Der Arbeitgeber ist jedoch bei der Ausübung seines Weisungsrechts nach § 106 GewO und der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur nicht völlig frei. Zum einen muss diese Ausübung nach § 106 GewO billigem Ermessen entsprechen (vgl. § 315 BGB). Zum anderen kann sich eine Einschränkung aus Grundrechten des Arbeitnehmers, gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträgen, Betriebs-/Dienstvereinbarungen oder Einzelarbeitsverträgen ergeben.

3.1 Grundrechte

In diesem Zusammenhang sind insbesondere Entscheidungen ergangen, inwieweit der Arbeitgeber bei seinen Weisungen im Hinblick auf Tätigkeitsbestimmungen Gewissenskonflikte des Arbeitnehmers aus dem grundrechtsrelevanten Bereich zu berücksichtigen hat.[1]

Das BAG[2] führt aus, dass es in der Regel wie auch für den vorliegenden Fall nicht der unmittelbaren Anwendung von Grundrechten (hier Art. 4 GG) noch der Anwendung des § 242 BGB bedarf. Die Einschränkung ergebe sich vielmehr aus § 315 BGB in Verbindung mit dem einschlägigen Grundrecht. Weiter ist danach jedoch insbesondere in die Abwägung mit einzubeziehen, ob der Arbeitnehmer schon bei Vertragsschluss mit den konkreten Tätigkeitsbestimmungen rechnen musste, dies also für ihn vorhersehbar war, weiter aus betrieblichen Gründen auch künftig mit derartigen Weisungen zu rechnen ist und nicht zuletzt, ob der Arbeitgeber in der Lage ist, durch organisatorische Maßnahmen von Tätigkeitsübertragungen im Einzelfall, die den Arbeitnehmer in Konflikte bringen, ohne größere Probleme abzusehen.

 
Praxis-Beispiel

Einstellung bei einem Amt, das mit militärischen Aufgaben betraut ist, und spätere Geltendmachung von Gewissenskonflikten.

Diese Entscheidungen sind zu Recht auf Kritik[3] gestoßen, da zum einen die Geltung von bestimmten Grundrechten für den Privatrechtsverkehr problematisch ist und dem Arbeitnehmer dadurch zu Lasten des Arbeitgebers - objektiv nahezu unprüfbar - die Möglichkeit gegeben wird, arbeitsvertraglichen Pflichten auszuweichen.

 
Praxis-Beispiel

Nach Rückkehr aus der Elternzeit teilt eine Arbeitnehmerin mit, dass sie aus religiösen Gründen künftig ein Kopftuch tragen werde. Der Arbeitgeber ordnet an, das Kopftuch während der Arbeitszeit nicht zu tragen , da er Störungen und wirtschaftliche Beeinträchtigungen erwartet.

Nach dem BAG[4] ist die Nichtbefolgung der Anordnung kein Kündigungsgrund, da es in einem solchen Fall dem Arbeitgeber durchaus zuzumuten ist, zunächst einmal einen Einsatz zuzulassen und die Entwicklung abzuwarten.

Im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Religionsfreiheit ist diese Entscheidung vertretbar, da hier nicht die Tätigkeit als solche in Frage gestellt wird und es nicht von vornherein erwiesen ist, dass es zu Störungen und Beeinträchtigungen der Arbeitgeberinteressen kommt. Sollte sich dies später doch herausstellen, müsste sicher eine erneute Abwägung stattfinden.

[3] Reuter, BB 1986, 385 ff.; Anmerkung zu BAG AP Nr. 27 zu § 611 BGB Direktionsrecht.

3.2 Gesetzliche Vorschriften

Es gilt hier ganz allgemein, dass kein Arbeitnehmer verpflichtet ist, gesetzlich verbotene oder sittenwidrige Arbeitsleistungen zu erbringen (vgl. § 8 Abs. 2 S. 3 BAT). Dies gilt auch, soweit die Arbeiten aufgrund des Direktionsrechts zugewiesen werden.[1]

Des Weiteren ergeben sich Einschränkungen aus gesetzlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften wie z.B. dem ArbZG (Höchstarbeitszeiten), dem MuSchG (§§ 2 ff. Beschäftigungsverbote), dem JArbSchG (§§ 22 ff.), personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen[2], aber auch aus Unfallverhütungsvorschriften und anderen im Rang unter den Gesetzen stehenden arbeitsrechtlichen Rechtsquellen.

 
Praxis-Beispiel

Eine Anordnung an eine schwangere Frau, Tätigkeiten auszuüben, bei der regelmäßig Lasten von mehr als 5 kg anfallen, ist nach § 4 Abs. 2 Ziff. 1 MuSchG nicht zulässig und damit vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt.

3.3 Nachweisgesetz

Nach dem Nachweisgesetz (§ 2) ist eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeiten in die Niederschrift aufzunehmen (s. auch Schriftform nach dem Nachweisgesetz). Dies kann zu einer Beschränkung des Weisungsrechts führen, da damit die zu leistende Tätigkeit beschrieben wird. Dies sollte schon im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung durch entsprechende Klauseln vermieden werden.

 
Praxis-Tipp

Nehmen Sie bereits im Arbeitsvertrag die Klauseln mit auf, die das Direktionsrecht soweit als möglich erhalten:

  • Der Arbeitgeber hat das Recht zur Umsetzung, Versetzung, Abordnung und Zuweisung (§12 BAT).
  • Der Arbeitgeber hat das Recht, dem Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Vergütungsgruppe zuzuweisen.

3.4 Tarifverträge und Einzelarbeitsverträge

Sie können das Direktionsrecht begrenzen, da dieses sich immer im durch den Tarif- oder konkreten Arbeitsvertrag vorgegebenen Rahmen halten muss (vgl. § 106 GewO).[1]

Für das Direktionsrecht i...

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