BAG: Air-Berlin-Pilot unwirksam gekündigt

Ein früher am Standort Düsseldorf beschäftigter Air-Berlin-Pilot hatte mit der Klage gegen seine Kündigung Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärte seine Kündigung, wie auch weitere Kündigungen, für unwirksam – ausschlaggebend waren Fehler bei der Massenentlassungsanzeige.

Das Verfahren bei Massenentlassungen ist komplex. Häufig sind es Fehler bei der Massenentlassungsanzeige, die zu unwirksamen Kündigungen führen. Nach § 17 Abs. 1 KSchG muss der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige erstatten, bevor er in einem Betrieb eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Auch für die Kündigungen des Cockpit-Personals der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin bestand die Pflicht zur Massenanzeige. Mehrere ehemalige Air-Berlin-Piloten klagten gegen ihre Kündigungen. Das BAG hat vorliegend wegen Formfehlern bei der Massenentlassungsanzeige die Kündigung eines Piloten, der am Standort Düsseldorf beschäftigt war, sowie weitere Kündigungen für unwirksam erklärt. 

Unwirksame Kündigung wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige?

Der Arbeitnehmer war als Pilot bei Air Berlin mit Einsatzort Düsseldorf beschäftigt. Wie alle anderen Piloten erhielt er nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Air Berlin Ende November 2017 die Kündigung wegen Stilllegung des Flugbetriebs. Der Arbeitnehmer wehrte sich vor Gericht gegen die Kündigung. Aus seiner Sicht sei es nicht zu einer Stilllegung des Betriebs gekommen, da der Flugbetrieb teilweise durch andere Fluggesellschaften weitergeführt werde. Die Massenentlassungsanzeige rügte er als fehlerhaft.

Air Berlin: Massenentlassung für Betrieb "Cockpit"

Die Massenentlassungsanzeige hatte Air Berlin für den angenommenen "Betrieb Cockpit" - und damit für das bundesweit beschäftigte Cockpit-Personal - bei der Agentur für Arbeit Berlin-Nord erstattet. Das Unternehmen unterhielt an mehreren Flughäfen sogenannte Stationen. Diesen war Personal für die Bereiche Boden, Kabine und Cockpit zugeordnet. Das Betriebsverständnis beruhte darauf, dass bei Air Berlin tarifvertraglich getrennt organisierte Personalvertretungen für das Boden-, Kabinen- und Cockpit-Personal existierten. Die Anzeige der Massenentlassung erfolgte wegen der zentralen Steuerung des Flugbetriebs bei der für den Sitz der Air Berlin zuständigen Agentur für Arbeit.

BAG: Unwirksame Kündigung wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige 

Die Vorinstanzen wiesen die Kündigungsschutzklage des Piloten ab. Die Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die obersten Arbeitsrichter entschieden, dass die Kündigungen nach § 17 Abs. 1 KSchG, § 134 BGB unwirksam waren. Die Massenentlassungsanzeige war fehlerhaft: Zum einen sei sie bei der falschen Agentur für Arbeit gestellt worden, zum anderen habe sie sich nicht auf Angaben zum Cockpit-Personal beschränken dürfen.  

Düsseldorf statt Berlin - Stationen der Air Berlin sind eigene Betriebe

Aus Sicht des BAG war der Arbeitgeber Air Berlin bei der Massenentlassungsanzeige von einem falschen Betrieb ausgegangen. Die Richter stellten klar, dass es sich bei den einzelnen Stationen der Air Berlin um Betriebe nach dem unionsrechtlich determinierten Betriebsbegriff des § 17 Abs. 1 KSchG handelte. Die Massenentlassungsanzeige für die Piloten, die der Station Düsseldorf zugeordnet waren, hätte daher nicht in Berlin, sondern bei der zuständigen Agentur für Arbeit in Düsseldorf erfolgen müssen. Das folgte für die Richter schon aus dem Grund, da die frühzeitige Einschaltung der zuständigen Agentur für Arbeit bei einer Massenentlassung erfolge, um den Auswirkungen entgegen zu treten. Diese erfolgten aber in Düsseldorf und nicht in Berlin.

Massenentlassungsanzeige für Piloten, Bodenpersonal und Flugbegleiter 

Aus Sicht des BAG war die Massenentlassungsanzeige aus einem weiteren Grund fehlerhaft: Sie habe sich nicht auf Angaben zum Cockpit-Personal beschränken dürfen. Die nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG zwingend erforderlichen Angaben hätten vielmehr auch das der Station zugeordnete Boden- und Kabinen-Personal erfassen müssen. Die Richter betonten, dass es für den Betriebsbegriff unerheblich sei, dass diese Beschäftigtengruppen kollektivrechtlich in unterschiedlichen Vertretungsstrukturen aufgeteilt waren.

Da die Kündigungen unwirksam waren, hatte das Gericht nicht mehr darüber zu entscheiden, ob ein (teilweiser) Betriebsübergang auf eine andere Fluggesellschaft stattgefunden hat.

Hinweis: BAG, Urteil vom 13.02.2020; Az: 6 AZR 146/19; Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.01.2019; Az: 3 Sa 338/18 –

Der Senat hat am 13. Februar 2020 auch über sieben gleichgelagerte Verfahren entschieden.


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Schlagworte zum Thema:  BAG-Urteil, Kündigung, Kündigungsschutz