Stellenanzeige: AGG als Stolperstein der Frauenförderung?

Frauen in Führungspositionen fördern: Dieses Ziel rechtfertigt keine Stellenausschreibung, die sich alleine an weibliche Nachwuchsjournalisten richtet. Das zeigt ein aktueller Fall vor dem Arbeitsgericht Berlin. Unternehmen sollten solche und ähnliche AGG-Fälle vermeiden.

Nur schleppend steigt der Frauenanteil in Führungspositionen in den Unternehmen. Zwar sorgen gelegentlich positive Nachrichten für Aufmerksamkeit, so verkündete kürzlich der Bundesnachrichtendienst (BND), dass erstmals eine Frau eine Abteilungsleitung übernommen hat. Nicht zuletzt ein aktueller Bericht zur Situation in den Dax-30-Unternehmen zeigt jedoch, dass sich Firmen schwer tun, Frauen in Führungspositionen zu fördern und ihre selbstgesteckten Ziele zu erreichen.

Ablehnung männlicher Bewerber unzulässig

Dass auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein Stolperstein bei der Frauenförderung sein kann, musste nun die "Taz" erfahren. Sie – beziehungsweise die beklagte Taz-Pantherstiftung, die die Volontariatsstellen bei der Zeitung finanziert – beschränkte eine Stellenanzeige für Volontäre auf Frauen mit Migrationshintergrund und lehnte die Bewerbung von Männern von vornherein ab. Die Stiftung begründete dies damit, dass die Benachteiligung von Männern erforderlich sei, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus zu erhöhen.

Maßnahme ungeeignet, Schadenersatz nach AGG

Das sei mit dem AGG nicht vereinbar, urteilte das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 5. Juni 2014, Az. 42 Ca 1530/14). Bei der Besetzung der Stelle habe die Stiftung dadurch einen männlichen Bewerber wegen seines Geschlechts in unzulässiger Weise benachteiligt. Die Richter gaben dessen Klage statt und sprachen ihm eine Entschädigung nach dem AGG von drei Monatsgehältern zu.

Es sei nicht statthaft, begründete das Gericht die Entscheidung, die Bewerbung von Männern ausnahmslos auszuschließen. Zudem sei die Maßnahme nicht geeignet, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, da lediglich eine Ausbildungsstelle zu besetzen war.

Vorsicht bei Stellenausschreibungen

Offen bleibt die grundsätzliche Frage, inwieweit sogenannte positive Maßnahmen nach § 5 AGG eine unterschiedliche Behandlung zulassen, um Frauen in Führungspositionen zu fördern.  Schließt eine Ausschreibung männliche Bewerber von vorneherein aus, ist sie jedenfalls nicht zulässig, wie das aktuelle Urteil zeigt.

Aber auch von weniger deutlichen Formulierungen bei Stellenausschreibungen, etwa dass ein besonderes Interesse an Bewerbungen von Frauen besteht, ist abzuraten. Das schreibt Rechtsanwältin Anke Kuhn in einem Beitrag im Personalmagazin (Ausgabe 05/2014) zu arbeitsrechtlichen Grenzen bei der Einführung einer unternehmensinternen Frauenquote (Seite 28ff.). "Durch eine entsprechende Formulierung  setzt sich der Arbeitgeber der Gefahr aus, in einem Prozess gegen abgelehnte männliche Bewerber darlegen zu müssen, dass tatsächlich in dem betreffenden Bereich ein Mangel an Frauen bestanden hat", erklärt die Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Gelinge dies nicht, drohten auch dann Schadenersatzansprüche, weil die Ausschreibung als diskriminierend ausgelegt werden könne.

Vorausgesagte AGG-Prozessflut blieb aus

Acht Jahre nach Inkrafttreten des AGG ist daher dessen Relevanz für die Personalpraxis nicht von der Hand zu weisen. Auch wenn "die für den Bereich des Arbeitsrechts schon vor Inkrafttreten des AGG teilweise vorausgesagte Prozessflut ausgeblieben" sei, wie Arbeitsrechtler Peter Rambach in der Ausgabe 7/2014 des Personalmagazins in einem Kommentar zum AGG feststellt. Dennoch: "Die Zeiten, in denen Arbeitgeber risikolos nach Young Professionals suchen oder sich ausdrücklich an Berufsanfänger wenden, sind vorbei", erklärt der Partner der Kanzlei Dr. Fettweis & Sozien. "Die Entwicklung ist nicht am Ende und bleibt interessant. Der befürchtete Untergang des Abendlands steht aber auch nach acht Jahren AGG nicht bevor." 

Hinweis: Die Ausgabe 7/2014 des Personalmagazins erscheint am 19. Juni 2014. Darin können Sie den ausführlichen Kommentar von Peter Rambach nachlesen.