Verlängerung der Probezeit wegen der Corona-Pandemie

Der neu eingestellte Arbeitnehmer hat seine Probezeit in Kurzarbeit verbracht oder saß monatelang allein im Homeoffice? Eine sichere Einschätzung hinsichtlich seiner Eignung für die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit ist dann kaum möglich. Kann der Arbeitgeber in diesem Fall die Probezeit verlängern?

Die Probezeit dient dem wechselseitigen Kennenlernen in der ersten Zeit eines neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber hat während der Probezeit die Gelegenheit, die fachliche und persönliche Eignung des Arbeitnehmers in der täglichen Praxis zu erproben. Der Arbeitnehmer lernt die Verhältnisse an seinem neuen Arbeitsplatz kennen und kann feststellen, ob ihm die Arbeitsbedingungen bei seinem neuen Arbeitgeber zusagen. Doch was gilt, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Homeoffice begonnen hat und seine komplette Probezeit dort verbracht hat? Oder wenn er gar die komplette Probezeit in Kurzarbeit war?

Abgekürzte Kündigungsfrist gilt nur in den ersten sechs Monaten

Ein Kennenlernen, wie es unter normalen Umständen im Betrieb stattfindet, fällt schwer, wenn der neue Mitarbeiter im Homeoffice sitzt oder wegen angeordneter Kurzarbeit gar nicht oder wenig gearbeitet hat. So ist es möglich, dass der Arbeitgeber auch nach drei oder sechs Monaten vereinbarter Probezeit noch keinen abschließenden Eindruck von der Eignung des Arbeitnehmers gewonnen hat. Lässt sich die Probezeit verlängern?

Hier ist Vorsicht geboten! Gemäß § 622 Abs. 3 BGB kann das Privileg der abgekürzten Kündigungsfrist während der Probezeit für maximal sechs Monate in Anspruch genommen werden. Eine Probezeit für beendet zu erklären und den Arbeitnehmer wegen in der Probezeit zu Tage getretener Nichteignung binnen zwei Wochen zu kündigen, ohne dass es einer weiteren sozialen Rechtfertigung bedarf, ist nur in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses möglich.

So oder so: Nach sechs Monaten tritt der Kündigungsschutz ein

Bei einer dreimonatigen Probezeit ist daher eine Verlängerung auf sechs Monate problemlos möglich. Voraussetzung ist lediglich, dass die Verlängerung auf einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien beruht (der ursprüngliche Arbeitsvertrag muss in diesem Punkt geändert werden). Eine Probezeitverlängerung kann nicht durch einseitige Erklärung herbeigeführt werden.

War die Probezeit jedoch bereits ursprünglich auf sechs Monate angesetzt und droht nun zu verstreichen, ohne dass der neue Arbeitnehmer das Betriebsgelände jemals betreten hat, ist guter Rat teuer. Man könnte zwar auch hier eine Verlängerung der Probezeit in Erwägung ziehen. Da diese jedoch in Anbetracht der eindeutigen Regelung des § 622 Abs. 3 BGB ihre Wirkung nur für maximal sechs Monate entfalten kann, gilt bei Vereinbarung einer längeren Probezeit für die Zeit nach Ablauf von sechs Monaten gleichwohl die gesetzliche Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB und vor allem genießt der Arbeitnehmer dann ungeachtet einer schriftlichen Probezeitverlängerung den allgemeinen Kündigungsschutz gemäß § 1 KSchG. Aus diesem Blickwinkel verliert also eine über sechs Monate hinausgehende Probezeit ihren Sinn. Denn von diesem Moment an bedarf eine ordentliche Kündigung der sozialen Rechtfertigung.

Arbeitsverhältnis beenden und einen neuen Vertrag abschließen?

Der Arbeitgeber könnte nun daran denken, das Arbeitsverhältnis einfach während der noch laufenden Probezeit zu beenden und im direkten Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen und auch dort wieder eine sechsmonatige Probezeit zu vereinbaren. Aber diesen Gedanken sollte er möglichst schnell wieder verdrängen.

Wird ein Arbeitsverhältnis beendet und sogleich nahtlos hieran anschließend ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen, der wiederum eine Probezeitvereinbarung enthält, so ist nach einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg auf diese neuerliche Probezeit die Dauer des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses anzurechnen.

Mögliche Optionen: Kündigung mit Bewährungschance

Ist der Arbeitgeber nach einer im Homeoffice verbrachten sechsmonatigen Probezeit nicht sicher, ob er das Beschäftigungsverhältnis mit dem Mitarbeiter nun fortsetzen soll oder nicht, so kann er nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt.

Diese Grundsätze sollen auch für einen entsprechenden Aufhebungsvertrag gelten. Das heißt die Arbeitsvertragsparteien können in einem Aufhebungsvertrag vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Termin endet, der in einem maßvollen Abstand nach dem eigentlichen Auslaufen des Erprobungszeitraums liegt. Parallel zu diesem unbedingten Aufhebungsvertrag steht es dem Arbeitgeber frei, den Arbeitnehmer dann letztlich doch weiter zu beschäftigen, wenn dieser sich bewährt.

Mehr Informationen rund um die Probezeit erhalten Sie in unserer Serie.

  

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