Rückkehr ins Büro: Arbeitsrechtliche Fragen zum Arbeitsplatz

In vielen Unternehmen und Betrieben kehren die Beschäftigten aus dem Homeoffice zurück ins Büro. Dort hat sich möglicherweise einiges geändert. Welche Veränderungen müssen die Arbeitnehmer hinnehmen? Welche nicht? Hier finden Sie die Antworten auf die sieben wichtigsten Fragen rund um den Büroarbeitsplatz.

Muss der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz akzeptieren, wenn der Sicherheitsabstand nicht außreichend gewährleistet ist?  Welches Mitspracherecht hat der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber das Raumkonzept ändert? Die Anwältinnen Claudia Knuth und Xenia Verspohl haben aus arbeitsrechtlicher Sicht die wichtigsten Fragen zum Büroarbeitsplatz zusammengetragen.

1. Kann der Arbeitgeber sogenanntes Desk-Sharing einseitig anordnen?

Während immer mehr Beschäftigte ins Homeoffice gewechselt sind, haben Betriebe teilweise versucht, in ihren Büros Platz zu sparen, etwa indem sich mehrere Beschäftigte einen Schreibtisch teilen (sogenanntes Desk-Sharing). Dem Arbeitgeber steht gemäß § 106 GewO ein Weisungsrecht zu, nach welchem er auch den Arbeitsplatz nach billigem Ermessen bestimmen kann. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob er für seine Mitarbeiter Einzel- oder Doppelbüros wählt oder sogar weniger Arbeitsplätze hat als Mitarbeiter. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf ein eigenes Büro oder einen festen Schreibtisch besteht in der Regel nicht.

Bei der Ausübung seines Weisungsrechts muss der Arbeitgeber aber die Grenzen billigen Ermessens und auch die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers wahren. Hierfür reicht es jedoch nicht aus, dass der Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren immer an einem eigenen Arbeitsplatz oder in einem Einzelbüro gearbeitet hat (siehe hierzu auch: Arbeitgeber darf Umzug in ein Großraumbüro anordnen).

2. Welche Arbeitsschutzmaßnahmen sind im Großraumbüro zu beachten?

Die Arbeitsplätze im Großraumbüro müssen den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung genügen. Danach sind (betriebliche) Arbeitsstätten insbesondere so einzurichten, dass Gesundheitsgefährdungen für den Mitarbeiter nach Möglichkeit vermieden werden. Der Arbeitgeber muss eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung durchführen. Ferner ist der Arbeitgeber verpflichtet, für ausreichende Hygiene am Arbeitsplatz zu sorgen. Aktuell kommen dabei die Anforderungen der sogenannten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sowie weitere Corona Schutzverordnungen hinzu, die bei der Hygiene zu beachten sind. Die Arbeitnehmer haben einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Erfüllung seiner arbeitsschutzrechtlichen Reinigungspflicht.

Gemäß der Arbeitsstättenverordnung sind auch ergonomische Anforderungen zu beachten. Beim Desk-Sharing-Modell müssen insbesondere Büromöbel und Bildschirme kurzfristig auf die den jeweiligen Platz besetzende Person einstellbar sein.

Auch hat der Arbeitgeber erhöhte Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Vermeidung von psychischen Belastungen durch das Desk-Sharing-Modell. Solche Belastungen können sich aus dem erhöhten Geräuschpegel sowie dem Druck des Einzelnen, bei Anwesenheit im Büro erst einen Arbeitsplatz finden zu müssen, ergeben. Auch insofern ist eine Gefährdungsbeurteilung erforderlich.

3. Muss der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz akzeptieren, der den Sicherheits-Abstand nicht ausreichend gewährleistet?

Die Corona-Pandemie trifft das gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Leben gleichermaßen. Zu beachten ist derzeit daher insbesondere die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel. Nach Ziffer 2.8 der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel sollte ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen Beschäftigten oder zwischen Beschäftigten und anderen Personen (zum Beispiel Kunden, Lieferanten, Beschäftigten anderer Arbeitgeber) eingehalten werden, um das Risiko einer Virus-Übertragung zu verringern. Bei bestimmten Tätigkeiten mit erhöhtem Aerosolausstoß, zum Beispiel beim professionellen Singen, können größere Abstände notwendig sein.

4. Muss der Betriebsrat bei der Änderung des Raumkonzepts beteiligt werden?

Wenn zum Beispiel ein Desk-Sharing-Modell technisch organisiert werden soll (Reservierung des Arbeitsplatzes), kann sich unter Umständen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ergeben. Das Bundesarbeitsgericht bejaht grundsätzlich auch ein Mitbestimmungsrecht bei einer konkreten Gefährdungsbeurteilung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, die der Arbeitgeber zwar aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat, bei deren Gestaltung ihm aber Handlungsspielräume verbleiben (BAG, Beschluss v. 8.6.2004, 1 ABR 13/03). Zudem kann ein Mitbestimmungsrecht nach § 91 BetrVG (Änderung des Arbeitsplatzes) in Betracht kommen.

5. Wieviel Privates muss der Arbeitgeber am Arbeitsplatz dulden?

Ein Bild der Familie am Büroarbeitsplatz ist grundsätzlich kaum zu verwehren, gleichzeitig ist dies aber auch abhängig von den Einzelumständen. Der Arbeitgeber kann jedenfalls im Rahmen des Desk-Sharing verlangen, dass private Gegenstände am Abend nicht auf dem Schreibtisch verbleiben.

Raumpflanzen fördern zwar das Raumklima, dafür zu sorgen ist jedoch Aufgabe des Arbeitgebers. Er ist dazu berechtigt, aber nicht verpflichtet. Daraus kann der Arbeitnehmer nicht das Recht ableiten, sich mit eigenen Pflanzen selbst zu versorgen. Im Großraumbüro würde dadurch der einheitliche Gesamteindruck bis hin zum Überblick gestört, während sich im Büroraum vis-à-vis das Gegenüber durch Anblick und Duft der Pflanze gestört bis beeinträchtigt fühlen kann. Der eine mag Rosen, der andere nicht. Das Blumengesteck aus persönlichem oder betrieblichem Anlass muss zum Ende des Arbeitstages mitgenommen, sprich vom Arbeitsplatz entfernt werden

Auch die eigene Kaffeemaschine ist nicht ohne weiteres mit an den Arbeitsplatz zu bringen, hier ist insbesondere der Arbeitsschutz am Arbeitsplatz zu beachten. Fremdgeräte hinsichtlich ihrer Sicherheit zu überprüfen, ist für den Arbeitgeber weitaus schwieriger als bei technischen Geräten, die er von vornherein zur Verfügung stellt.

6. Gibt es einen Anspruch auf einen Bürohund im Großraumbüro?

Ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers besteht grundsätzlich nicht. Die Entscheidung für oder gegen einen Bürohund obliegt stets dem Arbeitgeber. Dessen Weisungsrecht gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Will der Arbeitgeber die Mitnahme von Hunden erlauben, sollten in einer Betriebsvereinbarung beziehungsweise – in betriebsratslosen Unternehmen – in einer Richtlinie die Mitnahmevoraussetzungen festgelegt werden sowie gewisse "Spielregeln" zur Gewährleistung eines friedlichen Miteinanders aufgestellt werden.

Neben einem Erlaubnis- und einem Widerrufsvorbehalt des Arbeitgebers sollte die Betriebsvereinbarung (beziehungsweise die Richtlinie) die Haftung des Hundehalters für durch den Hund verursachte Sach- und Personenschäden regeln. Damit die regulären Arbeitsabläufe möglichst wenig gestört werden, sollten die Hundehalter zudem zu bestimmten Verhaltensregeln verpflichtet werden (zum Beispiel Gewähren von ausreichend Auslauf, Reinhaltung des Hundes, Vorlage eines Hundeführerscheins etc.). Aus Rücksichtnahme, insbesondere auf Allergiker, ist zudem die Einrichtung sogenannter No-Dog-Spaces in Gemeinschaftsräumen empfehlenswert. Schließlich kann der Arbeitgeber die Mitnahme auch von Voraussetzungen wie Größe, Rasse oder Erziehung abhängig machen. Solange es sich um ein sachlich begründetes Unterscheidungsmerkmal handelt, liegt hierin kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot.

7. Kann der Arbeitgeber mit einem Sicherheitskonzept anweisen, ab sofort wieder ausschließlich im Büro zu arbeiten?

Eine solche Anweisung – unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften – ist grundsätzlich vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Betriebsvereinbarung, Richtlinie oder arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung einen solchen Anspruch begründet.

Jedenfalls bei einer pandemiebedingten Homeoffice-Tätigkeit ist für die Arbeitnehmer offensichtlich, dass die Tätigkeit im Homepffice nur vorübergehend ist und der Einhaltung der Sicherheits- und Hygienekonzepte dient. Ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers, Homeoffice-Arbeit dauerhaft über das Ende der Krise hinaus zu gewähren, kann danach nicht angenommen werden.

Sofern das Homeoffice jedoch auch nach "Öffnung des Büros" beziehungsweise Verringerung oder Wegfall der Gefahrenlage fortgeführt wird, sollte zum Ausschluss einer etwaigen betrieblichen Übung und für mehr Flexibilität eine rechtliche Grundlage geschaffen werden.


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Schlagworte zum Thema:  Büroarbeitsplatz, Arbeitsschutz, Direktionsrecht