Frau als Gleichstellungsbeauftragte

Die Besetzung der Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten darf eine Hochschule zulässigerweise auf weibliche Personen beschränken. Eine Person, die sich auf die Stelle bewarb und sich als non-binär identifiziert, wurde nicht berücksichtigt. Ihre AGG-Klage auf Schadensersatz hatte vor dem LAG Niedersachsen keinen Erfolg.

Weder Frau noch Mann - non-binäre Menschen fühlen sich nicht einem einzigen Geschlecht zugehörig. Immer wieder ist das Geschlecht jedoch Anknüpfungspunkt für die Besetzung einer Stelle. Im vorliegenden Fall war die Voraussetzung für die Stelle als hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte an einer Universität klar: sie sollte mit einer Frau besetzt werden. Das war die Hochschule ihrer Auffassung nach formell bereits aufgrund § 42 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) gebunden. Zum Rechtsstreit kam es vorliegend, weil sich eine Person mit nicht-binärer Geschlechtsidentität auf die Stelle als Gleichstellungsbeauftragte beworben hatte und die Bewerbung nicht berücksichtigt wurde.

Non-binäre Person bewirbt sich als Gleichstellungsbeauftragte

Nach der Stellenanzeige des Arbeitgebers liegt die Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten unter anderem darin, Hochschulangehörige in allen Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familien- und Care-Aufgaben sowie in Fällen von Diskriminierung und sexueller Belästigung zu beraten. Im Stellenbesetzungsverfahren berücksichtigte die Hochschule die Bewerbung einer nicht-binären Person, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlt, nicht. Diese klagte daraufhin vor Gericht wegen einer vermeintlichen Diskriminierung wegen des Geschlechts auf Schadensersatz.

Keine AGG-Entschädigung wegen abgelehnter Bewerbung

Die Diskriminierungsklage hatte bereits vor dem Arbeitsgericht Braunschweig keinen Erfolg. Auch die Berufung vor dem LAG Niedersachsen blieb erfolglos. Das LAG Niedersachsen stellte zunächst klar, dass eine Ungleichbehandlung vorlag: Die non-binäre Person wurde im Vergleich zu den weiblichen Bewerberinnen bei der Stellenvergabe benachteiligt. Dies sei auch nicht schon wegen § 42 NHG gerechtfertigt, erklärte das Gericht. Diese im Hochschulgesetz vorgesehene gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht des Stelleninhabers führe nicht zwingend zur Rechtfertigung einer auf sie gestützten Maßnahme. Dies allein begründe folglich keinen Entschädigungsanspruch.

Ist "Frau sein" eine notwendige berufliche Anforderung?

Um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, müssten vielmehr die Voraussetzungen von § 8 AGG inhaltlich gegeben sein. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts komme danach in Frage, wenn der Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Zudem müsse der Zweck rechtmäßig und die Anforderungen angemessen sein. Das Geschlecht kann nach Angaben des LAG Niedersachsen nur dann eine wesentliche berufliche Anforderung sein, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal nicht vernünftig durchgeführt werden könne. Dies hielten die Richter im konkreten Fall für gegeben. Zumindest für einen Teil der Tätigkeiten der Gleichstellungsbeauftragten sei es unverzichtbar, hieß es, dass die Stelleninhaberin dem weiblichen Geschlecht angehört.

In der Urteilsbegründung stellte das Gericht fest, dass das weibliche Geschlecht nicht zwingend nötig sei, um die Aufgabe erfüllen zu können, die Gleichberechtigung von Mann und Frau voranzubringen oder Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in die Wege zu leiten.

Aufgaben erfordern eine Frau als Gleichstellungsbeauftragte

Ein großer Teil der spezifischen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten könne angesichts der Stellenanzeige jedoch unverzichtbar nur von einer Frau erledigt werden. Dazu zählte nach Ansicht der Richter insbesondere die Aufgabe als Ansprechpartnerin in Fällen von Diskriminierung und sexueller Belästigung, deren Hauptbetroffene Frauen seien.

Das Gericht machte deutlich, dass es zulässig sei, nur eine Frau einzustellen. Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung seien legitim und diskriminierten nicht. Gleiches gelte, wenn ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich sei und dieses erfordere, dass der fragliche Arbeitnehmende selbst dieser Gruppe angehört, wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden.

Vor diesem Hintergrund konnte die Hochschule den Bewerberkreis für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten im Ergebnis auf Frauen beschränken.


Die Revision gegen das Urteil hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Hinweis: LAG Niedersachsen, Urteil vom 24. Februar 2023, Az: 16 Sa 671/22


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