EuGH, C-55/18: Schlussanträge des Generalanwalts v. 31.1.2019

Unternehmen sollen dazu verpflichtet sein, ein System zur Erfassung der täglichen effektiven Arbeitszeit einzuführen; denn dies sei zur Einhaltung aller Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/88, insbesondere hinsichtlich der Grenzen der täglichen Arbeitszeit und der Leistung von Überstunden, notwendig (Vorschlag des Generalanwalts an den Gerichtshof).

Sachverhalt

In diesem spanischen Vorlagefall hat der EuGH darüber zu entscheiden, ob die einschlägigen Rechtsvorschriften mit dem Unionsrecht, insbesondere mit der Richtlinie 2003/88 vereinbar seien. Hintergrund des Falls war, dass es laut einem Urteil des Tribunal Supremo in Spanien keine allgemeine Verpflichtung gab, die Regelarbeitszeit aufzuzeichnen. Nach spanischem Recht seien Arbeitgeber nur verpflichtet, eine Liste der geleisteten Überstunden zu führen und die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden am Ende jeden Monats an ihre Gewerkschaftsvertreter zu übermitteln. Nun forderten mehrere Gewerkschaftsorganisationen vor der Audiencia Nacional die Verpflichtung für Arbeitgeber, ein System zur Erfassung der von Arbeitnehmern geleisteten täglichen effektiven Arbeitszeit einzuführen. Der mit der Sache betraute Generalstaatsanwalt schlug dem EuGH in seinen Schlussanträgen vor, festzustellen, dass Unternehmen verpflichtet seien, ein System zur Erfassung der täglichen effektiven Arbeitszeit einzuführen.

Die Gründe

Der Generalanwalt begründete dies damit, dass ohne ein System zur Messung der Arbeitszeiten es keine Garantie gebe, dass die von der Richtlinie 2003/88 festgelegten zeitlichen Beschränkungen tatsächlich beachtet würden; insbesondere könne nicht zwischen Regelarbeitszeit und Überstunden unterschieden werden. Zudem biete ein solches System einem Arbeitnehmer eine wichtige Nachweismöglichkeit, wenn er seine durch die Richtlinie 2003/88 gewährten Rechte wahrnehmen möchte; andernfalls wäre die Wahrung dieser Rechte im Wesentlichen dem Ermessen des Arbeitgebers überlassen.

Sollte es nicht möglich sein, innerstaatliche Rechtsvorschriften in einer Weise auszulegen, die ihre Konformität mit der Richtlinie 2003/88 und der Charta gewährleiste, müsse das nationale Gericht diese nationalen Rechtsvorschriften unangewendet lassen; zudem müsse es sich vergewissern, dass die Unternehmen ihre Verpflichtung, sich mit einem zur Messung der effektiven Arbeitszeit geeigneten System auszustatten, einhalten. Zudem schließe diese Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung auch die Verpflichtung der nationalen Gerichte ein, eine gefestigte Rechtsprechung ggf. abzuändern.

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