was sein Mitarbeiter außerhalb der Arbeitszeit, also in seiner Freizeit tut. Auch wenn dem Arbeitgeber das außerdienstliche Verhalten missfällt - ein Grund zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung ist es meist nicht. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten dann, wenn das Arbeitsverhältnis durch das außerdienstliche Verhalten beeinträchtigt oder der Betriebsfrieden konkret gefährdet ist. Dies konnte das LAG Niedersachsen jedoch vorliegend im Fall eines gekündigten, mutmaßlichen Islamisten nicht erkennen.

Der Fall: Kündigung wegen Verdacht der Teilnahme am bewaffneten Jihad

Der Arbeitgeber, die Volkswagen AG, kündigte dem Arbeitnehmer, der seit 2008 als Montagewerker im Unternehmen tätig war und von Geburt an deutscher Staatsangehöriger ist. Gestützt wurde die Kündigung darauf, dass der Verdacht bestehe, der Mitarbeiter wolle sich dem radikal- militanten "Jihad" anschließen. Sein Verhalten gefährde den Betriebsfrieden und die Sicherheit im Unternehmen.

Der Hintergrund: Nach polizeilichen Erkenntnissen gehörte der Arbeitnehmer zur Salafisten-Szene. 2014 wurde ihm behördlich die Ausreise in die Türkei verboten sowie infolge sein Reisepass entzogen, da er im Verdacht stehe, sich im Ausland dem bewaffneten "Jihad" anschließen zu wollen. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom Verwaltungsgericht Braunschweig mit Urteil vom 07.09.2016 zurückgewiesen (VG Braunschweig, Urteil vom 07.09.2016, Az: 5 A 99/15). Mittlerweile hat der Mann jedoch einen neuen Reisepass ausgestellt bekommen.

Außerdienstliches Verhalten allein kein Kündigungsgrund 

Das LAG Niedersachsen hielt die fristlose, hilfsweise als fristgerecht erklärte Kündigung für unwirksam. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der bloße Verdacht einer Zugehörigkeit zur radikal militanten "Jihad-Bewegung" und der damit begründete präventive Entzug des Reisepasses als Grund für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres ausreichend sei. Rein außerdienstliche Umstände könnten die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses weder fristlos noch fristgemäß rechtfertigen. Ein Kündigungsgrund könne nur bei einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses gegeben sein. Eine solche habe der Arbeitgeber aber nicht aufzeigen können, argumentierten die Richter. Ebenso wenig wie einen dringenden Verdacht, dass der Arbeitnehmer den Frieden oder die Sicherheit im Betrieb stören könnte.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.


Hinweis: LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.03.2018, Az: 15 Sa 319/17; Vorinstanz: ArbG Braunschweig, Az: 8 Ca 507/16

 

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